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Ich nahm die Karten zur Hand, die ich Benedict abgenommen hatte. Ich zog sein Abbild aus dem Spiel. Es schimmerte vor mir, und nach einer Weile kam es zum Kontakt.

Er saß auf dem mir bekannten rotschwarzgescheckten Tier, mit dem er mich verfolgt hatte. Er war in Bewegung, ringsum wurde gekämpft. Da ich sah, daß er einem anderen Reiter gegenüberstand, blieb ich still. Er sagte nur ein einziges Wort.

»Warte!«

Er erledigte seinen Gegner mit zwei schnellen Klingenbewegungen. Dann ließ er das Pferd herumwirbeln und begann sich aus dem Kampf zu lösen. Ich sah, daß die Zügel des Tieres verlängert und um den Stumpf seines rechten Arms gebunden waren. Es kostete ihn gut zehn Minuten, sich an eine einigermaßen sichere Stelle zurückzuziehen. Als er soweit war, sah er mich an, und ich erkannte, daß er sich zugleich die Szene hinter mir ansah.

»Ja, ich bin auf dem Plateau«, sagte ich. »Wir haben gesiegt. Eric ist in der Schlacht gefallen.«

Sein Blick blieb starr auf mich gerichtet; er wartete darauf, daß ich weitersprach. Sein Gesicht war reglos.

»Wir haben gesiegt, weil ich Gewehrschützen in den Kampf führen konnte«, sagte ich. »Ich habe schließlich doch einen Explosivstoff gefunden, der hier funktioniert.«

Er kniff die Augen zusammen und nickte. Ich hatte das Gefühl, daß er sofort wußte, worum es sich bei dem Zeug handelte und woher es stammte.

»Es gibt zwar viele Dinge, die ich mit dir besprechen möchte«, fuhr ich fort, »aber zunächst will ich mich deiner Gegner annehmen. Wenn du den Kontakt hältst, schicke ich dir mehrere hundert Schützen hinunter.«

Er lächelte.

»Beeil dich«, sagte er.

Ich rief nach Ganelon, der mir ganz aus der Nähe antwortete. Ich trug ihm auf, die Männer zusammenzuholen und hintereinander Aufstellung nehmen zu lassen. Er nickte, entfernte sich und begann Befehle zu brüllen.

Während wir auf seine Rückkehr warteten, sagte ich: »Benedict. Dara ist hier. Sie vermochte dir durch die Schatten zu folgen, als du von Avalon hierherrittest. Ich möchte . . .«

Er bleckte die Zähne und brüllte: »Zum Teufel, wer ist diese Dara, von der du andauernd redest? Ich kannte sie überhaupt nicht, ehe du zu mir kamst! Bitte, sag´s mir! Ich möchte es wirklich gern wissen!«

Ich begann zu lächeln.

»Sinnlos«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Ich weiß über sie Bescheid – doch ich habe niemandem verraten, daß du eine Enkelin hast.«

Unwillkürlich öffneten sich seine Lippen, und seine Augen waren plötzlich weit aufgerissen.

»Corwin«, sagte er. »Entweder bist du verrückt, oder du hast dich hübsch hinters Licht führen lassen. Soviel ich weiß, besitze ich eine derartige Verwandte nicht. Und was die Möglichkeit betrifft, mir durch die Schatten zu folgen – ich bin durch Julians Trumpf hierhergelangt.«

Natürlich! Meine einzige Entschuldigung, warum ich sie nicht sofort entlarvt hatte, war meine Konzentration auf die Auseinandersetzung. Benedict hatte natürlich durch den Trumpf von der Schlacht erfahren. Warum sollte er auf einer weiten Reise kostbare Zeit verschwenden, wenn eine schnelle Transportmöglichkeit zur Verfügung stand?

»Verdammt!« sagte ich. »Sie muß inzwischen in Amber sein! Hör zu, Benedict! Ich hole Gérard oder Caine – die sollen den Transport der Truppen zu dir durchführen. Ganelon wird die Männer begleiten. Gib deine Befehle durch ihn.«

Ich sah mich um und entdeckte Gérard, der sich mit mehreren Edelleuten unterhielt. Ich rief ihn mit lauter Stimme zu mir. Hastig wandte er den Kopf und rannte in meine Richtung.

»Corwin! Was ist?« Benedict hatte ebenfalls die Stimme erhoben.

»Ich weiß nicht! Jedenfalls stimmt etwas nicht!«

Ich schob Gérard den Trumpf in die Hand.

