»Du etwa nicht?«
»Nein!« Das stimmte; ich hatte viel zu viel Angst davor gehabt, mir die Möglichkeit einzugestehen, dass das, worauf ich so lange gehofft und wofür ich so lange gebetet hatte, nun so grauenvoll zu spät kam.
»Außerdem«, fuhr ich fort und versuchte, es immer noch zu leugnen, »heißt das noch gar nichts. Es könnte auch vom Hunger kommen, das kommt häufig vor.«
Er zog die Augenbraue hoch und legte mir die breite Hand sanft unter eine Brust.
»Aye, du bist durchaus dünn, doch trotzdem sind deine Brüste voll, und deine Brustwarzen haben die Farbe von Champagnertrauben. Du vergisst«, sagte er, »dass ich dich nicht zum ersten Mal so sehe. Ich habe keinen Zweifel – genauso wenig wie du.«
Ich versuchte, die Wellen der Übelkeit niederzukämpfen – die sich so leicht auf die Angst und den Hunger schieben ließen –, doch ich spürte das kleine Gewicht, das plötzlich in meinem Schoß brannte. Ich biss mir fest auf die Unterlippe, doch die Übelkeit spülte über mich hinweg.
Jamie ließ meine Hände los und stellte sich vor mich, die Hände an den Seiten, ein deutlicher Umriss vor dem verblassenden Himmel.
»Claire«, sagte er leise. »Ich werde morgen sterben. Dieses Kind … ist alles, was von mir bleiben wird – für alle Zeit. Ich bitte dich, Claire … ich flehe dich an … rette es.«
Ich stand still, und es verschwamm mir vor den Augen, und in diesem Moment hörte ich mein Herz brechen. Es war ein leises, klares Geräusch wie der zerbrechende Stiel einer Blume.
Schließlich beugte ich den Kopf zu ihm hin, und der Wind klagte in meinen Ohren.
»Ja«, flüsterte ich. »Ja, ich gehe.«
Es war fast dunkel. Er trat hinter mich und hielt mich fest, während ich mich an ihn lehnte und er mir über die Schulter hinwegblickte, über das Tal hinaus. Die ersten Wachfeuer leuchteten jetzt auf, kleine leuchtende Punkte in der Ferne. Wir schwiegen lange, und der Abend nahm zu. Auf dem Hügel war es still; ich konnte nichts hören außer Jamies regelmäßigem Atem, ein jeder Atemzug ein kostbares Geräusch.
»Ich werde dich finden«, flüsterte er in mein Ohr. »Ich verspreche es dir. Wenn ich zweihundert Jahre im Fegefeuer erdulden muss, zweihundert Jahre ohne dich – dann ist das meine Strafe, die ich für meine Verbrechen verdiene. Denn ich habe gelogen, gemordet und gestohlen; ich habe andere verraten und ihr Vertrauen gebrochen. Doch eines gibt es, das ich in die Waagschale legen kann. Wenn ich vor Gott hintrete, werde ich eines sagen können, das den Rest aufwiegt.«
Seine Stimme senkte sich beinahe zu einem Flüstern, und seine Arme schlossen sich fester um mich.
»Herr, du hast mir eine Frau gegeben wie keine andere, und Gott! Ich habe sie von Herzen geliebt.«
Er machte es langsam und vorsichtig, genau wie ich. Wir mussten jede Berührung, jeden Augenblick auskosten, uns ins Gedächtnis prägen – ihn hüten wie einen Talisman gegen eine Zukunft, in der es ihn nicht gab.
Ich berührte jede sanfte Mulde, die verborgenen Stellen seines Körpers. Spürte die Anmut genau wie die Kraft eines jeden geschwungenen Knochens, das Wunder seiner festen Muskeln, die sich schlank und elastisch über seine Schultern spannten, glatt und fest an seinem Rücken entlang, hart wie altes Eichenholz in den Säulen seiner Oberschenkel.
Schmeckte den salzigen Schweiß in der Vertiefung an seinem Hals, roch den warmen Moschus der Haare zwischen seinen Beinen, die Süße seines sanften, breiten Mundes, der schwach nach Äpfeln und dem bitteren Aroma der Wacholderbeeren schmeckte.
»Du bist so wunderschön, mein Herz«, flüsterte er mir zu und berührte die schlüpfrige Stelle zwischen meinen Beinen, die zarte Haut an der Innenseite meiner Oberschenkel.
Sein Kopf war nicht mehr als ein dunkler Umriss über der weißen Kontur meiner Brüste. Die Löcher im Dach ließen nur einen Hauch vom Licht des bedeckten Himmels ein; und leiser Frühlingsdonner hallte unablässig in den Hügeln jenseits unserer brüchigen Mauern wider. Er war hart in meiner Hand, so steif vor Begierde, dass er bei meiner Berührung beinahe schmerzvoll aufstöhnte.
