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»Ihr habt Euch in einen Kampf verwickeln lassen?« fragte ich.

»Aye«, entgegnete er. »In mehrere.«

»Dann erduldet Eure Wunden wie ein mutiger Soldat, damit ich mir mein Mitleid ersparen kann!«

»Aber ich habe gewonnen!«

»Gott! Wo habt Ihr die Leichen gelassen?«

»Oh, so schlimm war es auch wieder nicht. Ein Mädchen hat mir das angetan.«

»Dann laßt mich sagen, daß Ihr für Euer Geld wohl gut versorgt worden seid.«

»Um so etwas ging es gar nicht. Ich glaube, ich habe uns in ein schlechtes Licht gerückt.«

»Und? Wie denn?«

»Ich wußte nicht, daß sie die Dame des Hauses war. Ich kam zurück und war so richtig in Stimmung. Ich hielt sie für ein Hausmädchen . . .»

»Dara?« fragte ich aufhorchend.

»Aye, so hieß sie. Ich klopfte ihr auf das Hinterteil und ging auf einen Kuß oder zwei aus . . .« Er stöhnte. »Sie packte mich, hob mich vom Boden hoch und hielt mich über ihren Kopf. Dann sagte sie, sie sei die Dame des Hauses – und ließ mich los. Ich wiege fast zwei Zentner, wenn nicht mehr, und es war ein langer Weg nach unten.«

Er trank aus seinem Glas, und ich lachte leise.

»Sie hat auch gekichert«, sagte er reuig. »Sie half mir auf die Beine und war im großen und ganzen nicht unfreundlich. Ich habe mich natürlich entschuldigt . . . Euer Bruder muß ein ziemlich harter Bursche sein. Ein so kräftiges Mädchen ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht über den Weg gelaufen! Was die mit einem Mann so anstellen kann . . .!«

Ehrfürchtiges Staunen schwang in seiner Stimme mit. Langsam schüttelte er den Kopf und kippte den Rest des Alkohols hinunter. »Es war erschreckend – und natürlich schrecklich peinlich«, schloß er.

»Hat sie Eure Entschuldigung angenommen?«

»O ja. Sie war ziemlich aufgeschlossen. Sie sagte mir, ich solle den Zwischenfall vergessen – sie würde dasselbe tun.«

»Warum liegt Ihr dann nicht im Bett und versucht die Sache zu überschlafen?«

»Ich wollte auf Euch warten, falls Ihr noch kämt. Ich wollte Euch abfangen.«

»Nun, das habt Ihr getan.«

Langsam stand er auf und griff nach seinem Glas.

»Wir wollen ins Freie gehen«, sagte er.

»Guter Gedanke.«

Unterwegs ließ er noch die Brandykrugflasche mitgehen, was ich ebenfalls für einen guten Einfall hielt.

Gleich darauf folgten wir einem Weg durch den Garten hinter dem Haus. Schließlich setzte er sich ächzend auf eine alte Steinbank unter einem großen Eichenbaum, füllte unsere Gläser nach und kostete.

»Ah! Eurer Bruder versteht sich auch auf Alkohol«, sagte er.

Ich setzte mich neben ihn und stopfte meine Pfeife.

»Nachdem ich mich entschuldigt und ihr meinen Namen gesagt hatte, kamen wir ein bißchen ins Reden«, fuhr Ganelon fort. »Sobald sie erfuhr, daß ich Euch begleite, wollte sie alle möglichen Sachen von mir wissen – über Amber und Schatten und Euch und die übrige Familie.«

»Habt Ihr dem Mädchen etwas gesagt?« fragte ich und zündete die Pfeife an.

»Völlig unmöglich, selbst wenn ich´s gewollt hätte«, erwiderte er. »Ich weiß ja nichts von den Dingen, die sie wissen wollte.«

»Gut.«

»Doch ich habe darüber nachgedacht. Ich glaube nicht, daß Benedict ihr allzuviel erzählt, und begreife auch den Grund. An Eurer Stelle würde ich sehr darauf achten, was ich ihr sage, Corwin. Sie scheint ausgesprochen neugierig zu sein.«

Ich nickte und blies den Rauch durch die Nase.

»Dafür gibt es einen Grund«, sagte ich. »Einen sehr guten Grund. Es freut mich zu wissen, daß Ihr ein kühles Köpfchen bewahrt, auch wenn Ihr getrunken habt. Vielen Dank für die Nachricht.«

Er zuckte die Achseln und trank von seinem Brandy.

»Ein tüchtiger Sturz ist ziemlich ernüchternd. Außerdem ist Euer Wohlergehen zugleich das meine.«

»Das ist wahr. Findet diese Version Avalons Eure Zustimmung?«

»Version? Dies ist mein Avalon«, sagte er. »Eine neue Generation ist herangewachsen, gewiß, doch es ist derselbe Ort. Ich habe heute das Feld der Dornen besucht, wo ich in Euren Diensten Jack Haileys Truppe besiegte. Es war dieselbe Stelle.«

»Das Feld der Dornen . . .«, sagte ich und erinnerte mich.

