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Die junge, schöne Miss Campbell war nach Edinburgh geeilt, wo sie jedoch nicht ihre Mutter angetroffen hatte, sondern den alten, hinterlistigen Simon Fraser, der ihr mitgeteilt hatte, dass sie sich in einem berüchtigten Freudenhaus befand und sie ihren guten Namen nur retten konnte, wenn sie ihn auf der Stelle heiratete.

»Sie muss ja ein ziemliches Dummchen gewesen sein, darauf hereinzufallen«, stellte ich zynisch fest.

»Nun ja, sie war schließlich noch sehr jung«, verteidigte Jamie das Mädchen, »und das Ganze war alles andere als eine leere Drohung; hätte sie Simon abgewiesen, hätte er ihren Ruf zerstört, ohne eine Sekunde zu überlegen. Jedenfalls hat sie ihn geheiratet – und es bereut.«

»Hmpf.« Ich rechnete im Kopf eifrig nach. Die Episode mit Primrose Campbell war erst ein paar Jahre her, hatte er gesagt. Also … »War es seine erste Frau oder Margaret Grant, die deine Großmutter war?«, fragte ich neugierig.

Seine hohen Wangen waren rauh von Sonne und Wind; jetzt röteten sie sich plötzlich verlegen.

»Keine von beiden«, sagte er. Er sah mich nicht an, sondern heftete den Blick geradewegs auf die Burg von Beaufort. Seine Lippen waren fest aufeinandergepresst.

»Mein Vater war ein Bastard«, sagte er schließlich. Er saß aufrecht wie ein Schwert im Sattel, und seine Fingerknöchel waren weiß, so fest umschlossen sie die Zügel. »Anerkannt, aber ein Bastard. Von einer der Mägde aus der Burg.«

»Oh«, sagte ich. Viel mehr schien es nicht zu sagen zu geben.

Er schluckte krampfhaft; ich konnte die Bewegung in seiner Kehle sehen.

»Ich hätte es dir eher sagen sollen«, sagte er steif. »Es tut mir leid.«

Ich streckte die Hand aus, um ihn am Arm zu berühren; er war hart wie Eisen.

»Es ist unwichtig, Jamie«, sagte ich und wusste doch, dass ich sagen konnte, was ich wollte. »Es ist mir völlig egal.«

»Aye?«, sagte er schließlich und starrte immer noch vor sich hin. »Nun … mir nicht.«

Der beständig auffrischende Wind, der vom Moray Firth herüberwehte, bewegte sich raschelnd über einen Hang voller dunkler Kiefern hinweg. Die Landschaft war hier eine seltsame Mischung von Gebirge und Küste. Ein dichter Wald aus Erlen, Lärchen und Birken wuchs zu beiden Seiten des schmalen Pfads, dem wir folgten, doch als wir uns nun der dunklen Masse der Burg Beaufort näherten, trieb über allem ein Geruch nach Watt und Tang.

Wir wurden in der Tat erwartet; die mit Kilts bekleideten, mit Äxten bewaffneten Wachen am Portal hielten uns nicht auf, als wir hindurchritten. Sie betrachteten uns zwar neugierig, jedoch ohne offensichtliche Feindseligkeit. Jamie saß zu Pferd wie ein König. Er nickte dem Mann auf seiner Seite zu, und dieser antwortete mit einem ähnlichen Nicken. Ich fühlte mich, als beträten wir die Burg mit einer Friedensfahne in der Hand; wie lange dieser Zustand andauern würde, war ein offenes Geheimnis.

Wir ritten ungehindert auf den Innenhof der Burg, die zwar, verglichen mit ähnlichen Gemäuern, klein war, aber aus dem Stein der Gegend errichtet war und ziemlich imposant wirkte. Sie war nicht so stark befestigt wie viele der Burgen im Süden, doch einem gewissen Ansturm konnte sie gewiss dennoch widerstehen. Geräumige Kanonenschächte klafften in Abständen am Fuß der Außenmauern, und der Stall befand sich wie in alter Zeit im Innenhof.

Darin waren mehrere kleine Highlandponys untergebracht, die jetzt die Köpfe über die hölzerne Halbtür steckten, um unseren Pferden zur Begrüßung zuzuwiehern. An der Mauer lag Gepäck, das wohl gerade erst von den Ponys im Stall abgeladen worden war.

»Lovat hat ein paar Männer zu unserer Begrüßung zusammengetrommelt«, stellte Jamie angesichts der Bündel grimmig fest. »Vermutlich Verwandtschaft.« Er zuckte mit den Schultern. »Zumindest sind sie uns nicht grundsätzlich feindselig gesinnt.«

»Woher weißt du das?«

Er ließ sich aus dem Sattel gleiten und hob die Hand, um mir vom Pferd zu helfen.

»Sie haben ihre Schwerter beim Gepäck gelassen.«

Jamie reichte unsere Zügel einem Pferdeknecht, der uns aus dem Stall entgegenkam und sich den Staub von der Hose klopfte.

