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Ich konnte sehen, wie sein Gesicht von finsteren Erinnerungen heimgesucht wurde, während er dem Vortrag seines Vetters über die stabile Bauart und die Schnelligkeit der Arianna lauschte, und trat so dicht an ihn heran, dass ich ihm zuflüstern konnte:

»Doch wohl nicht, wenn es vor Anker liegt?«

»Ich weiß es nicht, Sassenach«, erwiderte er und warf dem Schiff einen Blick zu, in dem sich Abscheu mit Resignation vermischte. »Aber ich vermute, wir werden es herausfinden.« Jared befand sich bereits auf halbem Weg über die Landungsbrücke und begrüßte den Kapitän lauthals rufend. »Wenn ich grün werde, kannst du so tun, als würdest du ohnmächtig oder so? Es wird keinen guten Eindruck machen, wenn ich mich auf Jareds Schuhe übergebe.«

Ich klopfte ihm beruhigend den Arm. »Keine Sorge. Ich glaube an dich.«

»Ich bin es ja auch nicht«, sagte er mit einem letzten, langen Blick in Richtung terra firma, »es ist mein Magen.«

Doch das Schiff blieb tröstlicherweise eben unter unseren Schuhen, und sowohl Jamie als auch sein Magen benahmen sich vorbildlich – wobei der Brandy, den uns der Kapitän einschenkte, möglicherweise half.

»Eine gute Sorte«, sagte Jamie, der das Glas kurz unter seiner Nase schwenkte und die Augen schloss, um den kräftigen, aromatischen Duft zu genießen. »Portugiesisch, nicht wahr?«

Jared lachte entzückt und stieß den Kapitän an.

»Seht Ihr, Portis? Ich sage doch, er ist ein Naturtalent! Er hat ihn erst einmal getrunken.«

Ich biss mir auf die Innenseite der Wange und vermied es, Jamie anzusehen. Der Kapitän, ein kräftiges Exemplar von struppiger Erscheinung, sah zwar gelangweilt aus, grinste aber höflich in Jamies Richtung, wobei er drei Goldzähne aufblitzen ließ. Ein Mann, der seinen Reichtum gern bei sich trug.

»Hng«, sagte er. »Das ist also der Junge, der Euch den Rücken freihalten wird, wie?«

Jared sah plötzlich verlegen aus, und eine schwache Röte stieg ihm in das ledrige Gesicht. Ich stellte fasziniert fest, dass eins seiner Ohren für einen Ohrring durchstochen war, und fragte mich, wie genau wohl der Hintergrund seines gegenwärtigen Erfolges aussehen mochte.

»Aye, nun ja«, sagte er und verriet zum ersten Mal den Anflug eines schottischen Akzents, »das bleibt abzuwarten. Aber ich glaube …« Er blickte durch die Luke auf die Arbeiten auf dem Dock, dann wieder auf das Glas, das der Kapitän in drei Zügen geleert hatte, während wir nur nippten. »Ähm, Portis, würdet Ihr mir gestatten, einen Moment Eure Kabine zu benutzen? Ich würde mich gern mit meinem Neffen und seiner Frau besprechen – und es hört sich so an, als hätten sie am Heck ein Problem mit den Frachtnetzen.« Diese gekonnt hinzugefügte Anmerkung hatte zur Folge, dass Kapitän Portis wie ein angreifendes Wildschwein aus der Kajüte schoss und seine heisere Stimme in einem spanisch-französischen Dialekt erhob, den ich glücklicherweise nicht verstand.

Jared trat auf leisen Sohlen zur Tür und schloss sie fest hinter der kräftigen Gestalt des Kapitäns, wodurch der Lärmpegel beträchtlich sank. Er kehrte an den winzigen Tisch des Kapitäns zurück und füllte feierlich unsere Gläser nach, ehe er das Wort ergriff. Dann ließ er den Blick von Jamie zu mir schweifen und lächelte erneut entwaffnend.

»So vorschnell wollte ich meine Bitte eigentlich gar nicht äußern«, sagte er. »Aber wie ich höre, hat der gute Kapitän meine Karten ja schon auf den Tisch gelegt. Es ist so«, er hob sein Glas, so dass die Reflexionen des Wassers von der Luke her durch den Brandy fielen und von den Messingbeschlägen in der Kajüte als bebende Lichtflecken zurückgeworfen wurden, »ich brauche einen Mann.« Er hob sein Glas in Jamies Richtung, dann führte er es an seine Lippen und trank.

