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Er blieb am Wassertrog stehen und sah sich auf dem Innenhof um, als suchte er jemanden. Sein Blick huschte ohne Reaktion an mir vorüber, dann schwenkte er mit einem verblüfften Ruck zurück. Der Mann trat auf mich zu und schob kampflustig das Kinn vor, und sein unrasierter Bart sträubte sich in alle Himmelsrichtungen wie die Borsten eines Stachelschweins.

»Wer zum Teufel seid Ihr?«, wollte er wissen.

»Claire Fraser, äh, ich meine, Lady Broch Tuarach«, sagte ich und besann mich etwas spät meiner Würde. Ich riss mich zusammen und wischte mir einen Wassertropfen vom Kinn. »Und wer zum Teufel seid Ihr?«, fragte ich meinerseits.

Eine feste Hand schloss sich von hinten um meinen Ellbogen, und eine resignierte Stimme sagte irgendwo über mir: »Das, Sassenach, ist mein Großvater. Mylord, darf ich vorstellen? Meine Frau.«

»Ah?«, sagte Lord Lovat und richtete seinen kalten blauen Blick auf mich. »Ich hatte schon gehört, dass du eine Engländerin geheiratet hast.« Sein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass diese Handlungsweise seine schlimmsten Befürchtungen über den Enkel bestätigte, dem er noch nie begegnet war.

Er zog seine buschige graue Augenbraue in meine Richtung hoch, dann wandte er sich finster an Jamie. »Auch nicht mehr Verstand als dein Vater, wie ich sehe.«

Ich konnte sehen, wie Jamies Hand sacht zuckte und dem Drang widerstand, sich zur Faust zu ballen.

»Wenigstens habe ich es nicht nötig, mir eine Frau durch Vergewaltigung oder List zu nehmen«, stellte er gleichmütig fest.

Sein Großvater ließ sich durch diese Beleidigung nicht aus der Reserve locken und grunzte nur. Ich meinte, seinen faltigen Mundwinkel zucken zu sehen, war mir aber nicht sicher.

»Aye, dafür hat dir dein Handel nicht viel eingebracht«, merkte er an. »Obwohl sie wenigstens nicht so ein kostspieliges Vergnügen ist wie die MacKenzie-Schlampe, deren Beute Brian geworden ist. Das Frauenzimmer mag dir vielleicht nichts einbringen, aber dafür sieht sie so aus, als würde sie dich auch nicht viel kosten.« Die blauen Schlitzaugen, die so sehr an Jamies Augen erinnerten, glitten über mein von der Reise fleckiges Kleid hinweg, und auch der ungeflickte Saum, die geplatzte Naht und die Schlammspritzer entgingen ihm nicht.

Ich konnte spüren, wie es in Jamie leise vibrierte, und war mir nicht sicher, ob es Wut war oder Gelächter.

»Danke«, sagte ich mit einem freundlichen Lächeln in Richtung Seiner Lordschaft. »Ich esse auch nicht viel. Aber ich würde mich gern waschen. Wasser reicht; spart Euch die Seife ruhig, wenn sie zu teuer ist.«

Diesmal war ich mir sicher, dass es zuckte.

»Aye, ich verstehe«, sagte Seine Lordschaft. »Ich schicke Euch eine Zofe, die Euch auf Euer Zimmer bringen kann. Und Euch Seife bringt. Dich sehen wir vor dem Essen in der Bibliothek … Enkel«, fügte er an Jamie gerichtet hinzu. Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder in dem Durchgang.

»Wer ist denn wir?«, fragte ich.

»Simon junior«, antwortete Jamie, »der Erbe Seiner Lordschaft. Der eine oder andere Vetter vielleicht. Und den Pferden auf dem Hof nach vermutlich ein paar Gefolgsleute. Wenn Lovat mit dem Gedanken spielt, Männer zu den Stuarts zu entsenden, haben seine Lehnsmänner dabei auch ein Wörtchen mitzureden.«

»Hast du schon einmal auf dem Bauernhof einen kleinen Wurm inmitten einer Hühnerschar gesehen?«, murmelte er, als wir eine Stunde später einem Bediensteten durch den Korridor folgten. »Das bin ich – beziehungsweise sind wir, sollte ich sagen. Halte dich in meiner Nähe.«

Tatsächlich hatte sich alles eingefunden, was im Fraser-Clan Rang und Namen hatte; als man uns in die Bibliothek von Beaufort einließ, trafen wir dort über zwanzig Mann an, die im ganzen Raum verteilt saßen.

