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Nachdem es Lady Frances nicht gelungen war, ihrem Vater klarzumachen, was ihrer Meinung nach geeigneten Gesprächsstoff beim Abendessen abgab, tuschelte sie nun aufgeregt mit ihrer jüngeren Schwester, und beide betrachteten mich noch argwöhnischer als sonst.

Lord Lovat verfolgte meine kleine Demonstration gebannt.

»Aye, ich verstehe«, sagte er. Seine Katzenaugen zogen sich zusammen und richteten sich kalkulierend auf meine Finger. »Und was kann man dagegen tun, wenn Ihr schon so viel darüber wisst?«

Stirnrunzelnd durchforstete ich mein Gedächtnis. Ich hatte noch nie einen Fall von Prostatitis zu Gesicht bekommen, geschweige denn behandelt, da es ein Krankheitsbild war, das bei jüngeren Soldaten kaum vorkam. Dennoch hatte ich Lehrbuchtexte gelesen, in denen es beschrieben wurde; ich erinnerte mich an die Behandlung, weil sie große Heiterkeit bei den Lernschwestern ausgelöst hatte, die die ausführlichen Illustrationen im Text ebenso fasziniert wie entsetzt studiert hatten.

»Nun«, sagte ich, »abgesehen von einer Operation gibt es eigentlich nur zwei Dinge, die man tun kann. Man kann eine Metallröhre durch den Penis bis zur Blase führen, um die Harnröhre offen zu halten«, ich stieß mit dem Zeigefinger durch den beengenden Ring, »oder man kann die Prostata massieren, um die Schwellung zu lindern. Durch das Rektum«, fügte ich hilfsbereit hinzu.

Neben mir hörte ich ein leises Würgen und blickte zu Jamie auf. Er hielt den Blick nach wie vor fest auf den Teller geheftet, doch die rote Flut stieg aus seinem Kragen auf, und seine Ohrenspitzen glühten. Er erschauerte sacht. Ich ließ den Blick über die Tafel schweifen und sah, dass sich eine Phalanx faszinierter Augen auf mich heftete. Lady Frances, Aline und die anderen Frauen starrten mich mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken von Neugier bis hin zum Ekel an, während sämtliche Männer Mienen angewiderten Grauens trugen.

Die Ausnahme von der allgemeinen Reaktion war Lord Lovat selbst, der sich mit halb geschlossenen Augen nachdenklich das Kinn rieb.

»Mmpfm«, sagte er. »Ein schönes Dilemma. Ein Stock im Schwanz oder ein Finger im Hintern, wie?«

»Wohl eher zwei oder drei«, sagte ich und lächelte ihn gekünstelt an. »Und das nicht nur einmal.«

»Ah.« Ein ganz ähnliches kleines Lächeln zierte auch Lord Lovats Mund, und er hob langsam den Blick, um seine tiefblauen Augen mit einer Mischung aus Spott und Herausforderung auf mich zu richten.

»Das klingt … amüsant«, stellte er gelassen fest. Seine Schlitzaugen senkten sich abschätzend auf meine Hände.

»Ihr habt so schöne Hände, Teuerste«, sagte er. »So gepflegt, und so schlanke lange weiße Finger, aye?«

Jamie ließ seinerseits die Hände mit einem Knall auf den Tisch sausen und stand auf. Er beugte sich vor und hielt das Gesicht dicht vor das seines Großvaters.

»Wenn du solcher Zuwendungen bedarfst, Großvater«, sagte er, »kümmere ich mich persönlich darum.« Er spreizte die breiten, massigen Hände auf dem Tisch, deren Finger in etwa den Durchmesser von Pistolenläufen hatten. »Es wird mir bestimmt kein Vergnügen sein, dir die Finger in den haarigen alten Arsch zu stecken«, teilte er seinem Großvater mit, »aber es ist wohl meine Sohnespflicht zu verhindern, dass du in einem Regen aus Pisse explodierst, wie?«

Frances stieß einen leisen Quietschlaut aus.

Lord Lovat betrachtete seinen Enkelsohn mit beträchtlicher Abneigung, dann erhob er sich langsam von seinem Stuhl.

»Spar dir die Mühe«, sagte er knapp. »Das kann eine der Mägde machen.« Er winkte der Tafelgesellschaft zu, um zu signalisieren, dass wir mit unserer Mahlzeit fortfahren sollten, und verließ den Saal, nicht ohne den Blick spekulativ auf ein junges Serviermädchen zu richten, das gerade mit einem Fasanenbraten hereinkam. Mit großen Augen drehte sie sich seitwärts, um sich an ihm vorbeizuschieben.

Nach dem Abgang Seiner Lordschaft lag Totenstille über dem Essenstisch. Simon junior sah mich an und öffnete den Mund. Dann fiel sein Blick auf Jamie, und er schloss ihn wieder. Er räusperte sich.

