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Roger beugte sich vor. »Jakobiten?«, sagte er. »Diese Periode gehört zwar nicht zu meinen Spezialgebieten, aber ich weiß schon ein wenig – es lässt sich ja kaum vermeiden, wenn man so nah an Culloden lebt. Dort hat die letzte Schlacht stattgefunden«, sagte er, an Brianna gewandt. »Wo Charlies Armee auf den Herzog von Cumberland getroffen ist und zum Dank für ihre Mühen abgeschlachtet wurde.«

»Richtig«, sagte Claire. »Und genau darum geht es bei dem, was ich herausfinden möchte.« Sie griff in ihre Handtasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus.

Roger öffnete es und überflog den Inhalt. Es war eine Liste von Namen – vielleicht dreißig, allesamt Männer. Am Kopf der Seite stand die Überschrift JAKOBITENAUFSTAND 1745 – CULLODEN.

»Oh, der Fünfundvierziger Aufstand?«, sagte Roger. »Diese Männer haben also in Culloden gekämpft?«

»Ja«, erwiderte Claire. »Was ich herausfinden will, ist – wie viele von den Männern auf dieser Liste haben diese Schlacht überlebt?«

Roger rieb sich das Kinn, während er die Liste betrachtete. »Das ist zwar eine einfache Frage«, sagte er, »aber die Antwort ist möglicherweise schwer zu finden. Es sind so viele Highlander aus Prinz Charlies Gefolge auf dem Feld von Culloden umgekommen, dass man sie nicht einzeln begraben hat. Man hat sie in Massengräber gelegt, die nur mit einzelnen Steinen gekennzeichnet sind, auf denen der Name des Clans steht.«

»Ich weiß«, sagte Claire. »Brianna ist noch nicht dort gewesen, ich aber schon – vor langer Zeit.« Er glaubte, einen flüchtigen Schatten in ihren Augen zu sehen, den sie jedoch hastig vertuschte, indem sie in ihre Handtasche griff. Kein Wunder, wenn es so war, dachte er. Culloden war ein Ort, der niemanden kaltließ; auch ihm trieb es die Tränen in die Augen, über dieses Moor hinwegzublicken und an den verzweifelten Mut der Highlandschotten zu denken, die abgeschlachtet unter dem Gras lagen.

Sie faltete noch mehrere andere mit Schreibmaschine beschriebene Blätter auseinander und reichte sie ihm. Ihr langer weißer Finger fuhr am Rand eines Blattes entlang. Sehr schöne Hände, stellte Roger fest, sorgfältig gepflegt, und jede Hand trug einen Ring. Der silberne Ring an ihrer rechten Hand war besonders auffallend; ein breiter jakobitischer Ring im Flechtmuster der Highlands, mit Distelblüten ausgeschmückt.

»Das sind die Namen der Ehefrauen, soweit sie mir bekannt sind. Ich dachte, das hilft vielleicht, denn falls ihre Männer in Culloden umgekommen sind, werden Sie wahrscheinlich herausfinden, dass diese Frauen später wieder geheiratet haben oder emigriert sind. Die Aufzeichnungen darüber stehen doch vermutlich im Pfarrbuch? Sie stammen alle aus derselben Gemeinde; die Kirche war in Broch Mordha – etwas südlich von hier.«

»Das ist eine hilfreiche Idee«, sagte Roger etwas überrascht. »Genau so denken Historiker.«

»Eine Historikerin bin ich wohl kaum«, sagte Claire trocken. »Andererseits schnappt man natürlich das eine oder andere auf, wenn man mit einem Historiker zusammenlebt.«

»Natürlich.« Roger kam ein Gedanke. »Ich bin ein furchtbarer Gastgeber; lassen Sie mich doch etwas zu trinken holen, und dann können Sie mir ein bisschen mehr darüber erzählen. Vielleicht kann ich Ihnen ja selbst dabei behilflich sein?«

Trotz der Unordnung wusste er, wo die Karaffen aufbewahrt wurden, und so waren seine Gäste schnell mit Whisky versorgt. Er hatte Brianna reichlich Wasser ins Glas geschenkt, doch ihm fiel auf, dass sie daran nippte, als enthielte es Ameisenspray, nicht den besten Glenfiddich Single Malt. Claire, die ihren Whisky pur wollte, schien deutlich mehr Genuss daran zu finden.