Als er nicht mehr warten konnte, nahm er mich, ein Messer und seine Scheide, und wir bewegten uns gemeinsam, fest, pressten und begehrten, bedurften so drängend dieses Augenblicks der äußersten Verbindung, und fürchteten uns doch davor, ihn zu erreichen, weil wir wussten, dass dahinter die ewige Trennung lag.
Wieder und wieder holte er mich auf den Gipfel der Empfindungen, hielt sich selbst zurück, hielt inne, keuchte und erschauerte auf der Schwelle. Bis ich schließlich sein Gesicht berührte, meine Finger in sein Haar schlang, ihn fest an mich presste und mich drängend, zwingend unter ihm aufbäumte.
»Jetzt«, sagte ich leise zu ihm. »Jetzt. Komm mit mir, komm zu mir, jetzt. Jetzt!«
Er ergab sich mir und ich mich ihm, und die Verzweiflung steigerte die Leidenschaft, so dass das Echo unserer Schreie nur langsam zu ersterben schien und in der Dunkelheit der kalten Steinhütte widerhallte.
Reglos aneinandergepresst lagen wir da, das Gewicht seines Körpers ein Segen, Schutzschild und Beruhigung. Ein Körper, der so robust war, so voller Hitze und Leben; wie konnte es möglich sein, dass er in wenigen Stunden aufhören würde zu existieren.
»Hör zu«, sagte er schließlich leise. »Hörst du es?«
Zuerst hörte ich gar nichts außer dem Rauschen des Windes und dem Regen, der durch die Löcher im Dach tropfte. Dann hörte ich es, den rhythmischen, langsamen Schlag seines Herzens, der an mir pulsierte, und der meine an ihm, aufeinander eingestimmt, der Rhythmus des Lebens. Das Blut strömte durch ihn hindurch, über unsere zerbrechliche Verbindung auch durch mich und wieder zurück.
So lagen wir da, warm unter unserer improvisierten Decke aus Plaid und Umhang, auf einem Bett aus unseren Kleidern, ineinander verschlungen. Dann schließlich befreite er sich, um mich von sich abzuwenden und die Hand auf meinen Bauch zu legen, sein Atem warm in meinem Nacken.
»Nun schlaf ein wenig, a nighean donn«, flüsterte er. »Ich möchte noch einmal so schlafen – mit dir im Arm und dem Kind.«
Ich hatte gedacht, ich könnte nicht schlafen, doch der Sog der Erschöpfung war zu stark, und ich glitt beinahe unmerklich unter die Oberfläche. Kurz vor dem Morgengrauen erwachte ich; immer noch in Jamies Armen, lag ich da und sah zu, wie aus der Nacht unmerklich der Tag heranblühte. Vergeblich wünschte ich mir den freundlichen Schutz der Dunkelheit zurück.
Ich drehte mich auf die Seite, um ihn zu beobachten, um zu sehen, wie das Licht die kühnen Konturen seines Gesichts berührte, unschuldig im Schlaf, um zu sehen, wie die aufgehende Sonne sein Haar in Flammen setzte – zum letzten Mal.
Eine Woge der Qual brach über mich herein, so heftig, dass ich ein Geräusch gemacht haben muss, denn er öffnete die Augen. Er lächelte, als er mich sah, und er blickte mir suchend ins Gesicht. Ich wusste, dass er sich meine Züge einprägte so wie ich mir die seinen.
»Jamie«, sagte ich. Meine Stimme war heiser vom Schlaf und den Tränen, die ich hinuntergeschluckt hatte. »Jamie, ich möchte dein Zeichen tragen.«
»Was?«, sagte er verblüfft.
Der kleine Sgian Dhu, den er im Strumpf trug, lag in Reichweite, sein Hirschhorngriff dunkel auf dem Kleiderberg. Ich griff danach und reichte ihn ihm.
»Schneide mich«, sagte ich drängend. »Tief genug, um eine Narbe zu hinterlassen. Ich möchte deine Berührung mit mir nehmen, etwas von dir haben, das immer bei mir ist. Es ist mir gleichgültig, wenn es schmerzt; nichts könnte schmerzhafter sein, als dich zu verlassen. Wenigstens kann ich dich dann spüren, wenn ich es berühre, wo immer ich bin.«
Seine Hand lag über der meinen auf dem Griff des Messers. Im nächsten Moment drückte er sie und nickte. Er zögerte kurz, die rasiermesserscharfe Klinge in der Hand, und ich hielt ihm meine Rechte hin. Unter unseren Decken war es warm, doch sein Atem stieg in kleinen, deutlichen Wölkchen in der kalten Luft des Zimmers auf.