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»Was in aller Welt bedeutet cridheag na bilean milis?«, sagte ich und zerrte an seinem Ärmel, um ihn zu bewegen, langsamer zu gehen. Er sah mich an, als sei ihm gerade wieder eingefallen, dass es mich gab.

»Ah? Oh, es bedeutet tatsächlich Honiglippe. Mehr oder weniger.«

»Aber …«

»Es ist nicht dein Mund, den er meinte, Sassenach«, sagte Jamie trocken.

»Aber das …« Ich hätte am liebsten kehrtgemacht, doch Jamie klammerte seine Hand fester um meinen Arm.

»Gaaack, gack, gack«, murmelte er mir ins Ohr. »Keine Sorge, Sassenach. Sie stellen mich nur auf die Probe. Es wird alles gut.«

Ich blieb in der Obhut von Lady Frances zurück, Simons Schwester, während Jamie kampfbereit in die Bibliothek zurückkehrte. Ich hoffte, dass er nicht noch mehr seiner Verwandten verprügeln würde; die Frasers waren zwar im Großen und Ganzen keine Hünen wie die MacKenzies, doch sie hatten eine hartnäckige Wachsamkeit an sich, die nichts Gutes für jene verhieß, die in ihrer Nähe eine Dummheit wagten.

Lady Frances war noch jung, vielleicht zweiundzwanzig, und betrachtete mich mit einer Art verängstigter Faszination, als könnte ich mich auf sie stürzen, wenn sie mich nicht unablässig mit Tee und Süßigkeiten besänftigte. Ich strengte mich an, mich so freundlich und harmlos wie möglich zu geben, und nach einer Weile entspannte sie sich so weit, dass sie mir gestand, dass sie noch nie einer Engländerin begegnet war. »Engländerinnen«, so gab man mir zu verstehen, waren eine exotische, gefährliche Spezies.

Ich achtete darauf, jede plötzliche Bewegung zu vermeiden, und nach einer Weile fasste sie so viel Vertrauen, dass sie mir schüchtern ihren Sohn vorstellte, einen kräftigen kleinen Kerl von vielleicht drei, der unter dem wachsamen Auge einer gestrengen Zofe in einem Zustand unnatürlicher Sauberkeit verharrte.

Gerade erzählte ich Frances und ihrer jüngeren Schwester Aline von Jenny und ihrer Familie, denen sie noch nie begegnet waren, als es draußen im Flur plötzlich polterte und ein Aufschrei ertönte. Ich sprang auf, und als ich die Tür erreichte, sah ich, wie sich in dem steinernen Korridor ein zusammengekauertes Stoffbündel auf die Beine hochkämpfte. Die schwere Tür der Bibliothek stand offen, und die kräftige Gestalt des alten Simon Fraser stand wie eine böswillige Kröte da.

»Du wirst noch Schlimmeres einstecken, Kleine, wenn du deine Sache nicht besser machst«, sagte er. Sein Ton war eigentlich nicht drohend; er formulierte nur eine Tatsache. Die verhüllte Gestalt hob den Kopf, und ich sah ein seltsames, auf kantige Weise hübsches Gesicht mit großen dunklen Augen über dem roten Fleck, der auf ihrer Wange anschwoll. Sie sah mich, nahm meine Gegenwart jedoch nicht zur Kenntnis, sondern raffte sich nur auf und hastete wortlos davon. Sie war hochgewachsen und extrem dünn, und sie bewegte sich mit der merkwürdigen, halb unbeholfenen Anmut eines Kranichs. Ihr Schatten folgte ihr über die Steine.

Ich stand da und starrte den Alten Simon an, den das Feuer in seinem Rücken im Gegenlicht erscheinen ließ. Er spürte meinen Blick und wandte den Kopf, um mich anzusehen. Die alten blauen Augen ruhten kalt wie Saphire auf mir.

»Guten Abend, Teuerste«, sagte er und schloss die Tür.

Ich stand da und starrte die dunkle Holztür verständnislos an.

»Was war das denn?«, fragte ich Frances, die hinter mich getreten war.

»Nichts«, sagte sie und leckte sich nervös die Lippen. »Kommt mit.« Ich ließ mich von ihr beiseiteziehen, beschloss jedoch, Jamie später zu fragen, was in der Bibliothek geschehen war.

Wir hatten das Zimmer erreicht, das man uns für die Nacht zugewiesen hatte, und Jamie entließ unseren kleinen Führer, indem er ihm freundlich den Kopf tätschelte.

Ich ließ mich auf das Bett sinken und sah mich hilflos um.

»Und was tun wir jetzt?«, fragte ich. Das Abendessen war zwar ohne große Zwischenfälle verlaufen, doch hin und wieder hatte ich gespürt, wie Lovats Blick auf mir lastete.

Jamie zuckte mit den Schultern und zog sich das Hemd über den Kopf.