»Äh, und jetzt?«, murmelte ich Jamie zu. Keine Spur von Burgfräulein oder Haushofmeister; nichts, was der fröhlichen, gebieterischen Gestalt von Mrs. Fitzgibbons geähnelt hätte, die uns vor zwei Jahren in Leoch willkommen geheißen hatte.

Die Stallknechte warfen uns zwar hin und wieder verstohlene Blicke zu, setzten aber ihre Arbeit fort, genau wie die Bediensteten, die den Innenhof überquerten und Wäschekörbe oder Torf und all die anderen sperrigen Güter schleppten, die zum Leben in einer Steinburg erforderlich waren. Beifällig blickte ich einem kräftigen Kammerdiener nach, der zwei kupferne Zwanzig-Liter-Kannen mit Wasser schleppte. Sosehr die hiesige Gastfreundschaft auch zu wünschen übrigließ, irgendwo verfügte Beaufort auf jeden Fall über eine Badewanne.

Jamie stand mit verschränkten Armen mitten auf dem Hof und ließ den Blick über das Gemäuer schweifen wie ein potentieller Immobilienkäufer, der seine Zweifel an der Kanalisation hegt.

»Jetzt warten wir, Sassenach«, sagte er. »Die Wachen werden Bescheid gesagt haben, dass wir hier sind. Entweder kommt jemand zu uns herunter … oder nicht.«

»Hm«, sagte ich. »Nun, ich hoffe, die Entscheidung fällt bald; ich habe Hunger, und ich könnte Wasser und Seife brauchen.«

»Aye, das könntest du«, pflichtete mir Jamie bei und betrachtete mich mit einem flüchtigen Lächeln. »Du hast einen Fleck auf der Nase und Kletten im Haar. Nein, lass sie nur«, fügte er hinzu, als ich mir bestürzt mit der Hand an den Kopf fuhr. »Es sieht hübsch aus, ob es Absicht ist oder nicht.«

Eindeutig nein, aber ich ließ die Kletten, wo sie waren. Dennoch trat ich an einen Wassertrog, um meine Erscheinung zu inspizieren und zu retten, was mit Hilfe von etwas kaltem Wasser zu retten war.

Was den alten Simon Fraser betraf, so war die Lage etwas prekär, dachte ich, während ich mich über den Trog beugte und zu unterscheiden versuchte, welche Flecken in meinem Spiegelbild tatsächlich Schmutz waren und welche nur dahintreibendes Heu.

Einerseits war Jamie als offizieller Abgesandter der Stuarts hier. Ob Lovats Versprechungen, die Jakobiten zu unterstützen, nun ernst gemeint oder bloße Lippenbekenntnisse waren, auf jeden Fall würde er sich verpflichtet fühlen, den Vertreter des Prinzen willkommen zu heißen, und sei es nur aus Höflichkeit.

Andererseits war besagter Vertreter sein unehelicher Nachkomme, der zwar nicht ausdrücklich enterbt worden war, aber auch nicht zu den Lieblingsmitgliedern der Familie zählte. Und ich wusste inzwischen genug über Highlandfehden, um mir darüber im Klaren zu sein, dass Unstimmigkeiten dieser Art auch mit der Zeit nicht unbedingt nachließen.

Ich fuhr mir mit der nassen Hand erst über die geschlossenen Augen, dann über die Schläfen, um mir die losen Haarsträhnen zu glätten. Eigentlich ging ich nicht davon aus, dass uns Lord Lovat einfach auf dem Hof stehenlassen würde. Möglicherweise jedoch würde er uns lange genug dort stehenlassen, um uns klarzumachen, mit welcher Skepsis man uns hier empfing.

Danach – nun, wer wollte das wissen? Höchstwahrscheinlich würde uns Lady Frances empfangen, eine von Jamies Tanten, eine Witwe, die – so hatten wir von Tullibardine gehört – für ihren Vater den Haushalt führte. Falls er jedoch beschloss, uns als diplomatische Gesandtschaft zu empfangen, nicht als Verwandtschaft, so hielt ich es für möglich, dass Lord Lovat persönlich zu unserem Empfang erscheinen würde, begleitet von einem formellen Hofstaat aus Sekretär, Wachen und Bediensteten.

Letzteres kam mir wahrscheinlicher vor, schon weil es so lange dauerte; man hatte schließlich seine Entourage nicht einsatzbereit herumstehen – es würde eine Weile dauern, das notwendige Personal zu versammeln. Während ich mir das plötzliche Auftauchen eines Grafen in voller Montur ausmalte, kamen mir doch Zweifel an den Kletten in meinem Haar, und ich beugte mich erneut über den Trog.

An diesem Punkt wurde ich durch Schritte unterbrochen, die den Durchgang hinter den Futterkrippen durchquerten. Ein kantiger älterer Mann mit offenem Hemd und losen Schnallen an den Knien seiner Hose trat auf den Hof hinaus, indem er eine rundliche Fuchsstute mit einem gereizten Ausruf beiseitestieß. Trotz seines Alters hielt er sich kerzengerade, und seine Schultern waren fast so breit wie Jamies.