»Sieh zu, daß die Soldaten zu Benedict durchkommen!« sagte ich. »Ist Random im Palast?«

»Ja.«

»Frei oder eingesperrt?«

»Frei – mehr oder weniger. Er ist sicher in Begleitung einiger Wächter. Eric traut – traute ihm noch immer nicht.«

Ich machte kehrt. »Ganelon!« rief ich. »Tut, was Gérard Euch sagt. Er wird Euch dort hinabschicken – zu Benedict.« Ich machte eine Handbewegung. »Sorgt dafür, daß meine Männer Benedicts Befehle ausführen. Ich muß sofort nach Amber.«

»Gut!« gab er zurück.

Gérard lief auf ihn zu, und ich blätterte erneut die Spielkarten durch. Ich fand Randoms Bild und konzentrierte mich. In diesem Augenblick begann es endlich zu regnen.

Augenblicklich hatte ich Kontakt.

»Hallo, Random«, sagte ich, als sein Bild sich belebte. »Erinnerst du dich an mich?«

»Wo bist du?« fragte er.

»In den Bergen«, entgegnete ich. »Diese Schlacht haben wir gerade gewonnen, und ich schicke Benedict die Hilfe, die er braucht, um im Tal aufzuräumen. Doch zunächst brauche ich deine Hilfe. Hol mich zu dir!«

»Ich weiß nicht recht, Corwin. Eric . . .«

»Eric ist tot.«

»Wer führt dann das Kommando?«

»Na, was glaubst du wohl? Hol mich zu dir!«

Er nickte hastig und streckte die Hand aus. Ich hob den Arm, ergriff sie und tat einen Schritt. Im nächsten Augenblick stand ich neben ihm auf einem Balkon, der auf einen der Innenhöfe hinabblickte. Die Balustrade bestand aus weißem Marmor, und der Hof unten war ziemlich kahl. Wir befanden uns im zweiten Stockwerk.

Ich schwankte, und er ergriff meinen Arm.

»Du bist ja verletzt!« sagte er.

Ich schüttelte den Kopf und bemerkte, wie müde ich war. In den letzten Nächten hatte ich nicht besonders gut geschlafen. Das und noch viel mehr . . .

»Nein«, sagte ich und starrte auf die blutige Hemdbrust. »Ich bin nur müde. Das Blut stammt von Eric.«

Er fuhr sich mit der Hand durch das strohfarbene Haar und schürzte die Lippen.

»Du hast ihn also doch erledigt . . .«, sagte er leise.

Wieder schüttelte ich den Kopf.

»Nein – als ich ihn erreichte, lag er bereits im Sterben. Komm mit! Beeil dich! Es ist wichtig!«

»Wohin? Was ist denn los?«

»Zum Muster«, sagte ich. »Warum? Den Grund kenne ich nicht genau. Ich weiß nur, daß es wichtig ist. Komm schon!«

Wir betraten den Palast und näherten uns der Treppe. Zwei Wächter standen an der obersten Stufe, doch sie salutierten bei unserer Annäherung und versuchten uns nicht aufzuhalten.

»Ich bin froh, daß die Gerüchte über deine Augen stimmen«, sagte Random unterwegs. »Kannst du wirklich wieder gut sehen?«

»Ja. Wie ich gehört habe, bist du noch immer verheiratet.«

»Ja.«

Als wir das Erdgeschoß erreichten, hasteten wir nach rechts. Unten an der Treppe warteten zwei weitere Wächter, doch sie kümmerten sich nicht um uns.

»Ja«, wiederholte er, während wir zur Mitte des Palasts strebten. »Das überrascht dich, nicht wahr?«

»Allerdings. Ich dachte, du wolltest das Jahr hinter dich bringen und die Sache dann beenden.«

»Das dachte ich zuerst auch«, sagte er. »Doch ich habe mich in sie verliebt. Wirklich und wahrhaftig.«

»Es hat schon seltsamere Dinge gegeben.«

Wir durchquerten den marmornen Speisesaal und betraten den langen schmalen Korridor, der scheinbar endlos durch Schatten und Staub führte. Ich unterdrückte einen Schauder, als ich daran dachte, in welchem Zustand ich gewesen war, als ich diesen Weg das letztemal benutzt hatte.

»Sie mag mich wirklich«, sagte er. »Wie nie jemand zuvor.«

»Das freut mich für dich.«

Wir erreichten die Tür, die zu der Plattform am oberen Ende der langen Wendeltreppe führte. Sie stand offen. Wir schritten hindurch und begannen mit dem Abstieg.

»Mich nicht«, sagte er. »Ich wollte mich nicht verlieben. Damals nicht. Wie du weißt, waren wir die ganze Zeit in Gefangenschaft. Darauf kann sie doch niemals stolz sein!«

»Damit ist es nun vorbei«, sagte ich. »Du bist gefangengesetzt worden, weil du meinem Beispiel gefolgt bist und Eric töten wolltest, nicht wahr?«

»Ja. Aber dann kam sie hierher zu mir.«

»Das werde ich nicht vergessen«, sagte ich.