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In weniger als einer Minute hatten die Wanten des Besanmastes Feuer gefangen, und das Hauptsegel entrollte sich, weil seine Verankerungen durchgebrannt waren, eine fallende Flammenwand. Dann breitete sich das Feuer zu schnell aus, um sein Vorankommen weiter zu beobachten; alles schien auf einmal zu erglühen.

»Jetzt«, sagte Jared plötzlich. »Kommt mit nach unten. Der Frachtraum wird jeden Moment Feuer fangen, und das wird der beste Zeitpunkt sein, uns davonzumachen. Niemand wird Notiz von uns nehmen.«

Er hatte recht; als wir uns vorsichtig aus der Wirtshaustür schlichen, tauchten zwei Männer an Jareds Seite auf – zwei seiner Seemänner, die mit Pistolen und Marlinspiekern bewaffnet waren –, doch sonst bemerkte niemand unser Auftauchen. Alle waren dem Hafen zugewandt, wo die Aufbauten der Patagonia jetzt wie ein schwarzes Skelett inmitten des Flammenmeers erschienen. Es knallte mehrfach so schnell hintereinander, dass es wie Maschinengewehrfeuer klang, und dann erhob sich eine allmächtige Explosion in einer Fontäne aus Funken und brennenden Holzresten aus der Mitte des Schiffs.

»Gehen wir.« Jamies Hand legte sich fest auf meinen Arm, und ich protestierte nicht. Von den Seeleuten bewacht, folgten wir Jared und schlichen uns vom Kai, verstohlen, als hätten wir das Feuer selbst gelegt.

Kapitel 7

Königliche Audienz

Jareds Haus in Paris stand an der Rue Tremoulins in einem wohlhabenden Stadtteil, in dem sich zwei-, drei- und vierstöckige Häuser aus massivem Stein dicht aneinanderdrängten. Hier und dort stand ein besonders großes Haus in seinem eigenen Park, doch im Großen und Ganzen hätte ein einigermaßen sportlicher Einbrecher problemlos von Dach zu Dach springen können.

»Mmpfm«, war Murtaghs einziger Kommentar beim Anblick von Jareds Haus. »Ich suche mir selbst ein Quartier.«

»Wenn es dich nervös macht, ein anständiges Dach über dem Kopf zu haben, Mann, kannst du doch im Stall schlafen«, schlug Jamie vor. Er grinste auf seinen kleinen, mürrischen Patenonkel hinunter. »Wir lassen dir deinen Porridge auf einem Silbertablett bringen.«

Im Inneren war das Haus mit elegantem Komfort ausgestattet, wenn mir auch später klarwerden sollte, dass es im Vergleich mit den meisten Häusern des Adels und der reichen Bürger geradezu spartanisch war. Ich vermutete, dass dies zumindest teilweise der Tatsache geschuldet war, dass es keine Dame des Hauses gab; Jared war nicht verheiratet, obwohl man nicht den Eindruck hatte, dass ihm eine Frau fehlte.

»Nun, er hat natürlich eine Mätresse«, hatte mir Jamie erklärt, als ich Spekulationen über das Privatleben seines Vetters anstellte.

»Oh, natürlich«, murmelte ich.

»Aber sie ist verheiratet. Jared hat einmal zu mir gesagt, ein Geschäftsmann sollte sich nie mit unverheirateten Frauen einlassen – er meint, sie beanspruchen zu viel von seinem Geld und seiner Zeit. Und wenn man sie heiratet, geben sie das ganze Geld aus, und man endet als armer Mann.«

»Er hat ja eine schöne Meinung von Ehefrauen«, sagte ich. »Was hält er denn davon, dass du trotz seiner hilfreichen Ratschläge geheiratet hast?«

Jamie lachte. »Nun ja, erstens habe ich gar kein Geld, also kann es mir kaum schlechter gehen. Und zweitens findet er dich sehr dekorativ; allerdings sagt er, ich muss dir ein neues Kleid kaufen.«

Ich breitete den Rock des apfelgrünen Samtkleids auseinander, der inzwischen mehr als nur ein bisschen mitgenommen war.

»Vermutlich«, stimmte ich zu. »Oder ich hülle mich einfach demnächst in ein Bettlaken; das hier ist an der Taille schon ziemlich eng.«

»Und anderswo«, sagte er und betrachtete mich grinsend. »Hast du deinen Appetit wiedergefunden, Sassenach?«

»Trottel«, sagte ich kalt. »Du weißt ganz genau, dass Lady Annabelle MacRannoch in etwa den Umfang und die Form eines Besenstiels hat – und ich nicht.«

»Du nicht«, stimmte er mir zu und betrachtete mich beifällig. »Gott sei Dank.« Er versetzte mir einen vertraulichen Klaps auf den Hintern.

