Um meiner selbst willen war ich gar nicht so unglücklich — jeder Schmerz hört wieder auf. Aber Jubilain, der Sänger, sah zu, als Dugan mich schlug, und ein Sänger soll vor einem solchen Anblick bewahrt werden. Sie sind anders als wir. Ich fürchte, daß Jubilain dieser Anblick geschadet hat.
Nachdem er mich niedergeschlagen hatte, ging Dugan weg. Ich stand auf und ging wieder zurück. Jetzt will ich nicht mehr weggehen. Ich muß mit Dandrin sprechen. Es muß etwas geschehen …
8. Jubilain
Mein Kopf schmerzt. Mein Kopf! Blutig war Kennon …
Kennon war blutig und Dugan ärgerlich.
Jubilain ist sehr traurig. Der Kopf schmerzt. Dugan schlug Kennon ins Gesicht. Mit seiner Hand schlug Dugan Kennon.
Das stört mein Lied. Wie kann ich singen, wenn Dugan Kennon schlägt? Es ist gut, daß der Sommer zu Ende geht, denn die Lieder sind vorüber.
Wie kann ich jemals wieder singen? Blutig war Kennon …
9. Dandrin
Das ist tragisch. Ich bin ein alter Narr! Ich saß wie ein hilfloser alter Mann im Schatten und sah zu, wie Dugan uns zerstörte.
Heute hat er einen Mann geschlagen — Kennon. Kennon, den er von Anfang an schlecht behandelt hat. Der arme Kennon. Dugan hat eine ganz andere Lebensart zu uns gebracht mit seiner Stadt und seinen Toren. Aber das ist nicht das Schlimmste.
Jubilain hat zugesehen, und wir haben unseren Sänger verloren. Jubilain konnte das einfach nicht verarbeiten. Der Geist eines Sängers ist anders als der unsere, er ist ein empfindliches zartes Instrument. Gewalt kann er nicht fassen. Unser Sänger hat den Verstand verloren, es wird keine Lieder mehr geben.
Wir müssen Dugan vernichten. Es ist schade, daß wir so denken müssen wie er und von Vernichtung reden, aber so ist es. Jetzt wird er uns noch den Krieg bringen, und das ist ein Geschenk, das wir nicht brauchen. Die wilden Männer aus dem Norden würden unüberwindliche Gegner für ein Volk sein, das tausend Jahre nicht gekämpft hat.
Ich weiß auch, wie wir es tun müssen. Wenn mein Geist nur stark genug ist, wenn er nur in all den Jahren nicht an der Sonne ausgetrocknet ist. Wenn ich mich mit Kennon verbinden kann und Kennon mit Jarinne und Jarinne mit Corilann und Corilann mit …
Wenn wir uns verbinden, wird es gelingen. Dugan muß weg. Und das ist die beste Methode. So können wir ihn beseitigen und doch Menschen bleiben …
10. Chester Dugan
Aller Widerstand ist gebrochen. Jetzt ist es soweit — Chester Dugan, Herrscher der Welt. Viel ist das zwar nicht, aber was zum Teufel — alles gehört mir.
Wirklich erstaunlich, wie das Murren jetzt aufgehört hat. Selbst Kennon hat inzwischen nachgegeben — er ist jetzt mein brauchbarster Mitarbeiter geworden, seit ich ihn damals schlagen mußte. Eigentlich war es ja jammerschade, eine so schöne Nase wie die seine einzuschlagen, aber ich konnte ihn schließlich doch nicht einfach weglaufen lassen.
Er wird die Expedition in den Norden leiten, die morgen aufbricht, und Jarinne wird hierbleiben. Das ist gut. Corilann ist jetzt mit ihrem Baby beschäftigt, und ich brauche ohnehin etwas Abwechslung, denke ich. Sieht ja prächtig aus, Corilanns Bengel, ganz der Papa! Wirklich erstaunlich, wie alles sich jetzt entwickelt.
Ich hoffe, daß wir bald Elektrizität haben werden, aber überzeugt bin ich noch nicht. Die Strömung hier ist ziemlich schwach, und wir werden vielleicht zuerst einen Damm bauen müssen. Bestimmt sogar. Ich werde noch mit Kennon darüber sprechen müssen, ehe er morgen loszieht.
