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»Sie kommen gleich zurück«, sagte er und wies auf die verstreuten Vögel. Er legte sich den Arm über das Gesicht, als wollte er es vor der Sonne schützen, und fuhr mit seiner Erzählung fort.

»Wir haben Hufgeklapper auf der Straße vor der Burg gehört, und als wir uns umgedreht haben, kamen sechs Reiter mit einem Wagen auf uns zu. Einer von ihnen trug Lovats Banner, daher wusste ich, dass mein Großvater bei ihnen war. Ich habe meinen Vater angesehen, weil ich wissen wollte, ob er irgendwie reagieren wollte, aber er hat nur gelächelt, mir die Schulter gedrückt und gesagt: ›Komm, Junge, gehen wir an Bord.‹ Ich konnte den Blick meines Großvaters auf mir spüren, als ich über das Ufer gegangen bin mit meinen Haaren und meiner Körpergröße, die geradezu ›MacKenzie‹ geschrien haben, und ich war froh, dass ich meine besten Kleider anhatte und nicht aussah wie ein Bettler. Ich habe mich nicht umgeschaut, sondern mich nur so hoch aufgerichtet, wie ich konnte, und ich war stolz, dass ich den größten Mann dort noch um einen halben Kopf überragte. Mein Vater ist neben mir hergegangen, still wie er nun einmal war, und auch er hat sich nicht umgesehen, doch ich konnte ihn neben mir spüren, stolz, dass er mich gezeugt hatte.«

Er sah mich mit einem schiefen Grinsen an.

»Das war das letzte Mal, dass ich mir sicher war, ihm Freude gemacht zu haben, Sassenach. Später hatte ich oft meine Zweifel, aber über diesen einen Tag war ich froh.«

Er schloss seine Arme um die Knie und blickte vor sich hin, als durchlebte er die Szene am Kai noch einmal.

»Wir sind an Bord des Schiffes gegangen und haben uns dem Kapitän vorgestellt, dann haben wir uns an die Reling gestellt und uns über dies und jenes unterhalten und uns alle Mühe gegeben, den Blick nicht auf die Männer aus Beaufort zu richten, die ihre Fracht verluden, oder zum Ufer, wo die Reiter standen. Schließlich gab der Kapitän das Signal zum Ankerlichten. Ich habe meinen Vater geküsst, und er ist über die Reling auf das Dock gesprungen und zu seinem Pferd gegangen. Er hat sich nicht ein einziges Mal umgesehen, bis er im Sattel saß, und da war das Schiff schon auf halbem Weg durch den Hafen. Ich habe gewunken, und er hat zurückgewunken, dann hat er sich abgewandt, mein Pferd an den Zügeln genommen und sich auf den Rückweg nach Lallybroch gemacht. Die Männer aus Beaufort haben ebenfalls kehrtgemacht und sind heimgeritten. Ich konnte meinen Großvater an ihrer Spitze sehen; er saß kerzengerade im Sattel. Und so ritten sie, mein Vater und mein Großvater, zwanzig Meter voneinander getrennt, den Hügel hinauf und darüber hinweg, außer Sichtweite, und keiner von ihnen hat sich dem anderen zugewandt oder sich auch nur anmerken lassen, dass der andere da war.«

Er blickte die Straße entlang, als hielte er Ausschau nach einem Lebenszeichen aus der Richtung, in der Beaufort lag.

»Ich habe ihm in die Augen gesehen«, sagte er leise. »Einmal. Ich habe gewartet, bis Vater bei seinem Pferd angelangt war, dann habe ich mich zur Seite gewandt und Lord Lovat angesehen, so selbstbewusst ich konnte. Ich wollte, dass er wusste, dass wir nichts von ihm wollten, dass ich aber auch keine Angst vor ihm hatte.« Wieder lächelte er mich schief an. »Doch ich hatte Angst.«

Ich legte meine Hand auf die seine und streichelte die Vertiefungen zwischen seinen Fingerknöcheln.

»Hat er deinen Blick erwidert?«

Er prustete flüchtig.

»Aye, das hat er. Ich denke, er hat mich die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen, von dem Moment an, als ich über den Hügel gekommen bin, bis mein Schiff abgefahren ist. Ich konnte seine Augen in meinem Rücken spüren wie Bohrer. Und als ich ihn angesehen habe, brauchte ich seinen Blick nicht zu suchen, denn seine schwarzen Augen haben direkt in die meinen gesehen.«

Er verstummte und blickte weiter in Richtung der Burg, bis ich ihn sacht anstieß.

»Und was ist das für ein Blick gewesen?«

Er riss die Augen von der dunklen Wolkenmasse am Horizont los, um sie auf mich zu senken, und die übliche Gutmütigkeit war aus seiner Miene verschwunden.