»Könnte ich bitte das Salz haben?«, sagte er.

»… und infolge der bedauerlichen Erkrankung, die mich daran hindert, Eurer Hoheit persönlich meine Aufwartung zu machen, sende ich Euch durch die Hand meines Sohnes ein Zeichen meiner Loyalität – nein, schreibt lieber ›Achtung‹ –, ein Zeichen der Achtung, die ich für Seine Majestät und Eure Hoheit hege.« Lord Lovat hielt inne und blickte stirnrunzelnd zur Zimmerdecke.

»Was schicken wir ihm, Gideon?«, fragte er den Sekretär. »Etwas, das kostbar aussieht, aber nicht so sehr, dass ich nicht später sagen kann, es war nur ein triviales Geschenk ohne große Bedeutung.«

Gideon seufzte und wischte sich mit einem Taschentuch über das Gesicht. Er war ein kräftiger Mann in den mittleren Jahren mit schütterem Haar und runden roten Wangen, dem im Moment anscheinend die Hitze des Schlafzimmers sehr zu schaffen machte.

»Den Ring, den Eure Lordschaft vom Grafen von Mar hat?«, schlug er ohne große Hoffnung vor. Ein Schweißtropfen fiel von seinem Doppelkinn auf den Brief, den er gerade zu Papier brachte, und er tupfte ihn verstohlen mit dem Ärmel fort.

»Nicht kostbar genug«, urteilte Seine Lordschaft, »und zu viele politische Assoziationen.« Er tippte nachdenklich mit den fleckigen Fingern auf die Bettdecke.

Der Alte Simon hatte sich selbst übertroffen, dachte ich. Er trug sein bestes Nachthemd und saß mit einem beeindruckenden Sammelsurium von Arzneien mit den Kissen im Rücken im Bett, umsorgt von seinem Leibarzt, Dr. Menzies, einem schmächtigen, blinzelnden Mann, der mich immer wieder mit großer Skepsis beäugte. Ich vermutete, dass der Alte einfach kein Vertrauen in Simons Vorstellungskraft besaß und daher diese sorgfältige Inszenierung veranlasst hatte, damit sein Erbe in der Lage war, wahrheitsgemäß über Lord Lovats jämmerlichen Zustand zu berichten, wenn er sich Charles Stuart vorstellte.

»Ha«, sagte Seine Lordschaft im Tonfall der Genugtuung. »Wir schicken ihm das Picknickbesteck aus Gold und Silber. Das ist wertvoll, aber zu frivol, als dass man politische Unterstützung daraus ablesen könnte. Außerdem«, fügte er pragmatisch hinzu, »hat der Löffel eine Delle. Also schön«, sagte er zu dem Sekretär, »fahren wir also fort mit: ›Wie Eurer Hoheit bekannt ist …‹«

Ich wechselte einen Blick mit Jamie, der als Erwiderung heimlich lächelte.

»Ich glaube, du hast ihm genau das gegeben, was er braucht, Sassenach«, hatte er zu mir gesagt, als wir uns neulich nach unserem ereignisreichen Abendessen entkleidet hatten.

»Und zwar?«, hatte ich gefragt. »Eine Ausrede, um die Dienstmädchen zu behelligen?«

»Ich glaube nicht, dass er Ausreden dafür nötig hält«, war Jamies ironische Antwort gewesen. »Nein, du hast ihm eine Möglichkeit eröffnet, sich auf beiden Seiten zu bewegen – wie immer. Wenn er eine Erkrankung mit einem klangvollen Namen hat, die ihn ans Bett fesselt, kann ihm niemand Vorwürfe machen, wenn er nicht persönlich mit den Männern erscheint, die er versprochen hat. Gleichzeitig werden die Stuarts ihm zugutehalten, dass er sein Versprechen gehalten hat, wenn er seinen Erben in den Kampf schickt. Und wenn die Sache schiefgeht, wird der Alte Fuchs gegenüber den Engländern behaupten, dass er nicht vorhatte, die Stuarts zu unterstützen, dass sein Sohn aber aus eigenem Antrieb gegangen ist.«

»Buchstabiert doch bitte ›Prostatitis‹ für Gideon, ja, Liebe?«, rief mir Lord Lovat zu und unterbrach mich in meinen Gedankengängen. »Und schreib ja sorgfältig mit, Trottel«, sagte er zu seinem Sekretär, »ich will nicht, dass Seine Hoheit etwas Falsches liest.«

»P-r-o-s-t-a-t-i-t-i-s«, buchstabierte ich langsam für Gideon. »Und wie geht es Euch heute Morgen?«, fragte ich und trat zu Seiner Lordschaft ans Bett.

»Viel besser, danke«, sagte der Alte und grinste mit seinem neuen Gebiss zu mir auf. »Möchtet Ihr mich pissen sehen?«

»Im Moment nicht, danke«, sagte ich höflich.