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Sie wechselten noch ein paar Worte miteinander, dann stiegen alle in die Autos und fuhren davon. Nicht einmal den Namen des Leutnants hatten sie notiert. Der mit dem Ultramarin-Pobeda hinterließ sogar seine Anschrift für den Fall, daß ein Zeuge gebraucht wurde.

„Nun, Leutnant", sagte der Inspektor, „das Weitere besorgen Sie wohl selbst?"

„Jawohl, Genosse Hauptmann." 

„Alles Gute."

Der Inspektor setzte sich auf sein Motorrad und brauste davon.

Bis jetzt waren die Wilddiebe in ihrem Wagen geblieben. Als der Leutnant herantrat, kletterten sie heraus und sahen ihn böse an. „Ihre Papiere."

„Bitte sehr", sagte Sergej Sergejewitsch herablassend. 

Der Leutnant prüfte die Dokumente und fächelte damit in der Luft. 

„Hier ist das Wort Verbrecher gefallen", ließ sich Sergej Sergejewitsch hochmütig vernehmen. „Offenbar waren wir damit gemeint?" Er spielte die gekränkte Leberwurst.

Die beiden anderen standen grimmig lächelnd neben ihm.

„Zeigen Sie mir Ihre Jagderlaubnis", verlangte der Leutnant.

„Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, mir zu erklären, was dies nun wieder zu bedeuten hat. — Freunde, versteht ihr das?" wandte er sich an seine Kumpane.

„Kein Wort", erwiderten die mit Unschuldsmiene, „der reinste Zirkus."

Der Leutnant sagte: „Im Wald haben Sie einen Elch geschossen. Diese beiden Jungen haben es gesehen." 

„Diese beiden Rowdys", entgegnete Sergej Sergejewitsch blasiert. Viel hätte nicht gefehlt und er wäre vor lauter Vornehmheit geplatzt. „Niemand bestreitet, daß die beiden Strolche eine blühende Phantasie haben. Aber geradestehen für alles, was uns angetan wurde, müssen Sie. Wir waren tatsächlich im Wald. Von einem Elch haben wir allerdings nichts bemerkt und auch keinen einzigen Schuß abgegeben. Ich sehe zwar keinerlei Veranlassung, mich vor Ihnen zu rechtfertigen, bin jedoch bereit, einen Beweis zu liefern." Er klappte sein Jagdgewehr auf und sagte: „Sehen Sie sich die Läufe innen an. Die sind spiegelblank. Oder meinen Sie, ich hätte sie unterwegs gereinigt?"

Der Leutnant wandte sich an Stjopka. „Kannst du mir die Stelle zeigen, wo der Elch liegt?"

„Von der Straße aus nicht. Aber wenn wir zuerst nach Hause gehen und dann an den Marmorsee, ist es eine Kleinigkeit." 

Die Wilddiebe würdigten Stjopka keines Blickes. „Da haben Sie es", geiferte Sergej Sergejewitsch, „die Strolche wissen selbst nicht, wie sie sich rausreden sollen. Ich will gar nicht bestreiten, daß irgendwo im Wald ein toter Elch liegt. Nehmen wir an, Sie begehen tatsächlich die Torheit, dort hinzufahren. Was gedenken Sie weiter zu tun? Wollen Sie das Tier fragen, wer es erschossen hat?" 

„Sie haben es erschossen", schrie Stjopka aufgebracht, „er hat noch die Frechheit, den Mund aufzureißen. — Mischa, gib du's ihm", forderte er mich auf. 

Ich stand wie vom Donner gerührt. In meinem Leben war mir noch nie ein Mensch begegnet, der so kaltschnäuzig gelogen hätte wie dieser Sergej Sergejewitsch. Der Leutnant blickte gleichfalls betroffen drein. Freilich, selbst wenn wir den Elch fanden — wie sollte den drei Spitzbuben das Verbrechen nachgewiesen werden? Wir hatten damit gerechnet, daß die Wilddiebe ihre Tat gestehen würden, sobald man sie ihnen auf den Kopf zusagte. 

Der Schofför, der bis jetzt geschwiegen hatte, erklärte: „Ich glaube den Jüngen. Der da" — er zeigte auf Sergej Sergejewitsch — „ist ein Mistkäfer."

„Das geht entschieden zu weit", heulte Sergej Sergejewitsch empört. „Nicht genug damit, daß sie einen an der Weiterfahrt hindern, jetzt wird man auch noch angepöbelt. Geben Sie unverzüglich unsere Papiere her. Und glauben Sie nicht, daß ich so mit mir umspringen lasse. Das kommt in die ,Prawda', darauf können Sie Gift nehmen."

„Beschwer dich bei deiner Großmutter über mich", entgegnete der Schofför trocken. „Fahren wir, Leutnant. Hier kommen wir doch nicht weiter."

