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In den letzten Jahren hatten meine Tage wieder einen normaleren Rhythmus angenommen, und ich hatte wieder zu träumen begonnen. Die üblichen Träume, Alpträume oder schöne Träume – lange Abfolgen von Bildern, Wanderungen in den Wäldern meiner Gedanken. Und auch diese Art von Traum war mir vertraut; ganz normal für etwas, was man höflich als Perioden des Entzugs bezeichnen könnte.

Normalerweise jedoch kamen solche Träume angeschwebt wie die sanfte Berührung eines Lakens aus Satin, und wenn sie mich weckten, schlief ich augenblicklich wieder ein, von einer dumpfen Erinnerung durchglüht, die nicht bis zum Morgen bleiben würde.

Dies war anders. Nicht, dass ich mich an viel erinnern konnte, doch ich hatte das vage Gefühl, dass mich Hände packten, rauh und drängend, nicht fragend, sondern unwiderstehlich. Und eine Stimme, fast ein Schrei, der in den Kammern meines Innenohrs widerhallte, gemeinsam mit dem abschwellenden Klang meines Herzschlags.

Ich legte meine Hand auf den hüpfenden Puls in meiner Brust und spürte die volle Rundung meiner Brust unter der Seide. Briannas Atem überschlug sich mit einem leisen Schnarchlaut, dann nahm er seine regelmäßige Kadenz wieder an. Ich erinnerte mich daran, wie ich auf dieses Geräusch gelauscht hatte, als sie klein war; den langsamen, monotonen Rhythmus der Beruhigung, der durch das dunkle Kinderzimmer hallte wie ein Herzschlag.

Mein eigener Herzschlag verlangsamte sich jetzt unter meiner Hand, unter der tiefrosa Seide, gefärbt wie die schläfrige Wange eines Babys. Wenn man sich ein Kind zum Stillen an die Brust legt, ist die Rundung seines Köpfchens wie ein Spiegelbild der Brust, an der es saugt, als wäre dieser neue Mensch tatsächlich der Spiegel des Körpers, aus dem er gekommen ist.

Babys sind weich. Wenn man sie anschaut, sieht man die zarte, verletzliche Haut, die den Finger zur Berührung einlädt wie ein Rosenblatt. Aber wenn man mit ihnen zusammenlebt und sie liebt, spürt man, dass sie auch innen weich sind, die runden Wangen nachgiebig wie Pudding, die Händchen scheinbar knochenlos. Ihre Gelenke sind aus geschmolzenem Gummi, und wenn man sie fest küsst, weil man sie so sehr liebt, scheinen sie sich zu verformen, als könnten sie jederzeit wieder in den Mutterleib zurückkehren.

Doch von Anfang an trägt jedes Kind diesen Hauch von Stahl in seinem Inneren, der sagt »Ich bin« und den Kern seiner Persönlichkeit bildet.

Im zweiten Jahr verhärten sich die Knochen, und das Kind steht aufrecht. Sein Schädel ist breit und fest, ein Helm, der das Weiche im Inneren beschützt. Und das »Ich bin« wächst mit. Wenn man sie anschaut, kann man es beinahe sehen, fest wie Kernholz leuchtet es durch die transparente Haut.

Die Knochen im Gesicht kommen mit sechs hervor, und die Seele findet ihren Fixpunkt mit sieben. Der Prozess der Verkapselung geht weiter, bis er seinen Höhepunkt in der glänzenden Hülle der Pubertät erreicht, wenn das weiche Innere unter den Perlmuttschichten der verschiedenen neuen Persönlichkeiten verschwindet, die jeder Jugendliche ausprobiert, um sich selbst zu schützen.

In den nächsten Jahren breitet sich die Härte von der Mitte her aus, während man die Facetten seiner Seele findet und fixiert, bis »Ich bin« eine feste Größe ist, zart und detailliert wie ein Insekt in Bernstein.

Ich hatte gedacht, ich hätte diese Phase längst hinter mir gelassen, hätte alles Weiche verloren und befände mich auf dem Weg in ein Lebensalter aus rostfreiem Stahl. Doch jetzt hatte ich das Gefühl, als hätte mir Franks Tod einen Riss versetzt. Und der Spalt wurde breiter, so dass ich ihn nicht mehr mit Leugnen schließen konnte. Ich hatte meine Tochter zurück nach Schottland gebracht, mein Kind, dessen Knochen stabil waren wie die Rippen der Highlandberge, in der Hoffnung, dass ihre Hülle stark genug war, sie zusammenzuhalten, während der Kern ihres »Ich bin« noch erreichbar war.