»Also.« Roger setzte sich wieder und griff nach dem Blatt. »Das Problem ist interessant, was die historische Recherche angeht. Sie sagen, diese Männer kamen aus derselben Gemeinde? Ich vermute, sie gehörten auch zum selben Clan – wie ich sehe, hießen einige von ihnen Fraser.«

Claire nickte, die Hände auf dem Schoß gefaltet. »Sie kamen vom selben Anwesen; einem kleinen Gut namens Broch Tuarach – in der Gegend wurde es Lallybroch genannt. Sie gehörten zum Fraser-Clan, obwohl sie Lord Lovat nie offiziell die Treue geschworen haben. Diese Männer haben sich dem Aufstand schon früh angeschlossen; sie haben in der Schlacht von Prestonpans gekämpft – Lovats Männer sind ja erst kurz vor Culloden dazugestoßen.«

»Tatsächlich? Das ist ja interessant.« Unter den üblichen Umständen des achtzehnten Jahrhunderts wären solche kleinen Pachtbauern dort gestorben, wo sie gelebt hatten. Man hätte sie auf dem dortigen Kirchhof begraben und es ordentlich ins Pfarrbuch eingetragen. Doch Bonnie Prince Charlies Versuch, den britischen Thron zurückzuerobern, hatte 1745 den normalen Lauf der Dinge drastisch durcheinandergebracht.

In der Hungersnot nach der Katastrophe von Culloden waren viele Highlander in die Neue Welt emigriert; andere waren aus den Tälern und Mooren in die Städte gezogen, um dort Nahrung und Arbeit zu finden. Einige wenige waren geblieben und hatten sich standhaft an ihr Land und ihre Traditionen geklammert.

»Das wäre Stoff für einen faszinierenden Artikel«, sagte Roger und dachte laut. »Man verfolgt das Schicksal einer Reihe von Individuen, um zu sehen, was aus ihnen geworden ist. Nicht ganz so interessant, wenn sie tatsächlich alle in Culloden umgekommen sind, aber es ist ja denkbar, dass einige von ihnen fliehen konnten.« Selbst wenn es nicht Claire Randall gewesen wäre, die ihn danach fragte, hätte er das Projekt als willkommene Unterbrechung übernommen.

»Ja, ich glaube, ich kann Ihnen dabei behilflich sein«, sagte er und freute sich über das warme Lächeln, das ihm zuteilwurde.

»Würden Sie das wirklich tun? Das ist ja wunderbar!«, sagte sie.

»Aber gern«, sagte Roger. Er faltete das Blatt zusammen und legte es auf den Tisch. »Ich fange sofort damit an. Aber sagen Sie doch, wie war denn Ihre Anreise?«

Das Gespräch wandte sich allgemeineren Dingen zu, und die Randalls erzählten ihm von ihrem Atlantikflug und der anschließenden Fahrt. Rogers Aufmerksamkeit begann ein wenig zu wandern, als er anfing, die Recherchen für sein Projekt zu planen. Er hatte zwar ein schlechtes Gewissen, denn eigentlich durfte er sich die Zeit gar nicht nehmen. Andererseits war es eine interessante Frage. Und es war ja möglich, dass er das Projekt mit einigen der notwendigen Aufräumarbeiten verbinden konnte; er wusste auswendig, dass in der Garage achtundvierzig Kartons standen, die alle die Aufschrift JAKOBITEN, DIVERSES trugen. Ihm wurde schon bei dem bloßen Gedanken daran schwindelig.

Als er seine Gedanken mit einem Ruck von der Garage löste, stellte er fest, dass sich das Gesprächsthema abrupt geändert hatte.

»Druidinnen?«, fragte Roger benommen. Er warf einen argwöhnischen Blick in sein Glas, um zu überprüfen, ob er auch wirklich Wasser hinzugefügt hatte.

»Sie wussten nichts davon?« Claire schien ein wenig enttäuscht zu sein. »Ihr Vater – der Reverend –, er wusste es, wenn auch nicht offiziell. Vielleicht fand er es nicht wichtig genug, um es Ihnen zu erzählen; er war der Meinung, dass man es nicht ernst nehmen konnte.«

Roger kratzte sich am Kopf und raufte sich das dichte schwarze Haar. »Nein, ich kann mich wirklich nicht daran erinnern. Aber Sie haben recht; es kann sein, dass er es nicht wichtig fand.«

»Nun, ich kann es ja auch nicht beurteilen.« Sie schlug die Knie übereinander. Ein Sonnenstrahl fiel auf ihr Schienbein und hob den feinen langen Knochen darunter hervor.

»Als ich zuletzt mit Frank hier war – Gott, das war vor zweiundzwanzig Jahren! –, hat ihm der Reverend erzählt, es gäbe im Ort eine Gruppe von … nun ja, man würde sie wohl moderne Druidinnen nennen. Ich habe keine Ahnung, wie ›echt‹ sie waren; vermutlich nicht sehr.« Brianna hatte sich interessiert vorgebeugt und hielt das Whiskyglas vergessen in den Händen.