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Jamie bewegte sich abrupt auf den Comte zu, doch Jared war schneller. Er zupfte an Jamies Ärmel und schob mich sacht auf das Tor zu, während er dem erschütterten Kapitän etwas Unverständliches zumurmelte, was dieser nur mit einem stumpfen Kopfschütteln quittierte.

»Armer Kerl«, sagte Jared draußen und schüttelte ebenfalls den Kopf. »Puh!« Es war kalt auf dem Kai, denn ein eisiger grauer Wind schüttelte jetzt die vor Anker liegenden Schiffe, doch Jared wischte sich Gesicht und Hals mit einem großen Taschentuch aus rotem Segeltuch ab, das er aus seiner Rocktasche zog und das so gar nicht zu ihm passen wollte. »Komm mit, Junge, suchen wir uns ein Wirtshaus. Ich brauche etwas zu trinken.«

Als wir unbeschadet im oberen Zimmer eines Wirtshauses am Kai angelangt waren und einen Weinkrug auf dem Tisch stehen hatten, ließ sich Jared auf einen Stuhl fallen, fächelte sich Luft zu und atmete keuchend aus.

»Gott, was für ein Glück!« Er goss sich einen großen Schluck Wein in seinen Becher, schüttete ihn hinunter und schenkte sich nach. Als er sah, wie ich ihn anstarrte, grinste er und schob den Krug in meine Richtung.

»Nun, es gibt Wein, Kleine«, erklärte er, »und dann gibt es das, was man trinkt, um sich den Staub hinunterzuspülen. Trink ihn schnell, ehe du ihn schmecken kannst, dann erfüllt er seinen Zweck durchaus.« Er folgte seinem eigenen Rat, leerte den Becher und griff erneut nach dem Krug. Allmählich dämmerte mir, was Jamie tags zuvor widerfahren war.

»Glück oder Pech?«, fragte ich Jared neugierig. Ich hätte zwar eigentlich damit gerechnet, dass die Antwort »Pech« lautete, aber die joviale Ausgelassenheit des kleinen Kaufmanns schien mir nicht auf den Rotwein zurückzuführen zu sein, der große Ähnlichkeit mit Batteriesäure hatte. Ich stellte meinen Becher auf den Tisch und hoffte, dass mein Zahnschmelz intakt geblieben war.

»Pech für St. Germain, Glück für mich«, sagte er knapp. Er erhob sich von seinem Stuhl und warf einen Blick aus dem Fenster.

»Gut«, sagte er und setzte sich zufrieden. »Bis Sonnenuntergang haben sie den Wein im Lagerhaus. Alles in Sicherheit.«

Jamie lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete seinen Vetter mit hochgezogener Augenbraue, ein Lächeln auf den Lippen.

»Dürfen wir das so verstehen, dass Monsieur le Comte de St. Germains Schiff ebenfalls Spirituosen an Bord hatte, Vetter?«

Das breite Grinsen, das seine Erwiderung war, gab den Blick auf zwei Goldzähne im Unterkiefer preis, die Jareds Ähnlichkeit mit einem Piraten noch vergrößerten.

»Den besten Port aus Pinhao«, sagte er fröhlich. »Hat ihn ein Vermögen gekostet. Die halbe Jahresernte der Winzer in Noval, und bis nächstes Jahr gibt es keinen mehr.«

»Und ich vermute, es ist die andere Hälfte des Portweins aus Noval, die gerade in dein Lagerhaus transportiert wird?« Allmählich verstand ich sein Entzücken.

»Richtig, Kleine, goldrichtig!«, prustete Jared, der kaum an sich halten konnte. »Weißt du, was für Preise er in Paris erzielen wird?« Er beugte sich vor und knallte seinen Becher auf den Tisch. »Eine limitierte Menge, deren Monopol bei mir liegt? Gott, mein Profit für das ganze Jahr ist gesichert.«

Ich erhob mich und blickte meinerseits aus dem Fenster. Die Arianna lag bereits merklich höher im Wasser, und auf dem hinteren Teil des Decks türmten sich die Frachtnetze, die von einem Ausleger hinuntergelassen und für den Transport ins Lagerhaus sorgfältig Flasche um Flasche in Handkarren umgeladen wurden.

»Nicht, dass ich den allgemeinen Jubel dämpfen möchte«, sagte ich ein wenig zögernd, »aber sagtest du, dass dein Port aus demselben Ort stammt wie St. Germains Lieferung?«

»Aye, so ist es.« Jared trat an meine Seite und blinzelte auf die Prozession der Lagerarbeiter hinunter. »Noval keltert den besten Portwein in ganz Spanien und Portugal; ich hätte gern die gesamte Abfüllung gehabt, aber mein Kapital hat nicht ausgereicht. Warum?«

»Nur dass, wenn die Schiffe aus demselben Hafen kommen, die Chance besteht, dass einige deiner Seeleute ebenfalls die Pocken haben«, sagte ich.

Der Gedanke ließ Jareds hagere Wangen erbleichen, und er griff nach einem stärkenden Schluck.

