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Es war still in der Pension; es war noch früh im Jahr für Gäste, und die wenigen, die da waren, waren längst schlafen gegangen. Brianna schnaufte leise im Bett und drehte sich im Schlaf um, so dass ihr die langen roten Haarsträhnen im träumenden Gesicht liegen blieben. Ihr langer, nackter Fuß ragte aus der Bettwäsche hervor, und ich zog sacht die Decke darüber.

Der Impuls, ein schlafendes Kind zu berühren, lässt niemals nach, auch wenn das Kind längst um einiges größer ist als seine Mutter und es selbst schon eine Frau ist – wenn auch eine junge. Ich strich ihr das Haar aus dem Gesicht und ließ ihr die Hand über den Scheitel gleiten. Sie lächelte im Schlaf, ein kurzer zufriedener Reflex, der so schnell wieder verschwand, wie er erschienen war. Mein eigenes Lächeln verweilte, während ich sie beobachtete und ihr in die schlaftauben Ohren flüsterte wie schon so oft zuvor: »Gott, wie ähnlich du ihm bist.«

Ich schluckte den kleinen Kloß in meinem Hals herunter – inzwischen war er fast Gewohnheit – und nahm meinen Morgenmantel von der Stuhllehne. In den schottischen Highlands war es im April des Nachts verdammt kalt, doch ich war noch nicht bereit, ebenfalls die warme Zuflucht meines Bettes aufzusuchen.

Ich hatte die Wirtin gebeten, den Kamin im Salon brennen zu lassen, und ihr versichert, dass ich die Glut abdecken würde, ehe ich schlafen ging. Leise schloss ich die Tür, die langen Gliedmaßen und den Wasserfall aus roter Seide auf der blauen Bettdecke noch vor Augen.

»Auch nicht schlecht für ein Lebenswerk«, flüsterte ich in den dunklen Flur hinein. »Vielleicht ja nicht ganz so kompakt, aber auf jeden Fall verdammt relevant.«

Es war dunkel und gemütlich in dem kleinen Salon, wo das Feuer so weit heruntergebrannt war, dass es sich als glühender Streifen über das Rückgrat eines großen Scheites zog. Ich zog einen kleinen Armsessel vor das Feuer und stützte meine Füße auf die Kaminschürze. Ringsum konnte ich all die normalen Geräusche des modernen Lebens hören; das leise Summen des Kühlschranks unten im Keller, das Brummen und Rauschen der Heizung, die das Kaminfeuer von der Notwendigkeit zum Luxus machte; hin und wieder die Reifen eines vorbeifahrenden Autos im Freien.

Doch darunter lag die tiefe Stille einer Highlandnacht. Ich saß ganz still und streckte meine Fühler danach aus. Es war zwanzig Jahre her, dass ich sie zuletzt gespürt hatte, aber die tröstende Macht der Dunkelheit war noch da, nistete zwischen den Bergen.

Ich griff in die Tasche meines Morgenmantels und zog das zusammengefaltete Stück Papier heraus – eine Kopie der Liste, die ich Roger Wakefield gegeben hatte. Es war zu dunkel, um im Schein des Feuers zu lesen, doch ich brauchte die Namen nicht zu sehen. Ich faltete das Papier auf meinem in Seide gehüllten Knie auseinander und starrte blicklos auf die unlesbaren Zeilen. Langsam fuhr ich mit dem Finger über jede einzelne Zeile, murmelte den Namen jedes einzelnen Mannes vor mich hin wie ein Gebet. Sie gehörten zu der kalten Frühlingsnacht, mehr als ich es tat. Doch ich blickte weiter in die Flammen, ließ die Dunkelheit aus dem Freien kommen, damit sie die leeren Stellen in meinem Inneren füllte.

Und während ich ihre Namen sprach, als wollte ich sie herbeirufen, begann ich meinen Weg zurück, durchquerte ich die leere Dunkelheit hin zu dem Ort, an dem sie warteten.

Kapitel 2

Die Spannung steigt

Am nächsten Morgen verließ Roger Culloden House mit zwölf Seiten voller Notizen und einem Gefühl zunehmender Verblüffung. Was ihm eigentlich wie ein absolut geradliniges historisches Rechercheprojekt erschienen war, legte jetzt einige wirklich seltsame Wendungen an den Tag.

