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Ich ließ die Peitsche knallen, und wir legten die letzten fünf- oder sechshundert Meter zurück und stürzten uns hinein.

Dann hielt ich die Pferde zurück, ließ sie im Schritt gehen.

Der Weg führte weiter nach unten. Wir bogen um eine Ecke und befanden uns in einer breiten und hohen Grotte. Durch Löcher, die sich hoch über uns befanden, sickerte Licht herein, beleuchtete Stalaktiten und fiel auf zuckende grüne Seen. Der Boden beruhigte sich nicht. Mein Gehör erholte sich. Ich sah einen gewaltigen Stalagmiten zusammenbrechen und vernahm ein leises Klirren.

Wir überquerten einen schwarzen Abgrund auf einer Brücke, die aus Kalkstein zu bestehen schien – ein Bauwerk, das hinter uns zusammenbrach und in der Tiefe verschwand.

Felsbrocken regneten von oben herab. In Ecken und Spalten schimmerte es grün von Moos und rot von Pilzkulturen. Streifen von Mineralien krümmten sich funkelnd, große Kristalle und flache Blumen aus hellem Gestein trugen zu der feuchten, unheimlichen Schönheit dieses Ortes bei. Wir rollten durch Höhlen, die mich an eine Folge von Seifenblasen erinnerten, und fuhren mit einem schäumenden Strom um die Wette, der schließlich in einem schwarzen Loch verschwand.

Ein langer, gewundener Tunnel führte uns schließlich wieder nach oben, und ich hörte schwach und widerhallend Ganelons Stimme: »Ich glaube, ich habe eine Bewegung gesehen – könnte ein Reiter sein – oben auf dem Berg – nur einen Augenblick lang.«

Wir erreichten eine etwas hellere Höhle.

»Wenn das Benedict war, hat er alle Mühe, uns auf der Spur zu bleiben!« rief ich, gefolgt von einem Beben und gedämpften Krachen, als weitere Felsmauern hinter uns zusammenbrachen.

Wir fuhren aufwärts, bis sich schließlich Öffnungen über uns zeigten und den Blick auf einige Stellen des blauen Himmels freigaben. Das Klirren der Hufe und das Grollen des Wagens klangen wieder einigermaßen normal, und wir nahmen wieder ein Echo wahr. Das Beben hörte auf, kleine Vögel schwirrten über uns dahin, und das Licht wurde stärker.

Dann noch eine Wegbiegung, und der Ausgang lag vor uns, eine breite niedrige Öffnung in den Tag. Wir mußten die Köpfe einziehen, als wir unter dem ausgezackten Überhang hindurchfuhren.

Wir hüpften und tanzten über einen Vorsprung aus moosbedecktem Gestein und schauten schließlich auf ein Kiesbett hinab, das sich wie eine Sensenspur über den Hang zog und zwischen Riesenbäumen unter uns verschwand. Ich schnalzte mit der Zunge, trieb die Pferde von neuem an.

»Die Tiere sind sehr müde«, bemerkte Ganelon.

»Ich weiß. Sie können bald ausruhen – so oder so.«

Der Kies knirschte unter unseren Rädern. Die Bäume dufteten angenehm.

»Habt Ihr es bemerkt? Dort unten, zur Rechten?«

»Was . . .?« begann ich und wandte den Kopf. »Oh«, sagte ich dann.

Die widerliche schwarze Straße war noch immer neben uns, etwa eine Meile entfernt.

»Durch wie viele Schatten zieht sie sich?« fragte ich.

»Offenbar durch alle«, meinte Ganelon.

Grimmig schüttelte ich den Kopf. »Hoffentlich nicht.«

Und wir fuhren in die Tiefe, unter einem blauen Himmel und einer goldenen Sonne, die sich ganz normal dem Westen entgegensenkte.

»Ich hatte beinahe Angst, die Höhle zu verlassen«, sagte Ganelon nach einer Weile. »Was hätte uns hier draußen nicht alles auflauern können!«

»Die Pferde machen nicht mehr lange mit. Ich muß die Sache abschließen. Wenn wir vorhin Benedict gesehen haben, muß sein Pferd in ausgezeichneter Verfassung sein. Er hat es ziemlich stark angetrieben. Und dann all die Hindernisse . . . Ich glaube, er ist zurückgefallen.«

»Vielleicht kennt sich das Tier mit solchen Hindernissen aus«, sagte Ganelon, während wir knirschend in eine Rechtskurve fuhren und der Höhlenschlund unseren Blicken entschwand.

»Die Möglichkeit besteht natürlich«, sagte ich, dachte an Dara und fragte mich, was sie in diesem Augenblick wohl machte.

Allmählich kamen wir immer tiefer, dabei schoben wir uns langsam und unmerklich durch die Schatten. Der Weg führte immer mehr nach rechts, und ich fluchte, als ich erkannte, daß wir uns wieder der schwarzen Straße näherten.