Jamie wurde formell vorgestellt und sprach eine ebenso formelle Begrüßung im Namen der Stuarts, in welcher er Lord Lovat die Ehrerbietung König James’ und seines Sohnes überbrachte und Lovat um seine Hilfe bat. Die Erwiderung des alten Mannes war knapp, wortgewandt und unverbindlich. Nachdem der Etikette Genüge getan war, wurde ich ebenfalls vorgestellt, und die Atmosphäre entspannte sich.

Ich wurde von Highlandern umringt, die mich nacheinander begrüßten, während sich Jamie mit einem Mann namens Graham unterhielt, der Lord Lovats Vetter zu sein schien. Seine restlichen Gefolgsleute begegneten mir zwar einigermaßen reserviert, verhielten sich aber alle höflich – mit einer Ausnahme.

Simon junior, dessen kantige Gestalt dem Körperbau seines Vaters ähnelte, der jedoch fast fünfzig Jahre jünger war, trat vor und beugte sich über meine Hand. Als er sich wieder aufrichtete, betrachtete er mich auf eine Weise, die an Unverschämtheit grenzte.

»Jamies Frau, hm?«, fragte er. Auch er hatte die Schlitzaugen seines Vaters und seines Halbneffen, doch die seinen waren braun wie schlammiges Sumpfwasser. »Das heißt dann wohl, dass ich Euch ›Nichte‹ nennen darf, nicht wahr?« Er war ungefähr in Jamies Alter, auf jeden Fall einige Jahre jünger als ich.

»Ha, ha«, sagte ich höflich, als er über seinen eigenen Witz lachte. Ich versuchte, meine Hand wieder an mich zu nehmen, doch er ließ nicht los. Stattdessen lächelte er jovial und betrachtete mich erneut von Kopf bis Fuß.

»Ich habe schon von Euch gehört«, sagte er. »Man spricht in den Highlands von Euch, Mistress.«

»Tatsächlich? Wie schön.« Ich versuchte es unauffällig erneut; als Reaktion schloss sich seine Hand so fest um die meine, dass es beinahe schmerzhaft war.

»Oh, aye. Ich habe gehört, dass Euch die Männer unter dem Befehl Eures Mannes sehr schätzen«, sagte er und lächelte so angestrengt, dass sich seine Augen zu dunkelbraunen Schlitzen verengten. »Ich höre, sie nennen Euch cridheag na bilean milis. Das bedeutet ›Mistress Honiglippe‹«, übersetzte er, als er meine verwirrte Miene angesichts der unbekannten gälischen Formulierung sah.

»Oh, danke …«, begann ich, doch mehr bekam ich nicht heraus, weil Jamies Faust gegen Simons Kinn krachte und sein Halbonkel mit einem Tisch voller Erfrischungen kollidierte, so dass die Süßigkeiten und Servierlöffel unter ohrenbetäubendem Scheppern auf dem Schieferboden landeten.

Er trug zwar die Kleidung eines feinen Herrn, doch er hatte den Instinkt des Pöbels, der sich in der Kneipe prügelt. Simon junior rollte sich mit geballten Fäusten auf die Knie hoch und erstarrte. Jamie stand über ihm, die Fäuste halb geöffnet, und seine Reglosigkeit wirkte einschüchternder als jede offene Drohung.

»Nein«, sagte er gleichmütig, »sie versteht nicht viel Gälisch. Und jetzt, da du das zur allgemeinen Zufriedenheit bewiesen hast, wirst du dich höflich bei meiner Frau entschuldigen, ehe ich dir die Zähne in den Hals ramme.« Simon blickte wütend zu Jamie auf, dann warf er einen Seitenblick auf seinen Vater, welcher unmerklich nickte, ungeduldig über die Unterbrechung. Das schwarze Zottelhaar des jüngeren Fraser hatte sich aus seinem Riemchen befreit und hing ihm wie spanisches Moos um das Gesicht. Er behielt Jamie argwöhnisch im Blick, jedoch auch mit einem seltsamen Hauch von etwas, das aussah wie eine Mischung aus Belustigung und Respekt. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und verbeugte sich, immer noch kniend, ernst vor mir.

»Ich bitte Euch um Verzeihung, Mistress Fraser, und ich entschuldige mich, falls Ihr Euch beleidigt gefühlt haben solltet.«

Mir blieb nichts anderes übrig, als meinerseits huldvoll den Kopf zu senken, als mich Jamie auch schon hinaus in den Korridor schob. Wir waren fast an der Tür am Ende angelangt, als ich endlich sprach, nachdem ich mich mit einem Blick vergewissert hatte, dass uns niemand hören konnte.