»Nun denn«, sagte er mit der ganzen Bestimmtheit, zu der ein Mann imstande war, der sich anhörte wie Mickey Mouse. »Lasst mich beginnen, Mrs. Fraser – ich darf Euch doch so nennen? Danke. Lasst mich beginnen, indem ich sage, dass ich bereits einiges über Euch weiß. Ich beabsichtige, noch mehr herauszufinden. Ihr wärt gut beraten, mir vollständig und unverzüglich zu antworten. Ich muss sagen, Mrs. Fraser, dass Ihr erstaunlich schwer umzubringen seid«, er verneigte sich leicht in meine Richtung, das Lächeln nach wie vor auf den Lippen, »doch ich bin mir sicher, dass es mit ausreichender Entschlossenheit zu bewerkstelligen wäre.«
Ich starrte ihn reglos an; nicht aus angeborener Kaltblütigkeit heraus, sondern aus schierer Verblüffung. Indem ich mich einer weiteren von Louises Angewohnheiten bediente, zog ich beide Augenbrauen fragend hoch und nippte an meinem Tee, dann betupfte ich mir geziert die Lippen mit der bereitliegenden, mit einem Monogramm bestickten Serviette.
»Ich fürchte, Ihr werdet mich für begriffsstutzig halten, Durchlaucht«, sagte ich höflich, »aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Ihr redet.«
»Ist das so, Teuerste?«
In seinen fröhlichen blauen Äuglein regte sich nichts. Er griff nach der Silberglocke auf dem Tablett und klingelte.
Der Mann musste im Nebenzimmer auf das Signal gewartet haben, denn die Tür öffnete sich unverzüglich. Ein hochgewachsener, hagerer Mann in der dunklen Kleidung und dem guten Leinen eines höheren Bediensteten trat an die Seite des Herzogs und verneigte sich tief.
»Eure Durchlaucht?« Er sprach zwar englisch, doch der französische Akzent war nicht zu überhören. Auch sein Gesicht war französisch, langnasig und weiß mit schmalen, angespannten Lippen und Ohren, die an beiden Seiten seines Kopfes wie kleine Flügel abstanden und an den Oberkanten feuerrot waren. Sein hageres Gesicht wurde noch blasser, als er dann den Kopf hob und mich erspähte, und er trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
Sandringham beobachtete dies mit einem gereizten Stirnrunzeln, dann richtete er seinen Blick auf mich.
»Ihr erkennt ihn nicht?«, fragte er.
Ich war schon im Begriff, den Kopf zu schütteln, als die rechte Hand des Mannes plötzlich auf dem Tuch seiner Hose zuckte. So unauffällig wie möglich formte er das Hörnerzeichen, indem er die mittleren Finger nach innen klappte und mit dem kleinen und dem Zeigefinger in meine Richtung wies. Da wusste ich Bescheid, und im nächsten Moment bekam ich auch die Bestätigung – den kleinen Schönheitsfleck an seiner Daumengabelung.
Ich hatte nicht den geringsten Zweifel; es war der Mann mit dem getupften Hemd, der mich und Mary in Paris überfallen hatte. Und er stand mehr als offensichtlich in den Diensten des Herzogs.
»Ihr verdammter Schuft!«, sagte ich. Ich sprang auf und stieß das Teetischchen um, dann ergriff ich den nächstbesten Gegenstand, ein Tabakgefäß aus Alabaster. Ich schleuderte es nach dem Kopf des Mannes, der sich umdrehte und schleunigst die Flucht ergriff, so dass ihn der schwere Behälter um einige Zentimeter verfehlte und gegen den Türrahmen krachte.
Die Tür knallte zu, als ich ihm nachsetzte, und ich erstarrte keuchend. Ich stützte die Hände auf die Hüften und funkelte Sandringham an.
»Wer ist das?«, wollte ich wissen.
»Mein Kammerdiener«, sagte der Herzog ruhig. »Albert Danton ist sein Name. Kann gut mit Halstüchern und Strümpfen umgehen, ist aber leicht erregbar, wie so viele von diesen Franzosen. Außerdem unglaublich abergläubisch.« Er warf einen missbilligenden Blick auf die geschlossene Tür. »Verdammte Papisten mit ihren Heiligen und ihren Gerüchen und so. Sie glauben wirklich alles.«
Meine Atmung verlangsamte sich wieder, obwohl mein Herz noch immer gegen das Walbein meines Mieders hämmerte. Es gelang mir kaum, tief durchzuatmen.
»Ihr widerlicher, abscheulicher, perverser … Dreckskerl!«
Das schien den Herzog zu langweilen, und er nickte achselzuckend.