»Hol mich der Teufel, wenn ich das weiß, Sassenach«, sagte er. »Sie haben mich nach dem Zustand der Highland-Armee gefragt, nach der Verfassung der Männer und danach, was ich über die Pläne Seiner Hoheit weiß. Ich habe es ihnen berichtet. Und dann haben sie das Ganze noch einmal gefragt. Mein Großvater glaubt einfach nicht, dass ihm jemand geradeheraus antworten würde«, fügte er trocken hinzu. »Er glaubt, alle sind so falsch wie er selbst und haben ein Dutzend unterschiedliche Motive; für jeden Anlass eins.«

Er schüttelte den Kopf und warf sein Hemd neben mir auf das Bett.

»Er kann nicht sagen, ob ich in Bezug auf die Armee möglicherweise lüge. Denn wenn ich mir wünsche, dass er sich den Stuarts anschließt, beschönige ich vielleicht ein wenig; wenn es mir persönlich aber gleichgültig ist, könnte es sein, dass ich die Wahrheit sage. Und er hat nicht vor, sich in die eine oder andere Richtung zu verpflichten, ehe er zu wissen glaubt, wo ich stehe.«

»Und wie genau hat er vor zu erkennen, ob du die Wahrheit sagst?«, fragte ich skeptisch.

»Er hat eine Seherin«, erwiderte er beiläufig, als zählte das zur üblichen Ausstattung einer Highland-Burg. Vielleicht war es ja so.

»Tatsächlich?« Fasziniert richtete ich mich auf dem Bett zum Sitzen auf. »Ist das die seltsame Frau, die er in den Flur hinausgeworfen hat?«

»Aye. Ihr Name ist Maisri, und sie ist mit dem Zweiten Gesicht zur Welt gekommen. Aber sie konnte ihm nichts sagen – oder wollte es nicht«, fügte er hinzu. »Irgendetwas weiß sie auf jeden Fall, aber sie hat nur den Kopf geschüttelt und gesagt, sie könne nichts sehen. Da hat mein Großvater die Geduld verloren und sie geschlagen.«

»Altes Ekel!«, sagte ich entrüstet.

»Nun, ein Ausbund an Ritterlichkeit ist er nicht«, pflichtete mir Jamie bei.

Er schüttete Wasser in die Schüssel und fing an, es sich mit den Händen ins Gesicht zu spritzen. Ich schnappte nach Luft, und verblüfft hob er den triefenden Kopf.

»Häh?«

»Dein Bauch …«, sagte ich und zeigte mit dem Finger auf ihn. Vom Brustbein bis zum Kilt breitete sich eine frische Prellung über seine Haut wie eine große, hässliche Blüte.

Jamie blickte an sich hinunter, sagte gleichgültig »Ach das« und wusch sich weiter.

»Ja, das«, sagte ich und trat zu ihm, um ihn mir näher anzusehen. »Was ist passiert?«

»Es spielt keine Rolle«, sagte er gedämpft durch ein Handtuch. »Ich habe mich heute Nachmittag ein wenig vorschnell geäußert, und mein Großvater und Simon junior haben mir eine kleine Lektion in Sachen Respekt erteilt.«

»Also durften dich ein Paar mindere Frasers festhalten, während er dir einen Hieb vor den Bauch versetzt hat?«, sagte ich, und mir wurde etwas übel.

Jamie warf das Handtuch beiseite und griff nach seinem Nachthemd.

»Sehr schmeichelhaft von dir, dass du davon ausgehst, dass zwei gereicht haben, um mich festzuhalten«, sagte er, und sein Kopf kam grinsend im Halsausschnitt zum Vorschein. »In Wirklichkeit waren es drei; einer hat hinter mir gestanden und mir die Luft abgewürgt.«

»Jamie!«

Er lachte und schüttelte reumütig den Kopf, während er die Bettdecke zurückschlug.

»Ich weiß nicht, was du an dir hast, Sassenach, dass ich ständig für dich angeben will. Eines Tages komme ich noch um bei dem Versuch, dich zu beeindrucken.« Er seufzte und strich sich das Wollhemd vorsichtig über dem Bauch glatt. »Es ist nur Theater, Sassenach; mach dir keine Sorgen.«

»Theater! Guter Gott, Jamie!«

»Hast du noch nie gesehen, wie sich ein fremder Hund einem Rudel anschließt, Sassenach? Die anderen beschnüffeln ihn und zwicken ihn in die Beine, um zu sehen, ob er den Kopf einzieht oder zurückknurrt. Und manchmal gibt es eine Beißerei und manchmal nicht, aber am Ende kennt jeder Hund im Rudel seinen Platz und weiß, wer der Leithund ist. Der Alte Simon will nur sichergehen, dass ich weiß, wer hier der Leithund ist, das ist alles.«