»Er war kalt wie Stein, Sassenach«, erwiderte er. »Kalt wie Stein.«

Wir hatten Glück mit dem Wetter gehabt; es blieb auf dem ganzen Weg aus Edinburgh warm.

»Es wird nicht anhalten«, prophezeite Jamie und blinzelte auf das Meer hinaus. »Siehst du die Wolkenbank dort draußen? Bis heute Abend ist sie hier.« Er atmete tief ein und zog sich das Plaid um die Schultern. »Riechst du die Luft? Man kann spüren, dass ein Unwetter kommt.«

Ich war zwar weniger erfahren in olfaktorischer Meteorologie, glaubte aber dennoch, es riechen zu können; die Luftfeuchtigkeit nahm jetzt zu und verstärkte die üblichen Gerüche nach trockenem Heidekraut und Kiefernharz, unter die sich ein Hauch von Tang von der fernen Küste mischte.

»Ich frage mich, ob es die Männer schon bis nach Lallybroch geschafft haben«, sagte ich.

»Ich bezweifle es.« Jamie schüttelte den Kopf. »Sie haben zwar einen kürzeren Weg als wir, aber sie sind alle zu Fuß, und es dürfte eine Weile gedauert haben, bis sie sich alle von der Armee entfernen konnten.« Er stellte sich in die Steigbügel und hielt sich die Hand über die Augen, um den Blick erneut auf die ferne Wolkenbank zu richten. »Ich hoffe, es ist nur Regen; der wird ihnen nicht viel ausmachen. Und vielleicht wird es ja doch kein schlimmer Sturm. Oder das Unwetter reicht nicht so weit nach Süden.«

Auch ich zog mir das warme Schultertuch fester um die Schultern, denn der Wind nahm weiter zu. Ich hatte das schöne Wetter der letzten Tage für ein gutes Omen gehalten; ich hoffte nur, dass es uns nicht getrogen hatte.

Nachdem er den Befehl von Charles erhalten hatte, hatte Jamie den ganzen Abend in Holyrood am Fenster gesessen. Und am Morgen war er als Erstes zu Charles gegangen, um Seiner Hoheit mitzuteilen, dass er und ich allein in Murtaghs Begleitung nach Beauly reiten würden, um Lord Lovat die Ehrerbietung Seiner Hoheit zu überbringen sowie seine Bitte, dass Lovat sein Versprechen, Männer und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, einlösen möge.

Als Nächstes hatte Jamie Ross, den Schmied, in unser Gemach gerufen und ihm seinerseits eine Order erteilt, so leise, dass ich an meinem Platz am Feuer die Worte nicht ausmachen konnte. Doch ich hatte gesehen, wie der kräftige Schmied die Schultern hob und Haltung annahm, als er ihre Bedeutung begriff.

Die Highland-Armee bewegte sich nicht sonderlich diszipliniert voran; sie war ein wilder Haufen, der die Bezeichnung »Kolonne« kaum verdiente. Im Lauf eines Tagesmarsches sollten sich die Männer aus Lallybroch einzeln vom Heer entfernen. Sie sollten ins Gebüsch treten, als wollten sie sich einen Moment ausruhen oder sich erleichtern, und dann nicht zurückkehren, sondern sich in aller Stille davonmachen und an einem festgelegten Treffpunkt zu den anderen Männern aus Lallybroch stoßen. Und wenn sie alle wieder beisammen waren, sollten sie unter dem Kommando von Ross, dem Schmied, nach Hause gehen.

»Ich glaube kaum, dass man sie sofort vermissen wird, wenn überhaupt«, hatte Jamie gesagt, als er den Plan im Vorfeld mit mir besprach. »Überall in der Armee macht sich Fahnenflucht breit. Ewan Cameron hat mir gesagt, sie hätten letzte Woche zwanzig Mann aus seinem Regiment verloren. Es wird Winter, und die Männer wollen zu Hause alles vorbereiten und für die Frühjahrsaussaat fertig sein. Außerdem kann Charles niemanden entbehren, der sich an ihre Fersen heftet, falls man ihr Fehlen doch bemerkt.«

»Heißt das, du hast aufgegeben, Jamie?«, hatte ich gefragt und ihm die Hand auf den Arm gelegt. Er hatte sich müde das Gesicht gerieben, ehe er antwortete.

»Ich weiß es nicht, Sassenach. Vielleicht ist es zu spät, vielleicht auch nicht. Ich kann es nicht sagen. Es war töricht, so kurz vor dem Winter nach Süden zu ziehen, und noch viel törichter, sich mit der Belagerung von Carlisle aufzuhalten. Doch bis jetzt hat Charles noch keine Niederlage erlitten, und die Clanführer – zumindest einige – folgen seinem Ruf. Jetzt die MacKenzies, dann ihretwegen andere. Er hat inzwischen doppelt so viele Männer, wie wir in Preston hatten. Was das heißen wird?« Frustriert warf er die Hände in die Luft.