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Doch ohne Ortsnamen konnte er sich nicht sicher sein, ob es wirklich dieselben Männer waren wie die Namen auf Claires Liste. Im Register der Gefallenen gab es mindestens sechs John Frasers, und selbst das war unvollständig; die Engländer hatten wenig Wert auf Vollständigkeit oder Richtigkeit gelegt – die meisten Listen waren im Nachhinein von den Clanhäuptlingen verfasst worden, die die Häupter ihrer Männer zählten und auf diese Weise feststellten, wer nicht heimgekehrt war. In vielen Fällen waren die Häuptlinge selbst nicht heimgekehrt, was die Sache noch verkomplizierte.

Frustriert fuhr er sich mit der Hand durch das Haar, als könnte die Kopfhautmassage sein Gehirn stimulieren. Und wenn die drei Namen nicht die Männer von der Liste waren, wurde das Rätsel nur noch größer. Gut die Hälfte von Charles Stuarts Armee war in Culloden abgeschlachtet worden. Und Lovats Männer hatten dort gestanden, wo es am schlimmsten war. Es war unvorstellbar, dass eine Gruppe von dreißig Männern an dieser Position überlebte, ohne dass es einen einzigen Toten gab. Lovats Männer hatten sich dem Aufstand erst spät angeschlossen; während in anderen Regimentern Desertion an der Tagesordnung war – Regimentern, die schon lange genug dienten, um eine Vorstellung davon zu haben, was auf sie zukam –, waren die Frasers bemerkenswert loyal gewesen. Und hatten dafür bezahlt.

Lautes Hupen hinter ihm riss ihn aus seiner Konzentration, und er fuhr an die Seite, um den verärgerten Fahrer eines großen Lasters vorbeizulassen. Er beschloss, dass er nicht gleichzeitig fahren und nachdenken konnte. Wenn er so weitermachte, endete er noch als Wrack an einer Steinmauer.

Einen Moment lang saß er still und überlegte. Sein eigentlicher Impuls war es, zu Mrs. Thomas’ Pension zu fahren und Claire zu erzählen, was er bis jetzt herausgefunden hatte. Die Tatsache, dass er dabei möglicherweise einige Momente in Brianna Randalls Gegenwart schwelgen konnte, vergrößerte den Reiz dieser Idee noch.

Andererseits schrien seine Historikerinstinkte nach einer größeren Datenmenge. Und er war sich nicht sicher, ob Claire dafür die richtige Ansprechpartnerin war. Er hatte keine Ahnung, warum sie ihm dieses Projekt anvertrauen und ihn gleichzeitig an seiner Ausführung hindern sollte, indem sie ihm ungenaue Informationen mitgab. Es war einfach nicht vernünftig, und er hatte eigentlich den Eindruck, dass Claire Randall eine außerordentlich vernünftige Person war.

Dennoch, da war diese Sache mit dem Whisky. Seine Wangen wurden heiß, als er daran dachte. Er war überzeugt, dass sie es mit Absicht getan hatte – und da sie eigentlich kein Scherzbold zu sein schien, konnte er nur vermuten, dass sie es getan hatte, um zu verhindern, dass er Brianna einlud, ihn nach Broch Tuarach zu begleiten. Wollte sie ihn von dem Ort fernhalten, oder wollte sie nur nicht, dass er Brianna dorthin mitnahm? Je mehr er über den Zwischenfall nachdachte, desto mehr gelangte er zu der Überzeugung, dass Claire Randall ihrer Tochter etwas verheimlichte – doch er hatte keine Ahnung, was. Noch weniger konnte er sich vorstellen, was es mit ihm zu tun hatte oder mit dem Projekt, das er auf sich genommen hatte.

Er hätte es aufgegeben, wären da nicht zwei Dinge gewesen. Brianna und schlichte Neugier. Er wollte wissen, was hier vor sich ging, und zum Kuckuck, er hatte vor, es herauszufinden.

Er hämmerte sacht mit der Faust auf das Lenkrad und überlegte, ohne den vorbeifahrenden Verkehr zu beachten. Schließlich fiel sein Entschluss, und er bog wieder in die Straße ein. Am nächsten Kreisverkehr drehte er fast eine komplette Runde und hielt auf das Zentrum von Inverness und den Bahnhof zu.

Der Flying Scotsman konnte ihn in drei Stunden nach Edinburgh bringen. Der Kurator, der für die Stuart-Papiere verantwortlich war, war ein guter Freund des Reverends gewesen. Und einen Ausgangspunkt hatte er, auch wenn ihm dieser ein neues Rätsel aufgab. Die Musterrolle, auf der die Namen als Teil des Lovat-Regiments gestanden hatten, hatte angegeben, dass diese dreißig Männer unter dem Kommando eines gewissen James Fraser standen – von Broch Tuarach. Dieser Mann war die einzige offensichtliche Verbindung zwischen Broch Tuarach und den Frasers von Lovat. Er fragte sich, warum James Fraser nicht auf Claires Liste aufgetaucht war.

