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»Und jetzt will er es wiederhaben«, vermutete Mike.

Wenn er das wollte, hätte er es euch schon längst weggenommen,erwiderte Astaroth.Nein, keine Angst. Er will weder euer kostbares Schiff noch will er dir Serena wegnehmen.

»Warum ist er dann hier?«Weil sich eure Wege zufällig gekreuzt haben,sagte der Kater.MUSS ich dich wirklich daran erinnern, dass ihrihnverfolgt habt und nicht umgekehrt?Er begann leise zu schnarchen, fuhr aber trotzdem fort:

Und dass er es war, der sein Leben riskiert hat, um euch zu retten?Mike blickte den Kater verblüfft an. Astaroth hatte den Kopf auf die Pfoten gelegt, das Auge geschlossen und schnarchte hörbar. Er schlief, daran bestand gar kein Zweifel. Und trotzdem fuhr seine lautlose Stimme in Mikes Kopf fort:

Es ist natürlich deine Entscheidung. Ich will dich nicht zu etwas überreden, was du nicht wirklich möchtest. Aber wenn ich du wäre, dann würde ich aufhören, ihn mit meinem Misstrauen zu verfolgen, und mir stattdessen überlegen, wie wir alle gemeinsam aus dieser Lage wieder herauskommen.

Irgendetwas stimmte hier nicht. Astaroth war schon für so manche Überraschung gut gewesen, aber dass er im Schlaf redete und dass er auf Fragen antwortete, das konnte Mike nun doch nicht glauben. Er machte einen halben Schritt auf den Kater zu, blieb wieder stehen und sagte: »Und was hat es mit all diesen Haifischen auf sich? Es ist doch bestimmt kein Zufall, dass sie ausgerechnet jetzt in unserer Nähe auftauchen?«Nein,erwiderte Astaroth.Aber auch das gehört zu den Dingen, über die du dir besser nicht den Kopf-

Mike hörte jedoch gar nicht mehr zu. Während Astaroth antwortete, hatte er sich auf Zehenspitzen der Tür genähert und jetzt riss er sie auf, stürmte auf den Gang hinaus und wäre um ein Haar gegen Argos geprallt, der hoch aufgerichtet und reglos unmittelbar vor der Tür stand. Das Gesicht des Atlanters war starr. Seine Augen waren geöffnet, aber Mike war sicher, dass er ihn im ersten Moment gar nicht zur Kenntnis nahm. Er schien konzentriert einen Punkt irgendwo im Nichts anzustarren und auch seine ganze Haltung war verspannt. Es dauerte nur eine halbe Sekunde. Als er Mikes Schritte hörte, erwachte er aus seiner seltsamen Trance, blinzelte und zauberte dann ein beinahe überzeugend wirkendes Lächeln auf sein Gesicht. »Hallo, Mike«, sagte er. »Ich wollte gerade zu dir kommen, um -« »So ist das also«, sagte Mike. Plötzlich war ihm alles klar. Von einer Sekunde auf die andere ergab Astaroths seltsames Verhalten einen Sinn, auch wenn er so schrecklich war, dass er sich im ersten Moment weigerte, es zu glauben. »Aber Sie waren doch schon bei mir«, sagte er. Argos legte perfekt gespielt die Stirn in Falten. »Wie meinst du das?« »Versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen«, erwiderte Mike scharf. Er machte eine Geste über die Schulter zurück. »Dort drinnen. Das war nicht Astaroth, der mit mir gesprochen hat, nicht wahr? Das waren Sie!« »Ich? Aber wie kommst du denn darauf?« »Hören Sie auf!«, sagte Mike wütend. »Wie lange geht das schon so? Erst seit heute oder habe ich schon seit zwei Wochen mit Ihnen gesprochen, wenn ich dachte, ich rede mit Astaroth? Und was haben Sie mit ihm gemacht?!« Argos spielte weiter den Unwissenden, aber es wirkte jetzt nicht mehr überzeugend. Bevor er jedoch antworten konnte, ging die Tür einer der anderen Kabinen auf und ein ziemlich verschlafener Trautman streckte den Kopf heraus.

»Was ist denn hier los?«, murmelte er. »Mike?« Er kam ganz auf den Flur heraus, schien erst in diesem Moment zu bemerken, dass Mike nicht allein war, und blickte stirnrunzelnd von Argos zu ihm und wieder zurück. »Was geht hier vor?« »Mike und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit«, sagte Argos lächelnd. »Aber ich glaube, sie ist beigelegt.« »Wissen Sie, was er getan hat?«, fragte Mike erregt. Er deutete anklagend auf den Atlanter. »Er hat Astaroth beeinflusst. Undeuchalle auch.«Du solltest das nicht versuchen,sagte eine Stimme in seinem Kopf. Vor einer Minute hätte er sie noch für die Astaroths gehalten, nun aber wusste er, dass es niemand anders als Argos war, mit dem er redete. Verblüfft fragte er sich, wie er nur so dumm hatte sein können. Sie alle wussten doch, dass die alten Atlanter-zumindest einige von ihnen - über geistige Kräfte verfügt hatten, die einem normalen Menschen wie pure Zauberei vorgekommen wären. Auch Serena hatte diese Kräfte gehabt, sie aber dann abgegeben. Wieso aber war keinem von ihnen auch nur derVerdachtgekommen, dass Argos über dieselben unheimlichen Zauberkräfte verfügte? Schließlich war er ihr Vater. Nun öffneten sich nacheinander auch die anderen Türen und Singh, Ben und Serena traten auf den Gang heraus. Einzig Juan und Chris schienen von dem Streit nichts mitbekommen zu haben. »Also, jetzt mal langsam«, sagte Trautman. Er unterdrückte ein Gähnen, blinzelte und fragte: »Was genau