»Ich soll heute Morgen mit Jared im Lagerhaus einen Blick auf die Bücher werfen, dann besuchen wir einige seiner Kunden, denen er mich vorstellen möchte. Kommst du allein zurecht?«

»Ja, natürlich«, sagte ich. »Ich sehe mich ein wenig im Haus um und lerne die Dienstboten kennen.« Ich war dem Personal gestern Nachmittag bei unserer Ankunft en masse begegnet, doch da wir schlicht in unserem Zimmer zu Abend gegessen hatten, hatte ich nach dem Dienstboten, der uns das Essen gebracht hatte, und dem Zimmermädchen, das am frühen Morgen die Vorhänge aufgezogen, Feuer gemacht und den Nachttopf mitgenommen hatte, niemanden mehr gesehen. Der Gedanke, plötzlich »Personal« zu haben, war zwar ein wenig einschüchternd, doch ich beruhigte mich damit, dass es auch nicht viel anders sein konnte, als Laufburschen und Lernschwestern zu beaufsichtigen, und das hatte ich ja bereits getan, 1944 als Oberschwester in einem französischen Feldlazarett.

Nach Jamies Aufbruch machte ich mich in aller Ruhe mit Kamm und Wasser – den einzigen Gegenständen, die mir für meine Toilette zur Verfügung standen – zurecht. Ich konnte schon sehen, dass ein neues Kleid nur der Anfang sein würde, wenn es Jared ernst damit war, dass ich Abendgesellschaften geben sollte.

Was ich hatte, in der Seitentasche meiner Medizintruhe, waren die ausgefransten Weidenzweige, mit denen ich mir die Zähne putzte, und ich holte mir einen davon und machte mich ans Werk, während ich überlegte, welch erstaunliches Glück uns hierhergeführt hatte.

Da wir im Prinzip aus Schottland verbannt waren, hätten wir auf jeden Fall einen Ort finden müssen, an dem wir uns unsere Zukunft aufbauten, entweder in Europa oder indem wir nach Amerika auswanderten. Und angesichts dessen, was ich inzwischen über Jamies Verhältnis zu Schiffen wusste, war ich nicht überrascht, dass er von Anfang an nach Frankreich geschielt hatte.

Die Frasers hatten enge Verbindungen mit Frankreich; viele von ihnen hatten sich wie Abt Alexander und Jared Fraser hier ihre Existenz aufgebaut und kehrten nur selten in ihre schottische Heimat zurück – wenn überhaupt. Außerdem, so hatte Jamie mir erzählt, gab es viele Jakobiten, die ihrem König ins Exil gefolgt waren und jetzt ihr Dasein in Frankreich oder Italien fristeten, während sie seine Wiedereinsetzung erwarteten.

»Geredet wird viel darüber«, hatte er gesagt. »Aber fast nur in den Häusern, nicht in den Wirtshäusern. Deshalb ist auch bis jetzt nichts daraus geworden. Wenn es zum Thekengespräch wird, weiß man, dass es ernst ist.«

»Sag mir«, bat ich, während ich zusah, wie er sich den Staub von seinem Rock bürstete, »werden alle Schotten mit diesem Verständnis für Politik geboren, oder liegt es nur an dir?«

Er lachte, wurde aber schnell wieder ernst, als er den großen Schrank öffnete und den Rock hineinhängte, der schäbig und mitleiderregend aussah, als er so allein im gewaltigen, zedernduftenden Schrankinneren hing.

»Ich sage dir, Sassenach, ich würde gern darauf verzichten. Aber da ich nun einmal unter den MacKenzies und den Frasers groß geworden bin, ist mir nicht viel anderes übriggeblieben. Und man lebt nicht ein Jahr in der besseren Gesellschaft Frankreichs und zwei in einer Armee, ohne zu lernen, wie man hört, was gesagt wird, was gemeint ist und woran man den Unterschied zwischen beidem erkennt. In der gegenwärtigen Zeit ist es aber nicht auf mich beschränkt; es gibt keinen Gutsherrn und keinen Feldarbeiter in den Highlands, der dem, was kommen wird, aus dem Weg gehen kann.«

»Was kommen wird.« Und was würde kommen?, fragte ich mich. Was kommen würde, wenn unsere Bemühungen hier ohne Erfolg blieben, war ein bewaffneter Aufstand, ein Versuch, die Stuart-Monarchie wieder einzusetzen, angeführt vom Sohn des Exilkönigs, Prinz Charles Edward (Casimir Maria Sylvester) Stuart.