Die Sonne schien; ein seltenes Ereignis für Mitte April, welches Roger in vollen Zügen genoss, indem er das winzige Fenster auf der Fahrerseite herunterkurbelte, um sich den Wind um die Ohren wehen zu lassen.

Er hatte in Edinburgh übernachten müssen, und als er am nächsten Tag spät zurückkehrte, war er von der Zugfahrt so müde gewesen, dass er nicht viel mehr getan hatte, als das warme Abendessen zu verspeisen, von dem Fiona nicht abzubringen war, ehe er dann ins Bett fiel. Doch heute war er voll frischer Energie und Entschlossenheit aufgestanden und in das Dörfchen Broch Mordha hinausgefahren, das in der Nähe des Anwesens Broch Tuarach lag. Möglich, dass ihre Mutter nicht wollte, dass Brianna Randall Broch Tuarach besuchte, doch ihn hinderte ja nichts daran, einen Blick auf den Ort zu werfen.

Er hatte Broch Tuarach tatsächlich gefunden, zumindest vermutete er das; ein enormer Steinhaufen umgab die halb zusammengefallenen Überreste eines dieser Rundtürme, die man in uralten Zeiten zum Leben und zur Verteidigung benutzt hatte. Sein Gälisch reichte so weit, dass er die Bedeutung des Namens verstand, »Turm, der nach Norden zeigt«, und er fragte sich flüchtig, wie ein runder Turm wohl zu einem solchen Namen kam.

In der Nähe befand sich ein Herrenhaus mit Nebengebäuden, ebenfalls in Ruinen, obwohl hier mehr übrig war. Das fast zur Unleserlichkeit verwitterte Verkaufsschild eines Maklers stand an einen Pfosten genagelt auf dem Hof. Roger hielt auf dem Hang über dem Haus und sah sich um. Auf den ersten Blick konnte er nichts erkennen, was erklärt hätte, warum Claire ihre Tochter von hier fernhalten wollte.

Er parkte den Morris auf dem Hof und stieg aus. Es war wunderschön hier, aber sehr abgelegen; er hatte fast fünfundvierzig Minuten gebraucht, um den Wagen von der Landstraße aus vorsichtig über den zerfurchten Feldweg zu manövrieren, ohne sich die Ölwanne zu demolieren.

Das Haus betrat er nicht; es war eindeutig verlassen und möglicherweise gefährlich – er würde dort nichts finden. Doch der Name FRASER war in den Türsturz geschnitzt, und derselbe Name zierte auch den Großteil der kleinen Grabsteine an der Stelle, die der Familienfriedhof sein musste – zumindest, soweit sie lesbar waren. Auch nicht sehr hilfreich, dachte er. Keiner dieser Steine trug den Namen eines Mannes auf seiner Liste. Er würde dem Sträßchen weiter folgen müssen, seiner Karte nach lag das Dorf Broch Mordha drei Meilen weiter.

Wie er schon befürchtet hatte, war die kleine Dorfkirche aufgegeben und vor Jahren abgerissen worden. Hartnäckiges Anklopfen an diversen Haustüren brachte ihm ausdruckslose Blicke, finstere Mienen und schließlich die skeptische Spekulation eines betagten Bauern ein, die alten Register der Pfarre wären entweder an das Museum in Fort William gegangen oder vielleicht nach Inverness; da gäbe es einen Pfarrer, der solchen Krempel sammelte.

Müde und staubig, aber noch nicht entmutigt trottete Roger zurück zu seinem Auto, das vor der Dorfkneipe am Straßenrand stand. Das war ein Rückschlag, wie er in der historischen Feldforschung häufig vorkam, und er war daran gewöhnt. Ein schnelles Bier – nun ja, vielleicht zwei, es war ein ungewöhnlich warmer Tag – und dann weiter nach Fort William.

Es würde ihm ganz recht geschehen, dachte er selbstironisch, wenn sich am Ende herausstellte, dass die Dokumente, nach denen er suchte, im Archiv des Reverends lagerten. Das hatte er davon, wenn er seine Arbeit um eines fragwürdigen Unterfangens willen vernachlässigte, nur um ein Mädchen zu beeindrucken. Sein Ausflug nach Edinburgh hatte nicht viel mehr gebracht, als die drei Namen zu eliminieren, die er im Culloden House gefunden hatte; es hatte sich herausgestellt, dass sie alle drei aus anderen Regimentern stammten und nicht zu der Gruppe aus Broch Tuarach gehörten.