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Sie senkte errötend den Blick und zupfte an der Bettdecke.

»Der H-Herzog ist mein Taufpate, weißt du?«

»Ja, das ist mir bereits zu Ohren gekommen«, sagte ich. »Irgendwie bezweifle ich aber, dass er nur auf deine angenehme Gesellschaft erpicht war.«

Sie lächelte ein wenig über diese Bemerkung. »N-Nein. Aber er – der Herzog, meine ich –, er glaubt, dass er einen anderen M-M-Mann für mich gefunden hat.« Es kostete sie solche Mühe, das Wort »Mann« herauszubringen, dass sie ganz rot wurde. »Papa hat mich hergebracht, um ihn kennenzulernen.«

Ihrem Verhalten entnahm ich, dass dies keine Neuigkeit war, zu der man sie sofort beglückwünschen sollte. »Kennst du den Mann denn?«

Nur dem Namen nach, wie sich herausstellte. Ein Mr. Isaacson, ein Importeur aus London. Da er zu beschäftigt war, um bis nach Edinburgh zu reisen, um seine Zukünftige kennenzulernen, hatte er sich einverstanden erklärt, nach Bellhurst zu kommen, wo die Hochzeit stattfinden würde, wenn sich alle Beteiligten einig wurden.

Ich nahm die silberne Haarbürste vom Nachttisch und begann zerstreut, mir das Haar zu ordnen. Nachdem es ihm nicht gelungen war, eine Allianz mit dem französischen Adel herzustellen, hatte der Herzog nun also vor, seine Patentochter an einen reichen Juden zu verkaufen.

»Ich habe eine neue Aussteuer«, sagte Mary und versuchte zu lächeln. »Dreiundvierzig bestickte Unterröcke – zwei mit Goldfäden.« Sie brach ab und starrte mit zusammengepressten Lippen blicklos auf ihre nackte linke Hand hinunter. Ich legte meine Hand darauf.

»Nun«, versuchte ich, sie aufzumuntern. »Vielleicht ist er ja ein gütiger Mensch.«

»Genau davor habe ich Angst.« Sie wich meinem fragenden Blick aus und verdrehte die Hände auf dem Schoß.

»Sie haben Mr. Isaacson nichts … von Paris erzählt. Und sie sagen, ich darf es auch nicht tun.« Ihr Gesicht verzog sich bitterlich. »Sie haben eine furchtbare alte Frau geholt, die mir gesagt hat, wie ich mich in der H-H-Hochzeitsnacht verhalten muss, um … um so zu tun, als wäre es das erste Mal, aber ich … Oh, Claire, wie kann ich so etwas tun?«, jammerte sie. »Und Alex … ich habe ihm nichts erzählt; ich konnte es nicht! Ich war so ein Feigling, ich habe ihm nicht einmal Lebewohl gesagt!«

Sie warf sich in meine Arme, und ich klopfte ihr auf den Rücken und vergaß ein wenig von meinem eigenen Schmerz, während ich versuchte, sie zu trösten. Schließlich wurde sie ruhiger und richtete sich schluchzend zum Sitzen auf, um etwas Wasser zu trinken.

»Und wirst du es tun?«, fragte ich. Sie blickte mit zusammengeklebten, feuchten Wimpern zu mir auf.

»Ich habe doch keine andere Wahl«, sagte sie schlicht.

»Aber –«, begann ich, dann hielt ich hilflos inne.

Sie hatte vollkommen recht. Als junger Frau ohne Einkommen und ohne Mann, der ihr zu Hilfe eilen konnte, blieb ihr einfach nichts anderes übrig, als den Wünschen ihres Vaters und ihres Paten nachzukommen und den unbekannten Mr. Isaacson aus London zu heiraten.

Unsere Herzen waren so schwer, dass keine von uns Appetit auf das Essen vom Tablett hatte. Wir krochen unter die Bettdecke, um uns warm zu halten, und Mary, die von ihren Gefühlen erschöpft war, schlief innerhalb von Minuten tief und fest. Ich war zwar nicht weniger erschöpft, konnte aber nicht schlafen, denn ich trauerte um Hugh, sorgte mich um Jamie und war voller Fragen über den Herzog.

Die Laken waren kalt, und meine Füße fühlten sich wie Eisklötze an. Um die verstörendsten Gedanken zu verdrängen, konzentrierte ich mich auf Sandringham. Welche Rolle spielte er bei alldem?

Es hatte ganz den Anschein, als wäre der Mann Jakobit. Er war seinen eigenen Worten nach bereit gewesen zu morden – oder zumindest jemanden dafür zu bezahlen –, um dafür zu sorgen, dass Charles die finanzielle Unterstützung bekam, die er für seine Expedition nach Schottland brauchte. Und die Existenz der musikalischen Chiffre ließ kaum Zweifel daran, dass es der Herzog war, der Charles schließlich im August mit seinem Hilfsversprechen bewogen hatte, die Segel zu setzen.