»Verdammt! Das Ding ist ja so aufdringlich wie ein Versicherungsvertreter!« sagte ich, und mein Zorn schlug in eine Art Haß um. »Im geeigneten Augenblick werde ich das Ding vernichten!«

Ganelon antwortete nicht. Er trank gerade einen großen Schluck Wasser. Dann reichte er mir die Flasche, und ich tat es ihm nach.

Schließlich erreichten wir ebenes Terrain, und wie bisher krümmte und wand sich der Weg beim geringsten Anlaß. Ich gab den Pferden die Zügel frei. Hier mußte sogar ein berittener Verfolger das Tempo mäßigen.

Etwa eine Stunde später ließ meine Spannung nach, und wir machten Rast, um zu essen. Wir waren gerade fertig, als Ganelon – der unentwegt den Berg beobachtete – aufstand und die Hand über die Augen legte.

»Nein!« sagte ich und sprang auf. »Ich glaube es einfach nicht!«

Ein einsamer Reiter war aus der Höhle gekommen. Ich sah, wie er einen Augenblick zögerte und dann unserem Weg folgte.

»Was jetzt?« fragte Ganelon.

»Wir suchen unsere Sachen zusammen und fahren weiter. Auf diese Weise können wir das Unvermeidliche vielleicht noch ein Weilchen hinausschieben. Ich brauche noch etwas Zeit zum Nachdenken.«

Und wieder rollten wir dahin, noch immer in einem gemächlichen Tempo, das so gar nicht zur Hast meiner Gedanken paßte. Es mußte eine Möglichkeit geben, ihn aufzuhalten! Wenn möglich, ohne ihn umzubringen!

Doch mir fiel nichts ein.

Abgesehen von der schwarzen Straße, die sich wieder einmal heranschlängelte, war es ein herrlicher Nachmittag an einem wunderschönen Ort. Es war eine Schande, diese Erde mit Blut zu beflecken, besonders wenn es mein eigenes Blut sein sollte. Obwohl Benedict die Klinge nur noch links führen konnte, hatte ich Angst, ihm gegenüberzutreten. Ganelon konnte mir da gar nichts nützen. Benedict würde kaum Notiz von ihm nehmen.

An der nächsten Kurve schob ich uns weiter durch die Schatten. Gleich darauf stieg mir schwacher Rauchgeruch in die Nase. Wieder nahm ich eine leichte Verschiebung vor.

»Er kommt schnell näher!« verkündete Ganelon. »Ich habe ihn eben noch gesehen, wie er . . . Da steigt Rauch auf! Flammen! Der Wald brennt!«

Ich lachte und blickte zurück. Die Hälfte des Hangs war unter Rauchwolken verborgen, und ein orangerotes Phantom raste durch das Grün, und erst in dieser Sekunde erreichte das Krachen und Knistern meine Ohren. Aus eigenem Antrieb erhöhten die Pferde die Geschwindigkeit.

»Corwin! Habt Ihr . . .?«

»Ja! Wenn der Hang steiler und unbewaldet gewesen wäre, hätte ich es mit einer Steinlawine versucht.«

Minutenlang war die Luft voller Vögel. Wir näherten uns dem schwarzen Weg. Feuerdrache warf den Kopf hoch und wieherte. Schaumflocken flogen ihm vom Maul. Er versuchte auszubrechen, stieg auf die Hinterhand und ließ die Vorderläufe durch die Luft wirbeln. Star stieß einen erschreckten Laut aus und zog nach rechts. Ich kämpfte einen Augenblick lang dagegen an, gewann die Kontrolle zurück, beschloß, die Tiere ein Weilchen laufen zu lassen.

»Er kommt trotzdem!« rief Ganelon.

Ich fluchte, und wir holperten dahin. Schließlich führte uns der Weg unmittelbar an der schwarzen Straße entlang. Wir befanden uns auf einer langen Geraden, und ein Blick über die Schulter zeigte mir, daß der ganze Berg in Flammen stand – ein rotes Meer, durch das sich wie eine fürchterliche Narbe der Weg zog. Und jetzt sah ich den Verfolger. Er war auf halbem Wege nach unten und galoppierte wie ein Derbyreiter dahin. Gott! Was für ein Pferd das sein mußte! Ich fragte mich, welcher Schatten das Tier geboren hatte.

Ich zog die Zügel an, zunächst sanft, dann fester, bis wir schließlich wieder langsamer fuhren. Wir waren nur noch wenige hundert Fuß von der schwarzen Straße entfernt, und ich hatte dafür gesorgt, daß es ganz in der Nähe eine Stelle gab, wo die Entfernung nur noch dreißig oder vierzig Fuß betrug. Es gelang mir, die Pferde an diesem Punkt zum Stehen zu bringen. Schweratmend standen sie vor dem Wagen. Ich reichte Ganelon die Zügel, zog Grayswandir und sprang auf die Straße.