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„Warum?"

„Bei dieser Trockenheit kein Wunder. Einen Waldbrand zu löschen ist bestimmt nicht einfach."

„Ich hätte Lust dazu", sagte Pawlik träge.

„Ich auch. Wie es heißt, kommen die Hubschrauber bald in den Handel. Dann können wir uns einen kaufen, einen mit Tretmotor und chemischem Benzin. Briefträger und Polizisten kriegen ihn kostenlos geliefert", murmelte Pawlik.

Sie schliefen lange und fest. Im Schlaf hörte Pawlik den Hubschrauber zurückkehren. Er kreiste über ihnen und ruinorte immer lauter, konnte einfach nicht davonfliegen. Dann begann er aus Bordkanonen zu schießen, und Pawlik wachte auf.

Eine riesige graue Wolke mit golden schimmerndem Rand zog über die Wiese. Scharfe Donnerschläge erschütterten die Erde. Im Wald ächzten und stöhnten die von einem heftigen Windstoß zu Boden gedrückten Bäume.

Auch Shoka war aufgewacht und hochgesprungen. Die beiden nahmen ihre Angeln. Sie rannten unter eine hohe Fichte. Von hier aus sahen sie das reglose Gras, das Gesträuch, alles wie erstarrt. Die Stille war bedrückend, unheilverkündend. Nach einer Minute begann es in der Ferne zu lärmen. Ein dumpfes Getöse, das schnell näher kam. Dichte Schleier legten sich über die Wiese. Es regnete in Strömen. Am anderen Ufer der Orlinka leuchtete der Steilhang in samtenem Rot, goldene Feuerschlangen zuckten zur Erde.

„Ungemütlich", flüsterte Pawlik.

Die Fichte gewährte ihnen nicht lange Schutz gegen den Regen. Dicke, kalte Tropfen fielen in den Nacken.

Shoka meinte: „Komm, wir rennen nach Hause. Naß sind wir sowieso." 

Pawlik machte einen Buckel. „Ja. Dann werden wir wenigstens warm." 

Sie rannten aus dem Wald aufs Feld, waren in Sekundenschnelle bis auf die Haut durchnäßt. Angenehm, dachte Pawlik, wie ein warmes Bad. 

Ein braunes Rinnsal schäumte durch den Graben am Eisenbahndamm. Shoka lief runter und schlurfte gegen die Strömung.

„Guck mal, ich wate durch einen Fluß", rief er. 

Sogleich war Pawlik hinter ihm. In dem Graben gab es Späne und kleine, spitze Steine, die sich in die Fußsohlen bohrten. Was tat's? Der blaue Streifen, der in der Ferne am Himmel leuchtete, der den Rücken peitschende Regen, das trübe, rauschende Wasser — alles war so herrlich, daß Pawlik nur einen Wunsch hatte: etwas ganz Besonderes zu unternehmen.

„Shoka!" Shoka drehte sich um.

Pawlik warf beide Beine nach vorn. Er saß nun mitten im Graben. Um noch lächerlicher zu wirken, kniff er die Augen zu und verzog den Mund. Seine ausgestreckten Hände plantschten im Wasser.

Shoka lachte kurz auf. Dann lief er weiter. Pawlik hinterher.

Er sang.

„Regen, Regen allerwegen,
dieser Regen ist ein Segen,
dieser Segen ist ein Regen,
Regen, Segen allerwegen."

Mit diesem Lied auf den Lippen marschierte er weiter, schlenkerte rhythmisch die Arme. Das Wasser spritzte.

Plötzlich hörte der Regen auf, als hätte jemand oben einen Hahn zugedreht. Der Stadtrand war erreicht. Am anderen Ende der Straße wurde die Sonnenscheibe sichtbar. Sie sank dem Horizont entgegen.

„Neun Uhr", sagte Shoka, „ganz schön lange unterwegs gewesen."

Pawlik blinzelte gegen den verschwindenden Rand der Sonne.

„Halb zehn", meinte er aufs Geratewohl.

Auf der Treppe des Kaufladens saß der dicke Urlauber mit dem Rucksack, völlig durchnäßt. Er bewirtete den Schäfer mit Bier und erkundigte sich geflissentlich nach den Stellen, wo man am günstigsten angeln konnte. Aber auch der Schäfer wußte keinen Rat. Pawlik dachte: Wenn ich eine solche Stelle finde, führe ich den Onkel hin und verlange nicht einmal einen Haken dafür.

Sie gingen um die Kolchosherde herum.

Langsam trotteten die Kühe weiter. Pawlik trat dicht an eine heran und patschte sie in die feuchte, dampfende Seite. Früher hätte er so etwas nie getan. Heute fürchtete er sich vor nichts.

Es war ein erstaunlicher, ein glücklicher Tag.

Kurz vor Shokas Haus trafen sie auf Witka.

„Na, du bist mir einer", schimpfte Witka, „den ganzen Tag habe ich auf dich gewartet." 

„Ist ja nicht wahr", entgegnete Shoka, „ich habe gewartet."

Das brachte Witka auf. „Nein", schrie er, „ich auf dich." 

„Er hat gewartet, das stimmt", mischte sich Pawlik ein.

Witka sah ihn argwöhnisch an.

„Was willst du denn, du Wicht, halt gefälligst die Klappe, wenn du nicht gefragt bist, sonst geht's dir schlecht."

Pawlik verkroch sich sicherheitshalber hinter Shokas Rücken.

„Dem hast du den Mund nicht zu verbieten", schrie Shoka und tat einen Schritt auf Witka zu. „Dresche kriegt er", entgegnete Witka hitzig und trat gleichfalls einen Schritt nach vorn.

„Von dir nicht", schrie Shoka noch lauter und rückte abermals vor.

„Gib acht, daß du nicht eine Tracht mitbeziehst", drohte Witka, wich jedoch zwei Schritte zurück.

„Von dir nicht!" rief Shoka mit Donnerstimme und ging mit vorgeschobener linker Schulter auf Witka zu.

Witka sprang zurück.

„Räder klauen", fauchte Pawlik, „das kannst du."

„Das war erst der Anfang", brüllte Witka. „Das nächstemal nehme ich den ganzen Karren mit."

Shoka bückte sich und hob einen Stein auf. Witka verschwand schleunigst hinter der Zaunecke.

„Mit dir will ich nichts mehr zu tun haben", ertönte es aus der Ferne. 

„Das ist auch nicht nötig", gab Shoka zurück. „Pawlik ist viel besser als du. Sieh zu, daß du Land gewinnst."

Als Pawlik diese Worte hörte, wurde er unsagbar mutig. Er las den Stein auf, den Shoka geworfen hatte, und rannte an die Ecke. Witka war schon außer Sicht.

„Morgen gehen wir wieder hin", sagte Shoka. „Gut?"

Pawlik warf sich in die Brust. „Und weiter. Da wird was gefangen." 

„Ich wecke dich", versprach Shoka, „aber du mußt dich um einen Topf kümmern. Denke mal, wenn wir so viel fangen." 

Diese Worte stimmten Pawlik nachdenklich. Zu Hause saß Mutter. Sie wunderte sich natürlich, wo der neue Emailletopf geblieben war. Pawlik verspürte leichtes Bauchweh. Shoka aber durfte er nicht vor den Kopf stoßen. Wenn ein neuer Topf gebraucht wurde, mußte er ihn beschaffen. 

„Ich bringe einen mit", erwiderte Pawlik. „Wir haben ja noch drei, die sind alle größer als der weiße." 

Und tapfer stieg er die Treppe hoch.