Gewiss gab es Männer, die sich alle Mühe gaben, ihre jakobitischen Sympathien geheim zu halten; angesichts der Strafe, die auf Hochverrat stand, war das kaum verwunderlich. Und der Herzog hatte einiges mehr zu verlieren als manch andere, wenn er eine Sache unterstützte, die scheiterte.

Dennoch machte Sandringham auf mich kaum den Eindruck, dass er ein begeisterter Anhänger der Stuart-Monarchie war. Seine Bemerkungen über Danton ließen nicht darauf schließen, dass er Sympathien für einen katholischen Regenten hegen würde. Und warum so lange mit der Unterstützung warten, wenn Charles doch jetzt verzweifelt Geld benötigte – etwas, woran sich seit seinem Eintreffen in Schottland nichts geändert hatte.

Ich konnte mir genau zwei Gründe für das Verhalten des Herzogs vorstellen, die ihm zwar beide nicht besonders zur Ehre gereichten, jedoch durchaus zu seinem Charakter passten. Es war möglich, dass er tatsächlich Jakobit war und bereit, um der Vorteile willen, die ihn als Hauptunterstützer der wiedereingesetzten Stuart-Monarchie künftig erwarteten, einen ungenießbaren katholischen König zu ertragen. Vorstellen konnte ich mir das; das Wort »Prinzip« kam im Vokabular des Mannes schließlich nicht vor, wohingegen »Eigeninteresse« ein Begriff war, der ihm eindeutig bestens vertraut war. Denkbar, dass er warten wollte, bis Charles England erreichte, damit das Geld nicht schon vor dem letzten, entscheidenden Vorstoß der Highland-Armee auf London verschwendet wurde. Jeder, der Charles Stuart kannte, konnte sehen, dass es nur vernünftig war, ihm nicht zu viel Geld auf einmal anzuvertrauen.

Oder vielleicht hatte er sich auch vergewissern wollen, dass die Stuarts tatsächlich über nennenswerten Rückhalt verfügten, ehe er sich selbst finanziell engagierte; schließlich ist es ja nicht das Gleiche, ob man einen Beitrag zu einer Rebellion leistet oder eine ganze Armee allein finanziert.

Allerdings konnte ich mir auch einen viel zwielichtigeren Grund für die Bedingungen vorstellen, die der Herzog an sein Angebot knüpfte. Indem er seine Unterstützung davon abhängig machte, dass die jakobitische Armee englischen Boden erreichte, sorgte er dafür, dass Charles gegen den wachsenden Widerstand seiner eigenen Anführer ankämpfte und seine zögernde, unorganisierte Armee immer weiter nach Süden schleifte, fort von den schützenden Bergen, in denen sie Zuflucht finden konnte.

Wenn der Herzog von den Stuarts Vorteile erwarten konnte, so er ihnen bei der Wiedergewinnung ihres Throns half, was konnte er dann erst vom Hause Hannover erwarten, wenn er mithalf, Charles Stuart in englische Reichweite zu locken – und ihn und seine Anhänger an die königstreue Armee verriet?

Die Geschichtsschreibung hatte nicht sagen können, was die wahren Absichten des Herzogs gewesen waren. Das kam mir seltsam vor; gewiss würde er sie doch früher oder später preisgeben müssen. Natürlich, so dachte ich, war es dem Alten Fuchs, Lord Lovat, beim letzten Jakobitenaufstand ebenfalls gelungen, ein doppeltes Spiel zu spielen und sich gleichzeitig bei den Welfen anzubiedern, ohne die Gunst der Stuarts zu verlieren. Und auch Jamie hatte es eine Weile so gemacht. Vielleicht war es gar nicht so schwer, im beständig wankenden politischen Morast der Königshäuser seine wahre Loyalität für sich zu behalten.

Die Kälte kroch mir an den Füßen hinauf, und ich bewegte unablässig die Beine, bis sich meine Haut taub anfühlte, weil ich die Unterschenkel aneinanderrieb. Anscheinend erzeugten Beine deutlich weniger Reibung als trockene Stöckchen, denn es resultierte keine wahrnehmbare Wärme aus dieser Tätigkeit.

Während ich schlaflos, ruhelos und frierend dalag, bemerkte ich plötzlich ein leises, rhythmisches Knacken neben mir. Ich wandte den Kopf, um zu lauschen, dann richtete ich mich auf einen Ellbogen auf und warf einen ungläubigen Blick auf meine Gefährtin. Sie lag zusammengerollt auf der Seite, die zarte Haut im Schlaf errötet, so dass sie aussah wie eine exotische Blume in voller Blüte … die den Daumen fest in den rötlichen Tiefen ihres Mundes stecken hatte. Ihre Unterlippe bewegte sich in einer kaum merklichen Saugbewegung.