Der Leutnant konnte sich offenbar nicht von den Papieren trennen. Er hielt sie in den Händen, fuchtelte damit herum, lief vor Verlegenheit rot an, traf aber keine Anstalten, sie ihren Eigentümern zurückzugeben.

Stjopka war dem Weinen nahe. An seinem Hals schwoll die Ader. Ich fürchtete, daß er gleich einen Wutanfall bekommen und sich auf die Wilddiebe stürzen würde. Er lief jedoch nur zu dem blauen Pobeda, riß den Fotoapparat vom Polster an sich und suchte das Weite. Sergej Sergejewitsch wurde bleich wie der Tod. Unverzüglich nahm er die Verfolgung auf.

„Bleib stehen, du Schuft!"

Was man alles erleben kann! Dieser aufgeblasene Dickwanst wollte es mit meinem Freund Stjopka aufnehmen. Na ja, hundert Meter hielt er durch, dann gab er auf. Stjopka raste weiter. Ich habe ihn selten so in Form gesehen wie bei jenem Spurt.

Der Leutnant verlor endgültig die Fassung. Er bekam kugelrunde Augen wie daheim unser Kater. „Was soll das heißen", herrschte er mich an. „Ihr seid tatsächlich Rowdys."

Sergej Sergejewitsch war stehengeblieben. Er rang nach Luft. Als Stjopka sah, daß sein Verfolger nicht mehr weiter konnte, machte er gleichfalls halt.

„Sofort gibst du den Apparat zurück!" rief der Leutnant.

„Ich traue mich nicht", erwiderte Stjopka. Er stand so weit von uns entfernt, daß seine Worte kaum zu verstehen waren. „Ich bleibe lieber hier. Sonst schlägt er mich noch."

„Los, ins Auto", befahl der Leutnant, „hin zu ihm."

Ich hatte kaum Zeit, in den Wagen zu springen, schon gab der Fahrer Gas. Wir sausten an Sergej Sergejewitsch vorüber. Stopka lief nicht weiter. Er hängte den Apparat an einen Ast und wartete mit zufriedener Miene am Straßenrand, bis wir heran waren. 

„Bleib stehen!" kommandierte der Leutnant. 

„Ich bin doch schon stehengeblieben", gab Stjopka zur Antwort und feixte, daß der Mund von einem Ohr bis zum andern reichte. 

Der Leutnant sprang ab, packte Stjopka am Arm und stieß ihn in den Wagen. „Wir sprechen uns später." 

„Ja, Genosse Leutnant, die Sache ist so...", begann Stjopka. 

„Sei still. Mit dir unterhalte ich mich nicht." 

„Lassen Sie mich erst ausreden." 

„Mit dir unterhalte ich mich nicht!" 

„Bitte sehr", erwiderte Stjopka gekränkt, „wie Sie wollen."

Wir fuhren zurück. Der Apparat baumelte am Ast. Als wir in Priosersk angekommen waren, stellte der Leutnant dem Schofför eine Bescheinigung aus und verabschiedete sich von ihm. Wir mußten uns an die Wand setzen. Auch der Leutnant nahm sich einen Stuhl. Er schwieg. Das war selbst für mich zuviel. „Genosse Leutnant", platzte ich heraus, „Ehrenwort, wir haben die Wahrheit gesagt. Wenn Sie nur mit in den Wald kämen."

Der Leutnant nahm ein Messer, malte damit auf dem Tisch. Nach einer Weile stand er auf.

„Kommt."

Wir gingen durch die Straße und dachten: Wo bringt er uns hin? Nicht etwa ins Gefängnis? Er schritt voraus, sah sich kein einziges Mal um, obwohl es schon dämmrig wurde. Ausrücken wäre eine Kleinigkeit gewesen. Doch weshalb sollten wir? Wir waren unschuldig, trotteten brav hinter ihm her.

„Warum hast du den Apparat zurückgegeben?" flüsterte ich Stjopka zu. „Sie sind mit dem Elch auf dem Film."

Stjopka blieb mir die Antwort schuldig. Er schmollte.

Der Leutnant hatte ihn beleidigt.

Wir gingen in ein Restaurant. Der Leutnant bestellte Tee und Pfannkuchen.

„Eßt."

Wir waren wütend auf ihn. Aber hungrig waren wir auch. Wir griffen zu. Er saß uns gegenüber und spielte mit der Tischdecke, ohne selber zu essen.

Schließlich sagte er: „Hört her, ihr beiden. Jetzt wollen wir offen miteinander reden. Haben sie den Elch geschossen oder nicht? War vielleicht überhaupt kein Elch da?"

Stjopka kaute mit vollen Backen, als hätte er die Frage nicht gehört.