Er hatte nur drei der Namen von Claire Randalls Zettel auf den Listen der Gefallenen von Culloden gefunden. Das war an und für sich noch nicht bemerkenswert. Charles Stuarts Armee hatte im Grunde keine lückenlose Musterrolle geführt, da sich der ein oder andere Clanführer anscheinend aus einer Laune heraus entschlossen hatte, sich dem Bonnie Prince anzuschließen, und andere aus noch weniger nachvollziehbaren Gründen wieder auf Distanz gegangen waren, ehe die Namen ihrer Männer auf irgendeinem offiziellen Dokument festgehalten werden konnten. Die Buchführung der Highlandarmee, die schon zu ihren besten Zeiten chaotisch gewesen war, hatte sich gegen Ende so gut wie vollständig in Luft aufgelöst; es hatte schließlich wenig Sinn, eine Soldliste zu führen, wenn man nichts hatte, womit man die Männer bezahlen konnte, die daraufstanden.

Vorsichtig klappte er seine langen Beine ein, duckte sich mechanisch, um sich nicht den Kopf zu stoßen, und schob sich in seinen betagten Morris. Er zog den Ordner unter seinem Arm hervor, öffnete ihn und betrachtete stirnrunzelnd das, was er abgeschrieben hatte. Das Merkwürdige daran war, dass die Männer auf Claires Liste fast alle auf einer anderen Armeeliste aufgetaucht waren.

Es war durchaus möglich, dass die Männer eines Clanregiments desertiert waren, als sich das Ausmaß der nahenden Katastrophe abzeichnete; das wäre nichts Ungewöhnliches gewesen. Nein, was das Ganze so unverständlich machte, war die Tatsache, dass die Namen auf Claires Liste – vollzählig – als Teil des Regiments des jungen Lovat auftauchten, das kurz vor dem Ende des Feldzugs aufgestellt worden war, um ein Versprechen einzulösen, das Simon Fraser, Lord Lovat, den Stuarts gegeben hatte.

Doch Claire hatte definitiv gesagt – und ein Blick auf ihre Originalpapiere bestätigte das –, dass diese Männer alle von einem kleinen Anwesen namens Broch Tuarach gekommen waren, tief im Südwesten des Fraser-Territoriums, eigentlich sogar an der Grenze zu den MacKenzies. Mehr noch, sie hatte gesagt, diese Männer hätten schon seit der Schlacht von Prestonpans zur Highlandarmee gehört, und diese hatte kurz nach dem Beginn des Feldzugs stattgefunden.

Roger schüttelte den Kopf. Das ergab alles keinen Sinn. Natürlich war es möglich, dass sich Claire in Bezug auf die zeitliche Abfolge irrte – sie hatte ja selbst gesagt, dass sie keine Historikerin war. Aber doch sicher nicht in Bezug auf den Ort? Und wie war es möglich, dass Simon Fraser über Männer aus Broch Tuarach verfügte, die dem Oberhaupt des Fraser-Clans keinen Treueeid geschworen hatten? Sicher, Lord Lovat war mit gutem Grund als »der Alte Fuchs« bekannt gewesen, doch Roger bezweifelte, dass selbst der berüchtigte alte Graf mit so etwas durchgekommen wäre.

Stirnrunzelnd ließ Roger den Wagen an und fuhr vom Parkplatz. Die Archive des Culloden House waren deprimierend unvollständig und bestanden zum Großteil aus einem Haufen pittoresker Briefe, in denen sich Lord George Murray über Versorgungsprobleme beklagte, und aus Gegenständen, die sich gut in den Museumsvitrinen für die Touristen machten. Er brauchte einiges mehr als das.

»Langsam, Sportsfreund«, rief er sich zur Ordnung und blinzelte beim Abbiegen in den Rückspiegel. »Du sollst doch herausfinden, was aus den Männern geworden ist, die nicht in Culloden abgekratzt sind. Welche Rolle spielt es, wie sie dort hingekommen sind, solange sie die Schlacht nur unversehrt verlassen haben?«

Doch es ließ ihm keine Ruhe. Es war einfach so merkwürdig. Es kam ja häufig vor, dass Namen verwechselt wurden, ganz besonders in den Highlands, wo die Hälfte der Bevölkerung pauschal »Alexander« zu heißen schien. Demzufolge benannte man Männer nach ihren Herkunftsorten, nicht nur mit ihren Clan- oder Zunamen. Manchmal sogar anstelle von Zunamen. »Lochiel«, einer der prominentesten Jakobitenführer, war eigentlich Donald Cameron von Lochiel, was ihn eindeutig von den Hunderten anderer Donald Camerons unterschied.

Und wer nicht Donald oder Alec getauft war, hieß John. Drei Namen von Claires Liste hatte er in den Totenregistern gefunden: Donald Murray, Alexander MacKenzie Fraser und John Graham Fraser. Alle ohne zusätzliche Ortsnamen, nur der Name und das Regiment, dem sie angehört hatten. Das Regiment des jungen Lovat, das Fraser-Regiment.