meinst du damit: Er hat Astaroth beeinflusst und uns

andere auch?« »Aber versteht ihr es denn nicht?«, fragte Mike erregt. »Er hat uns die ganze Zeit manipuliert!« »Aber warum sollte ich so etwas tun?«, fragte Argos

laut.

»Das weiß ich nicht«, erwiderte Mike zornig. Mit erho

bener Stimme und an die anderen gewandt fuhr er fort:»Überlegt doch einmal selbst! Wir wissen überhaupt nichts über diesen Mann. Wir kennen seinen Namen und wir wissen, dass er von sich behauptet, Serenas Vater zu sein. Er hat uns gesagt, er stamme aus Atlantis und er wäre der König diesesVolkes. Überlegt doch mal! Wir sind jetzt seit zwei Wochen zusammen, aber außer seinem Namen und zwei oder drei Brocken, die er uns hingeworfen hat, wissen wir gar nichts von ihm. Er hat nichts erzählt! Weder von sich noch von seinem Leben in Atlantis, noch, wo er all die Jahre über gewesen ist und wieso er ausgerechnet hier und jetzt wieder auftaucht.« »Stimmt doch gar nicht«, protestierte Serena. »Du bist nur eifersüchtig, das ist alles. Wir haben jeden Tag stundenlang miteinander gesprochen. Das solltest du doch am besten wissen!« »Ja -erhat Fragen gestellt undwirhaben geantwortet«, sagte Mike aufgebracht. »Er selbst hat nichts gesagt.« Er trat herausfordernd einen Schritt auf Argos zu. »Wenn Sie wirklich der sind, der Sie zu sein behaupten, Argos, dann verraten Sie uns, wo Sie gewesen sind. Atlantis ist vor zehntausend Jahren untergegangen. Ich glaube nicht, dass Sie so alt sind. Wir wissen, wie Serena diese Zeit überstanden hat, aber wie haben Sie es geschafft? Ich finde, für einen Zehntausendjährigen sehen Sie verdammt gut aus.« »Hör sofort auf«, sagte Serena wütend. »Wenn du -« Ihr Vater unterbrach sie mit einer besänftigenden Geste, »Lass ihn«, sagte er. »Er hat ja Recht.« Serena sah ihn verwirrt an und auch Trautman und Singh wirkten überrascht. Argos fuhr fort: »Ich habe mich wirklich sonderbar benommen, das gebe ich zu. Dein junger Freund ist ein aufmerksamer Beobachter. Du darfst ihm nicht böse sein. Er macht sich einfach Sorgen um dich und eure Freunde, das ist alles.« »Habe ich Grund dazu?«, wollte Mike wissen.

Argos überging die Frage. »Es gibt in der Tat einige Dinge, die ich euch verschwiegen habe«, sagte er. »Aber das habe ich nicht getan, um euch zu hintergehen.« »Warum sonst?«, fragte Trautman. »Um Sie und die anderen nicht in Gefahr zu bringen«, sagte Argos. »Ich fürchte, ich habe es vielleicht gerade dadurch getan, dass ich Sie im Ungewissen gelassen habe, und es tut mir sehr Leid. Aber ich dachte, ich könnte ...« Er suchte nach Worten, zuckte mit den Schultern. »... mein Problem lösen, ohne Sie und Ihre Freunde noch tiefer mit in die Geschichte hineinzuziehen.« »Ich schätze, sehr viel tiefer geht es nicht«, sagte Trautman übellaunig. »Wenn wir in Gefahr sind, dann wüsste ich gerne, warum und vor wem wir uns fürchten müssen.« »Die Männer von dem schwarzen Schiff«, antwortete Argos. »Sie verfolgen mich seit Jahren. Nachdem ich auf der Insel gestrandet war, dachte ich, sie hätten meine Spur verloren, aber Sie wissen ja selbst, was danach geschah. Und ich fürchte, sie werden auch nicht aufgeben.« »Wer sind sie?«, wollte Mike wissen. »Das spielt keine Rolle«, erwiderte Argos. »Es wäre zu kompliziert, das jetzt zu erklären. Wichtig ist, wer sie geschickt hat. Es ist eine Macht, die nichts mit euch zu schaffen hat. Sie wollen nur mich.« »Warum?«, fragte Mike. »Weil ich etwas getan habe, wofür sie mich zur Rechenschaft ziehen wollen«, erwiderte Argos mit ungewohnter Offenheit. »Euch das zu erklären würde zu lange dauern und es spielt auch keine Rolle. Sie verfolgen mich und die anderen seit Jahren.« »Die anderen?« Serena löste sich überrascht aus seinen Armen, trat einen halben Schritt zurück und sah ihrem Vater fassungslos ins Gesicht. »Soll das heißen, es gibt noch mehr von uns?«