»Ja, dies ist mein Avalon«, fuhr er fort. »Und ich kehre später hierher zurück – wenn wir die Sache in Amber überstehen.«

»Ihr wollt noch immer mitkommen?«

»Schon mein ganzes Leben lang habe ich mir gewünscht, Amber zu sehen – na ja, seit ich zum erstenmal davon hörte, und zwar von Euch, in glücklicheren Tagen.«

»Ich weiß eigentlich nicht mehr, was ich damals sagte. Muß eine gute Geschichte gewesen sein.«

»Wir waren an jenem Abend herrlich betrunken, und es kommt mir wie gestern vor, daß Ihr mir – zum Teil unter Tränen – von dem mächtigen Kolvir-Berg und den grünen und goldenen Türmen der Stadt erzähltet, von den Promenaden, Plätzen und Terrassen, Blumen und Brunnen . . . Eure Geschichte kam mir nur kurz vor – doch sie nahm den größten Teil der Nacht in Anspruch. Als wir schließlich ins Bett taumelten, war es schon Morgen. Gott! Ich könnte Euch fast eine Karte der Stadt zeichnen! Ich muß Amber sehen, ehe ich sterbe!«

»Ich erinnere mich nicht an den Abend«, sagte ich langsam. »Ich muß sehr betrunken gewesen sein.«

Er lachte leise. »Oh, wir haben in der guten alten Zeit so allerlei miteinander unternommen!« sagte er. »Und man erinnert sich hier an uns. Doch als Menschen, die vor langer, langer Zeit gelebt haben – und viele Geschichten sind ganz verkehrt. Aber was soll´s! Wer behält die Dinge schon so in Erinnerung, wie sie wirklich waren?«

Ich rauchte stumm vor mich hin und dachte an die Vergangenheit.

». . . Und das alles bringt mich auf ein paar Fragen«, fuhr er fort.

»Bitte.«

»Euer Angriff auf Amber – wird der Euch mit Eurem Bruder Benedict verfeinden?«

»Ich wünschte, ich wüßte darauf eine Antwort«, entgegnete ich. »Zuerst wohl ja. Doch meine Attacke müßte längst abgeschlossen sein, ehe er einem Notruf folgen und Amber erreichen kann. Das heißt – mit Verstärkung. Er allein kann im Nu nach Amber gelangen, wenn ihm von der anderen Seite jemand hilft. Aber das brächte ihn nicht weiter. Nein. Ihm liegt bestimmt nichts daran. Amber zu zerreißen; folglich wird er jeden unterstützen, der es zusammenhalten kann, davon bin ich überzeugt. Wenn ich Eric erst einmal vertrieben habe, ist es sein Wunsch, daß die Auseinandersetzungen sofort beendet werden, und er wird mich auf dem Thron akzeptieren, nur um dieses Ziel zu erreichen. Natürlich billigt er die Tatsache der Thronübernahme nicht.«

»Darauf will ich ja hinaus. Wird es als Folge Eures Vorstoßes später böses Blut mit Benedict geben?«

»Ich glaube nicht. In dieser Sache geht es ausschließlich um Politik – und mein Bruder und ich kennen uns schon seit langer Zeit und sind stets besser miteinander ausgekommen als jeder von uns etwa mit Eric.«

»Ich verstehe. Da wir beide in dieser Sache stecken und Avalon nun Benedict zu gehören scheint, habe ich mir Gedanken gemacht, was er dazu sagen würde, wenn ich eines Tages hierher zurückkehrte. Würde er mich hassen, weil ich Euch geholfen habe?«

»Das möchte ich doch bezweifeln. So etwas entspricht nicht seiner Art.«

»Dann möchte ich meine Frage noch erweitern. Gott weiß, daß ich ein erfahrener Offizier bin, und wenn es uns gelingt, Amber zu erobern, gibt es für diese Tatsache einen guten Beweis. Nachdem nun sein Arm verletzt ist, glaubt Ihr, daß er mich als Feldkommandant seiner Miliz in Betracht ziehen würde? Ich kenne die Gegend hier sehr gut. Ich könnte ihn zum Feld der Dornen führen und ihm den Kampf dort beschreiben. Himmel! Ich würde ihm gut dienen –, so gut wie ich Euch gedient habe.«

Da lachte er.

»Verzeihung. Besser, als ich Euch gedient habe.«

»Das wäre nicht leicht«, erwiderte ich. »Natürlich gefällt mir der Gedanke. Aber ich bin mir gar nicht sicher, ob er Euch jemals vertrauen würde. Er könnte meinen, ich stecke dahinter und wolle ihn hereinlegen.«