»Jaja, Teuerste. All das, gewiss, und mehr. Und ein Pechvogel, zumindest bei dieser Gelegenheit.«
»Pech? So nennt Ihr das?« Unsicher trat ich wieder auf das Sofa zu und setzte mich. Meine Hände zitterten nervös; ich verschränkte sie und versteckte sie in meinen Rockfalten.
»Sogar in mehrfacher Hinsicht, meine Liebe. Überlegt doch einmal.« Einladend spreizte er beide Hände. »Ich schicke Danton los, um Euch zu beseitigen. Er und seine Kumpane beschließen, sich erst ein wenig zu amüsieren; schön und gut, aber dabei werfen sie einen genaueren Blick auf Euch, kommen unerklärlicherweise zu dem Schluss, dass Ihr eine Art Hexe seid, verlieren völlig den Kopf und rennen davon – jedoch nicht, ohne zuvor meine Patentochter zu entehren, die zufällig zugegen ist, und damit jede Chance auf die exzellente Ehe zu ruinieren, die ich mühsam für sie arrangiert habe. Bedenkt doch nur die Ironie!«
Ein Schreck jagte jetzt den anderen, und ich wusste kaum noch, auf welchen ich zuerst reagieren sollte. Eine Formulierung in seiner Schilderung fiel mir allerdings besonders auf.
»Was meint Ihr mit ›mich zu beseitigen‹?«, wollte ich wissen. »Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr tatsächlich versucht habt, mich umbringen zu lassen?« Das Zimmer schien ein wenig zu wanken, und ich trank einen großen Schluck Tee, da kein anderes Stärkungsmittel greifbar schien. Er war nicht besonders wirksam.
»Nun – ja«, sagte Sandringham freundlich. »Darauf wollte ich eigentlich hinaus. Sagt mir, meine Liebe, hättet Ihr gern ein Glas Sherry?«
Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Hatte er nicht gerade gesagt, er hätte versucht, mich umbringen zu lassen? Und jetzt erwartete er, dass ich ein Glas Sherry von ihm entgegennahm?
»Brandy«, sagte ich. »In rauhen Mengen.«
Wieder erscholl sein schrilles Kichern, und er begab sich zur Anrichte, während er feststellte: »Hauptmann Randall sagte bereits, dass Ihr eine äußerst unterhaltsame Person seid. Ein ziemliches Kompliment aus seinem Mund, wisst Ihr? Eigentlich hat er nicht viel für Frauen übrig, obwohl sie für ihn schwärmen. Sein Aussehen, vermute ich; sein Verhalten kann es nicht sein.«
»Dann arbeitet Jack Randall also für Euch«, sagte ich und nahm das Glas, das er mir reichte. Ich hatte ihm dabei zugesehen, wie er zwei Gläser einschenkte, und war mir sicher, dass sie beide nichts als Brandy enthielten. Ich trank einen großen, dringend nötigen Schluck.
Der Herzog tat es mir gleich und blinzelte, als ihn die durchdringende Wirkung der Flüssigkeit traf.
»Natürlich«, sagte er. »Das gefährlichste Werkzeug ist oft das beste. Man zögert deshalb nicht, es zu benutzen, man achtet nur darauf, angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.«
»Gefährlich, wie? Wie viel wisst Ihr denn über Jonathan Randall?«, fragte ich neugierig.
Der Herzog kicherte. »Oh, so gut wie alles, glaube ich, meine Liebe. Auf jeden Fall vermutlich eine ganze Menge mehr als Ihr. Man kann einen solchen Mann schließlich nicht beschäftigen, ohne ein Mittel zu seiner Kontrolle zu haben. Und Geld ist zwar ein guter Zaum, aber ein schlechter Zügel.«
»Im Gegensatz zu Erpressung?«, sagte ich trocken.
Er lehnte sich zurück, die Hände auf dem vorquellenden Bauch verschränkt, und betrachtete mich mit offener Neugier.
»Ah. Ihr denkt vermutlich, Erpressung funktioniert in beide Richtungen?« Er schüttelte den Kopf und löste damit einige Krumen Schnupftabak, die ihm über die seidene Weste glitten.
»Nein, meine Liebe. Erstens sind wir unterschiedlich gestellt. Ein solches Gerücht könnte zwar die Art beeinflussen, wie man mich in gewissen gesellschaftlichen Kreisen empfängt, doch das bereitet mir keine großen Sorgen. Während es für den guten Hauptmann … nun, die Armee hat recht beschränkte Ansichten, was derart unnatürliche Vorlieben betrifft. Die Strafe ist oft sogar der Tod. Nein, das ist wirklich kein Vergleich.« Er legte den Kopf zur Seite, soweit es sein Mehrfachkinn zuließ.