»Einen guten Mann«, betonte er und senkte das Glas wieder. »Es ist so, meine Liebe«, sagte er mit einer Verbeugung in meine Richtung, »ich habe die Gelegenheit, eine außerordentliche Investition in ein Weingut an der Mosel zu tätigen. Doch ich würde die Bewertung nur ungern einem Untergebenen überlassen; ich müsste das Anwesen selbst sehen und empfehlen, wie es zu entwickeln ist. Dieses Unterfangen würde mehrere Monate in Anspruch nehmen.«

Er blickte nachdenklich in sein Glas und schwenkte die duftende braune Flüssigkeit so, dass ihr Parfum die Kajüte erfüllte.

»Die Gelegenheit ist zu gut, um sie mir entgehen zu lassen«, sagte Jared. »Und ich könnte mehrere gute Verträge mit den Winzern an der Rhône abschließen; ihre Produkte sind exzellent, in Paris jedoch relativ selten. Gott, sie würden sich an den Adel verkaufen lassen wie Schnee im Sommer!« Gierige Visionen glänzten kurz in seinen klugen schwarzen Augen auf, dann glitzerten sie voller Humor, und er sah mich an.

»Aber –«, sagte er.

»Aber«, schloss ich für ihn, »dein Geschäft hier kann nicht allein bleiben, ohne dass es von kundiger Hand geführt wird.«

»Nicht nur Schönheit und Charme, sondern auch Intelligenz. Ich gratuliere dir, Vetter.« Er neigte Jamie das sorgfältig frisierte Haupt zu und zog eine Augenbraue zu humorvollem Beifall hoch.

»Ich gestehe, dass mir nicht ganz klar war, wie ich das bewerkstelligen sollte«, sagte er und stellte sein Glas hin, als wollte er nun die gesellschaftliche Frivolität beiseitelegen, um zur Sache zu kommen. »Aber als du mir aus Ste. Anne geschrieben hast, dass du Paris zu besuchen beabsichtigst …« Er zögerte einen Moment, dann lächelte er Jamie mit einem seltsamen kleinen Flattern seiner Hände an.

»Da ich wusste, Junge, dass du«, er wies kopfnickend auf Jamie, »ein Gespür für Zahlen hast, war mir sehr danach, dein Eintreffen als Antwort auf meine Gebete zu betrachten. Dennoch dachte ich, wir sollten uns vielleicht erst begegnen und unsere Bekanntschaft erneuern, ehe ich so weit gehe, dir einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten.«

Du meinst, du wolltest erst einmal sehen, wie präsentabel ich bin, dachte ich zynisch, lächelte ihm aber dennoch zu. Ich erhaschte Jamies Blick, und eine seiner Augenbrauen zuckte hoch. Dies war offensichtlich unsere Woche – für einen enteigneten Vogelfreien und eine angebliche englische Spionin schienen unsere Dienste doch sehr gefragt zu sein.

Jareds Angebot war mehr als großzügig; dafür, dass Jamie die nächsten sechs Monate die französische Geschäftszentrale übernahm, würde ihm Jared nicht nur ein Gehalt bezahlen, sondern uns sein Pariser Haus mitsamt Personal zur freien Verfügung überlassen.

»Nicht doch, nicht doch«, sagte er, als Jamie gegen diese Fürsorge zu protestieren versuchte. Er drückte sich mit dem Finger auf die Nasenspitze und sah mich mit einem charmanten Grinsen an. »Eine hübsche Frau, die als Gastgeberin bei Abendgesellschaften strahlen kann, ist im Weingeschäft von großem Vorteil, Vetter. Du hast ja keine Ahnung, wie viel Wein man verkaufen kann, wenn man den Kunden erst die Gelegenheit gibt, ihn zu kosten.« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, ihr würdet mir einen großen Dienst erweisen, wenn deine Frau es auf sich nehmen würde, Gäste zu empfangen.«

Der Gedanke, Einladungen für die Pariser Gesellschaft zu geben, war in der Tat ein wenig einschüchternd. Jamie sah mich an und zog die Augenbrauen fragend in die Höhe, doch ich schluckte tapfer und nickte lächelnd. Es war ein gutes Angebot; wenn er sich in der Lage fühlte, die Leitung eines Importgeschäfts zu übernehmen, war es das mindeste, was ich tun konnte, mein fröhliches Konversationsfranzösisch aufzupolieren.

»Keine Ursache«, murmelte ich, doch Jared war ohnehin davon ausgegangen, dass ich zustimmen würde, und hatte die schwarzen Augen bereits wieder konzentriert auf Jamie gerichtet, um fortzufahren.

»Außerdem dachte ich, ihr braucht vielleicht ein festes Etablissement – um den anderen Interessen nachgehen zu können, die euch nach Paris führen.«