»Gott, welch Gedanke!«, sagte er keuchend, als er den Becher abstellte. »Aber ich glaube, es besteht keine Gefahr«, beruhigte er sich selbst. »Der Port ist schon zur Hälfte abgeladen. Doch am besten spreche ich trotzdem mit dem Kapitän«, fügte er stirnrunzelnd hinzu. »Er soll die Männer bezahlen, sobald sie fertig abgeladen haben – und wenn irgendjemand krank aussieht, kann er seine Heuer haben und sofort gehen.« Er machte entschlossen kehrt und schoss aus dem Zimmer. An der Tür blieb er noch einmal stehen und rief: »Bestellt etwas zu essen!«, ehe er wie eine kleine Elefantenherde die Treppe hinuntertrampelte.

Ich wandte mich an Jamie, der wie betäubt in seinen Weinbecher blickte, den er nicht angerührt hatte.

»Er sollte das nicht tun!«, rief ich aus. »Wenn er die Pocken an Bord hat, könnte er sie in der ganzen Stadt verbreiten, wenn er seine Männer damit losschickt.«

Jamie nickte langsam.

»Dann wollen wir hoffen, dass er sie nicht an Bord hat«, stellte er gelassen fest.

Ich wandte mich unsicher zur Tür. »Aber … sollten wir denn nicht irgendetwas tun? Ich könnte doch zumindest einen Blick auf seine Männer werfen. Und ihnen sagen, was sie mit den Leichen der Männer von dem anderen Schiff tun sollen …«

»Sassenach.« Die tiefe Stimme war immer noch gelassen, hatte aber einen unüberhörbaren warnenden Unterton.

»Was?« Als ich mich wieder zurückwandte, sah ich, dass er sich vorgebeugt hatte und mich seelenruhig über den Rand seines Bechers hinweg ansah. Eine Minute lang schwieg er nachdenklich, ehe er etwas sagte.

»Glaubst du, dass das, was wir uns vorgenommen haben, wichtig ist, Sassenach?«

Ich ließ die Hand vom Türknauf sinken.

»Die Stuarts davon abzuhalten, einen Aufstand in Schottland anzuzetteln? Ja, natürlich glaube ich das. Warum fragst du?«

Er nickte geduldig wie ein Lehrer, der es mit einem begriffsstutzigen Schüler zu tun hat.

»Aye. Nun ja. Wenn das so ist, wirst du jetzt herkommen, dich setzen und mit mir Wein trinken, bis Jared zurückkommt. Und wenn nicht …« Er hielt inne und atmete so heftig aus, dass sich die rote Haarwelle über seiner Stirn hob.

»Wenn nicht, dann wirst du hinuntergehen auf ein Kai voller Seemänner und Kaufleute, die glauben, dass Frauen in der Nähe von Schiffen der Gipfel des Unglücks sind, und die bereits das Gerücht verbreiten, dass du St. Germains Schiff mit einem Fluch belegt hast, und du wirst ihnen sagen, was sie tun müssen. Mit etwas Glück werden sie zu viel Angst vor dir haben, um dich zu vergewaltigen, ehe sie dir die Kehle durchschneiden und dich in den Hafen werfen, und mich gleich hinterher. Wenn dich St. Germain nicht vorher persönlich erwürgt. Hast du seine Miene nicht gesehen?«

Ich kehrte zum Tisch zurück und setzte mich abrupt. Meine Knie waren ein wenig weich.

»Doch, ich habe sie gesehen«, sagte ich. »Aber könnte er denn … Er würde doch nicht …«

Jamie zog die Augenbrauen hoch und schob mir einen Becher Wein über den Tisch.

»Er könnte, und er würde, wenn er glaubte, dass es sich unauffällig bewerkstelligen lässt. In Gottes Namen, Sassenach, du hast den Mann fast ein Jahreseinkommen gekostet! Und er sieht nicht wie ein Mensch aus, der einen solchen Verlust mit Gelassenheit erträgt. Hättest du nicht laut und vor Zeugen zum Hafenmeister gesagt, dass es die Pocken sind, wäre die Sache mit ein paar diskreten Bestechungsgeldern erledigt gewesen. Was glaubst du denn, warum uns Jared so schnell hier hinaufgebracht hat? Weil der Wein so gut ist?«

Meine Lippen fühlten sich steif an, als hätte ich tatsächlich eine ordentliche Menge des Vitriols aus dem Weinkrug getrunken.

»Du meinst … wir sind in Gefahr?«

Er lehnte sich zurück und nickte.

»Jetzt hast du verstanden«, sagte er liebevoll. »Ich vermute, Jared wollte dich nicht beunruhigen. Wahrscheinlich ist er nicht nur unterwegs, um sich um seine Mannschaft zu kümmern, sondern auch, um Bewacher für uns zu arrangieren. Er ist vermutlich weniger in Gefahr – jeder kennt ihn, und seine Männer und Lagerarbeiter sind gleich dort draußen.«