Aber Spaß macht es schon, eine Zivilisation so aus dem Nichts aufzubauen. Und wie schlank ich geworden bin! Die ganzen Fettpolster, die ich immer mit mir herumschleppte, habe ich schon verloren. Der Hauptgrund ist ja wahrscheinlich, daß es hier kein Bier gibt — noch nicht, aber das wird sich bald ändern. Alles zu seiner Zeit.
Zuerst will ich sehen, was Kennon aus dem Norden mitbringt. Wäre doch herrlich, wenn er eine hydraulische Presse oder einen Generator oder so etwas anbrächte. Und bei meinem Glück wird er das auch wahrscheinlich.
Vielleicht kommen wir noch eine Weile ohne Religion aus. Sprach gestern mit Dandrin darüber, aber er schien nicht viel dafür übrig zu haben, Priester zu werden. Ich könnte es ja auch selbst machen, sobald hier alles ins reine gekommen ist. Ich würde ja ganz gerne so etwas wie ein Heizungssystem bauen, ehe es zu kalt wird. Meiner Schätzung nach befinden wir uns hier irgendwo in New Jersey oder Pennsylvania, und es dürfte ziemlich kalt werden, wenn sich nicht auch das Klima inzwischen geändert hat.
Seltsam, wie alle hier kuschen, wenn ich etwas sage. Die Leute hier haben einfach keinen Mumm, das ist ihr großer Fehler. Das ist der Vorteil an der Zivilisation — man muß Mumm haben, um oben zu bleiben.
Aber ich werde es ihnen schon beibringen. Man wird sich noch Jahrhunderte an mich erinnern. Später werden sie in mir vielleicht eine Art Messias sehen …
Ich komme immer noch nicht darüber hinweg, wie jetzt alles wie am Schnürchen funktioniert. Beinahe wie ein Traum. Bis zum nächsten Frühjahr werden wir eine respektable kleine Stadt hier haben …
11.
„Kennon? Kennon? Hörst du mich?“
„Ich höre dich, Dandrin. Ich hole Jarinne.“
„Hier bin ich. Corilann?“
„Hier Jarinne. Wollen sehen, ob wir Onnar erreichen.“
„Du mußt dich anstrengen!“
„Hier ist Onnar. Und Jekkaman. Hallo, Dandrin.“
„Hallo.“
„Alle da?“
„Einhundertzwanzig.“
„Achtung jetzt — alle bereit?“
„Ja.“
„Gut, dann fangen wir an. Alle zusammen.“
„Hallo? Hallo, Dugan! Hör uns zu, Dugan! Hör uns zu! Hör uns zu, Dugan!“
„Und jetzt mit aller Kraft.“
„Hörst du uns, Dugan?“
12. Dandrin plus Kennon plus Jarinne plus Corilann plus n
Ich denke, wir können unbeschränkt so in Verbindung bleiben, und so kann man wohl sagen, daß Dugans Erscheinen für uns ein unbeschreiblicher Glückszufall war. Dieses neue Ineinander-Verschmelzen ist viel besser, als über Tausende von Meilen Kontakt zu suchen.
Natürlich werden wir diese ,Gestalt’ — ein nützliches Wort, habe es in Dugans Geist gefunden — beibehalten müssen, bis Dugan tot ist. Er träumt jetzt ganz friedlich — von was weiß ich für Schlachten und Eroberungen, und ich glaube nicht, daß er wieder erwachen wird.
Vielleicht lebt er noch jahrelang in seinem Traum, und ich muß zusammenbleiben und die Illusion aufrechterhalten, bis er stirbt. Hoffentlich ist er jetzt wenigstens glücklich — das scheint er ja bisher nicht gewesen zu sein.
Und gleich nachdem ich mich gebildet hatte, fiel mir ein, es wäre vielleicht besser, immer so zu bleiben, falls noch mehr Leute wie Dugan aus der Vergangenheit auftauchen sollten. Damals müssen sie alle so gewesen sein. Gut, daß diese Atombomben abgeworfen wurden.
Wir werden Dugans Stadt natürlich stehenlassen. Er hat schon einiges Positives für uns-mich geleistet.