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Seine gegenwärtige Begleiterin sah hingerissen aus, und ich fragte mich, wie weit er zu diesem Zweck wohl gehen mochte. Dann wanderte meine Aufmerksamkeit weiter, denn Balmerino tanzte mit Lord George Murrays Frau an uns vorbei. Ich sah, wie die Murrays im Vorübertanzen einen zuneigungsvollen Blick wechselten – er tanzte mit einer anderen Miss Williams –, und schämte mich ein wenig, weil ich so sehr darauf achtete, mit wem Jamie tanzte.

Wenig überraschend war Colum dem Ball ferngeblieben. Ich fragte mich, ob er wohl vorher Gelegenheit gehabt hatte, mit Charles zu sprechen, ging aber davon aus, dass es vermutlich nicht so war; Charles sah viel zu fröhlich und angeregt aus, um gerade erst schlechte Nachrichten erhalten zu haben.

Auf der einen Seite der Galerie fiel mein Blick auf zwei untersetzte Gestalten in beinahe identischer, unbequemer und anscheinend ungewohnt formeller Kleidung. Es waren John Simpson, der Gildemeister der Glasgower Waffenschmiede, und sein Sohn, ebenfalls John Simpson. Die beiden Schmiedemeister, die Anfang der Woche eingetroffen waren, um Seiner Hoheit eines der großartigen Breitschwerter zum Geschenk zu machen, für die sie in ganz Schottland berühmt waren, waren heute Abend wohl eingeladen, um Don Francisco zu demonstrieren, welch weitreichende Unterstützung die Stuarts genossen.

Beide Männer hatten dichtes schwarzes Haar mit einem Hauch von Grau. Simpson senior war Salz mit einer Prise Pfeffer, während Simpson junior an einen dunklen Hügel mit einer kleinen Schneekuppe erinnerte, denn bei ihm konzentrierten sich die weißen Haare auf die Schläfen und die Oberhälfte der Wangen. Während ich sie beobachtete, versetzte der ältere Schmied seinem Sohn einen scharfen Stoß in den Rücken und wies mit einem vielsagenden Kopfnicken auf eine der Kaufmannstöchter, die unter dem Schutz ihres Vaters am Rand der Tanzfläche ausharrte.

Simpson junior warf seinem Vater einen skeptischen Blick zu, zuckte dann aber mit den Schultern, trat vor und bot der dritten Miss Williams mit einer Verneigung seinen Arm an.

Ich sah amüsiert und belustigt zu, wie sie in die kreisenden Schritte des Tanzes einfielen, denn Jamie, der die Simpsons bereits kennengelernt hatte, hatte mir erzählt, dass Simpson junior völlig taub war.

»Vom ständigen Hämmern an der Esse, vermute ich«, hatte er gesagt und mir stolz das herrliche Schwert gezeigt, das er den beiden abgekauft hatte. »Stocktaub; sein Vater übernimmt das Reden, doch der Junge sieht alles.«

Auch jetzt sah ich die scharfen dunklen Augen hastig über den Tanzboden huschen, um zielsicher den Abstand zum nächsten Tanzpaar zu bestimmen. Der junge Schwertmeister hatte zwar einen etwas schweren Schritt, hielt aber den Takt ganz gut – mindestens so gut wie ich. Ich schloss die Augen und spürte die Vibrationen der Musik durch den Holzboden hallen, auf dem ja die Cellos standen, und ich vermutete, dass er diesen Tönen folgte. Als ich dann die Augen wieder öffnete, um keinen Zusammenstoß zu riskieren, sah ich Junior beim kreischenden Misston einer Geige zusammenzucken. Vielleicht hörte er manche Geräusche ja doch.

Das Kreisen der Tänzer führte Kilmarnock und mich in die Nähe der Stelle, an der Charles und Don Francisco standen und sich vor dem gewaltigen, gekachelten Kamin die Rockschöße wärmten. Zu meiner Überraschung warf mir Charles über Don Franciscos Schulter hinweg einen finsteren Blick zu und winkte mich mit einer verstohlenen Handbewegung fort. Kilmarnock, der das in einer Wendung sah, lachte auf.

»Dann hat Seine Hoheit tatsächlich Angst, Euch dem Spanier vorzustellen!«, sagte er.

»Ach nein?« Ich sah mich noch einmal um, während wir davonkreisten, doch Charles hatte sich wieder seiner Unterredung zugewandt und begleitete seine Worte mit ausdrucksvollen italienischen Gesten.

»Ich denke schon.« Kilmarnock war ein guter Tänzer, und allmählich entspannte ich mich so, dass ich mich unterhalten konnte, ohne mich ständig zu sorgen, dass ich über meine Röcke stolpern würde.