Doch mein eigener Kern lag nicht länger in der Isolation des »Ich bin«, und nichts schützte mich mehr vor meinem weichen Inneren. Ich wusste nicht länger, was ich war oder was sie sein würde; nur, was ich tun musste.

Denn ich war zurückgekehrt, und ich träumte wieder, in der kühlen Luft der Highlands. Und die Stimme meines Traums hallte mir noch durch Ohren und Herz, wiederholte sich mit Briannas Atem im Schlaf.

»Du bist mein«, hatte sie gesagt. »Mein! Und ich lasse dich nicht fort.«

Kapitel 5

Geliebte Ehefrau

Der Kirchhof von St. Kilda lag still in der Sonne. Er nahm ein kleines Plateau ein, das ein geologischer Zufall in den Hang des Hügels gefräst hatte. Der Boden war schräg und gewellt, so dass die Grabsteine in kleinen Mulden verborgen standen oder unvermittelt auf den Kuppen kleiner Erhebungen aufragten. Erdbewegungen hatten viele der Steine bewegt, so dass sie sich wie betrunken neigten oder ganz umgestürzt waren und jetzt zerbrochen im hohen Gras lagen.

»Es ist ein bisschen unordentlich«, sagte Roger entschuldigend. Sie standen an der Kirchhofpforte und ließen die Blicke über die kleine Ansammlung alter Steine schweifen, die von Pflanzen überwuchert waren und von einer Reihe hoher Eiben überschattet wurden, einst gesetzt als Windbrecher zum Schutz gegen die Stürme, die sich von der Nordsee heranwälzten. Auch jetzt sammelten sich die Wolken über dem fernen Moray Firth, doch hier auf dem Hügel schien die Sonne, und die Luft war ruhig und warm.

»Mein Vater hat ein- oder zweimal im Jahr eine Gruppe von Männern aus der Pfarre organisiert und hier mit ihnen aufgeräumt, aber leider ist der Friedhof in letzter Zeit sehr ins Kraut geschossen.« Er schwang die Pforte vorsichtig auf und stellte fest, dass ein Scharnier zerbrochen war und der Verschluss des Riegels nur noch an einem Nagel hing.

»Es ist doch hübsch hier und so still.« Brianna schob sich vorsichtig durch die splittrige Pforte. »Es ist ein ziemlich alter Friedhof, oder?«

»Aye, so ist es. Vater meinte, dass die Kirche am Standort einer älteren Kapelle oder eines noch älteren Tempels erbaut worden ist; darum liegt sie hier oben auch so unzugänglich. Einer seiner Freunde aus Oxford hat ihm ständig angedroht, herzukommen und hier Ausgrabungen anzustellen, um zu sehen, was sich unter der Kirche befindet, aber natürlich hat er keine Erlaubnis vom Bistum bekommen, obwohl die Kirche schon lange ausgesegnet ist.«

»Auf jeden Fall ist es eine Kletterpartie.« Briannas Gesicht, das von der Anstrengung errötet war, verlor allmählich seine Farbe wieder, während sie sich mit einem Reiseführer Luft zufächelte. »Aber wunderschön.« Sie warf einen beifälligen Blick auf die Fassade der Kirche. Das Gebäude war in eine natürliche Spalte des Hügels gebaut, die Steine und Holzbalken von Hand eingepasst, die Ritzen mit Torf und Lehm gefüllt, so dass es dort gewachsen zu sein schien, ein natürlicher Teil der Felsoberfläche. Antike Reliefs verzierten die Tür- und Fenstereinfassungen; zum Teil zeigten sie die Symbole des Christentums, zum Teil jedoch waren sie offenbar viel älter.

»Ist Jonathan Randalls Grabstein dort drüben?« Sie wies mit einer Handbewegung auf den Kirchhof. »Mutter wird so überrascht sein!«

»Aye, ich gehe davon aus. Ich habe ihn ja selbst noch nicht gesehen.« Er hoffte, dass es eine angenehme Überraschung sein würde; Brianna war jedenfalls begeistert gewesen, als er den Stein gestern Abend am Telefon vorsichtig erwähnt hatte.

»Ich weiß einiges über Jonathan Randall«, sagte sie zu Roger. »Papa hat ihn immer bewundert; er meinte, er wäre einer der wenigen interessanten Menschen auf unserem Stammbaum gewesen. Anscheinend ein guter Soldat; Papa hatte diverse Belobigungsschreiben und Geschenke, die er bekommen hat, in seiner Sammlung.«

»Tatsächlich?« Roger sah sich suchend nach Claire um. »Ob deine Mutter Hilfe mit der Pflanzenpresse braucht?«