»Habt Ihr dieses alberne Flugblatt gesehen, das Balmerino allen gezeigt hat?«, fragte er, und als ich nickte, fuhr er fort: »Ich vermute, Seine Hoheit hat es auch gesehen. Und die Spanier sind so lächerlich abergläubisch, dass sie sich von solchen Idiotien tatsächlich beeindrucken lassen. Kein Mensch von Verstand oder anständiger Herkunft würde so etwas ernst nehmen«, versicherte er mir, »doch Seine Hoheit hält es vermutlich für besser, kein Risiko einzugehen. Spanisches Gold ist schließlich einige Opfer wert«, fügte er hinzu. Darunter anscheinend auch das Opfer des eigenen Stolzes; Charles behandelte die schottischen Grafen und die Highlandfürsten nach wie vor wie Bettler an seiner Tafel, obwohl er sie ja heute Abend immerhin zu den Festivitäten eingeladen hatte – wenn auch zweifellos nur, um Don Francisco zu beeindrucken.

»Habt Ihr die Gemälde schon gesehen?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln. Die Wände der Großen Galerie wurden von über hundert Bildern gesäumt, allesamt Porträts vergangener Könige und Königinnen. Und alle mit einer auffälligen Gemeinsamkeit.

»Oh, die Nase?«, sagte er, und ein amüsiertes Lächeln trat an die Stelle der finsteren Miene, die er beim Anblick des Prinzen und des Spaniers aufgesetzt hatte. »Ja, natürlich. Kennt Ihr die Geschichte, die dahintersteckt?«

Anscheinend waren alle Porträts die Arbeit eines einzigen Malers, eines gewissen Jacob DeWitt, der von Charles II. nach dessen Re-Inthronisierung beauftragt worden war, Porträts sämtlicher Vorfahren des Königs herzustellen, beginnend zur Zeit von Robert Bruce.

»Um jedermann von der Historizität seiner Abstammung und der absoluten Rechtfertigung seiner Thronbesteigung zu überzeugen«, erklärte Kilmarnock mit einem ironischen Zucken seines Mundes. »Ich frage mich, ob König James wohl etwas Ähnliches unternehmen wird, wenn er den Thron zurückerlangt?«

Jedenfalls, so fuhr er fort, hatte DeWitt wie ein Berserker gemalt und alle zwei Wochen ein neues Porträt fertiggestellt, um den Forderungen des Monarchen nachzukommen. Die Schwierigkeit war natürlich, dass DeWitt keine Ahnung hatte, wie Charles’ Vorfahren tatsächlich ausgesehen hatten, und daher jeden als Modell benutzt hatte, den er in sein Atelier zerren konnte. Die Familienähnlichkeit hatte er einfach hergestellt, indem er jedes Porträt mit derselben auffallenden Nase ausgestattet hatte.

»Das ist König Charles selbst«, sagte Kilmarnock und wies kopfnickend auf ein lebensgroßes Gemälde, dessen Gegenstand uns in prunkvollem rotem Samt und Federhut entgegenblickte. Er warf einen kritischen Blick auf den jüngeren Charles, dessen gesunde Gesichtsfarbe davon zeugte, dass er seinem Gast beim Trinken großzügig Gesellschaft leistete.

»Jedenfalls hat er eine ansehnlichere Nase«, murmelte der Graf wie zu sich selbst. »Seine Mutter war Polin.«

Es wurde allmählich spät, und die Kerzen in den silbernen Kandelabern begannen zu flackern und zu erlöschen, noch ehe die bessere Gesellschaft Edinburghs genug von Wein und Tanz hatte. Don Francisco, der vermutlich das hemmungslose Trinken nicht so gewohnt war wie Charles, ließ den Kopf in seine Halskrause sacken.

Nachdem Jamie die letzte Miss Williams sichtlich erleichtert an ihren Vater zurückgegeben hatte, der nun zum Aufbruch drängte, kam er zu mir in die Ecke, in der ich eine Sitzgelegenheit gefunden hatte, die es mir ermöglichte, mir unter meinen weiten Röcken die Schuhe auszuziehen. Ich hoffte, dass ich sie nicht sofort wieder anziehen musste.

»Ich bin fast verhungert«, sagte er. »Tanzen macht Appetit, und das Reden ist noch schlimmer.« Er steckte sich ein komplettes Törtchen in den Mund, kaute kurz und griff nach einem neuen.

Ich sah, wie sich Prinz Charles über die vornübergesackte Gestalt seines Ehrengastes beugte und ihn ohne große Wirkung an der Schulter schüttelte. Der Kopf des spanischen Abgesandten war nach hinten gefallen, und der Mund unter dem hängenden Schnurrbart war erschlafft. Seine Hoheit erhob sich wankend und sah sich hilfesuchend um, doch Sheridan und Tullibardin, beides ältere Herren, waren ihrerseits eingeschlafen und lehnten kameradschaftlich aneinander wie zwei alte Dorfsäufer in Spitze und Samt.