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Argos machte seine Drohung wahr, aber er hielt zugleich auch sein Versprechen: Mike hatte versucht, gewaltsam aus der Kabine zu entkommen, und der Atlanter hatte ihn trotz des erbärmlichen Zustandes, in dem er sich befand, spielend überwältigt und auf das Bett geworfen. Noch bevor Mike sich wieder hochrappeln und es ein zweites Mal versuchen konnte, hatte Argos die Kabine bereits verlassen, die Tür hinter sich zugezogen und abgeschlossen. Aber er verzichtete auch darauf, Mike wieder in seinen magischen Bann zu schlagen - auch wenn Mike annahm, dass er das weniger aus Freundlichkeit tat als vielmehr, um sich seine Konzentration für die anderen Besatzungsmitglieder aufzuheben. Seither waren mindestens drei oder vier Stunden vergangen. Mike hatte eine Weile aus Leibeskräften geschrien und mit den Fäusten gegen die Tür getrommelt, aber selbstverständlich war es sinnlos gewesen: Die Tür bestand aus zwei Zentimeter dickem Stahl, der jeden Laut verschluckte und den er ein Jahr lang mit

Faustschlägen und Fußtritten hätte bearbeiten können,

ohne ihn auch nur anzukratzen.

Schließlich hatte er es aufgegeben und sich zornig und frustriert auf sein Bett gelegt. Wenn wenigstens Astaroth hier gewesen wäre! Dann hätte er ihn gedanklich um

Hilfe rufen können und -

Aber Astaroth war nicht hier. Und er würde auch nie

wieder hier sein. Die Trauer übermannte Mike mit solch einer Kraft und Plötzlichkeit, dass er die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, das Gesicht in die Kissen vergrub und versuchte, mit dem Gefühl eines furchtbaren Verlustes fertig zu werden. Astaroth war mehr als ein Tier gewesen. Auf seine Art

sogar mehr als ein Freund. Abgesehen von Serena war er von allen an Bord sicherlich derjenige gewesen, mit dem Mike am tiefsten verbunden gewesen war. Sie hatten viel mehr geteilt als gemeinsame Erlebnisse und

Gespräche. Der Kater war oft Gast in seinen Gedanken gewesen, kannte seine Geheimnisse und Wünsche und erst jetzt, als er nicht mehr da war, da begriff Mike, dass es irgendwie auch anders herum so gewesen sein musste, denn er hatte das Gefühl, dass mit Astaroth auch ein Teil von ihm gestorben war. Nach einer Weile begannen sich die Maschinengeräu

sche des Schiffes zu ändern. Die NAUTILUS verlor an Fahrt, stand eine ganze Zeit reglos auf der Stelle und lief dann langsamer weiter. Kurze Zeit darauf nahm Mike ein leises, weit entferntes Knistern undÄchzen wahr und eine kaum spürbare Vibration des Bodens:

Das Schiff tauchte. Mike verbrachte die nächsten zwei oder auch drei Stunden damit, sich in Gedanken auszumalen, was nun im Salon des Schiffes vor sich ging und wie es außerhalb der NAUTILUS aussah. Obwohl ihm allein die Vorstellung einen eisigen Schauer über den Rücken jagte, ließ er doch jede noch so winzige Möglichkeit ei

nes Fehlschlages vor seinem geistigen Auge Revue passieren, denn alles erschien ihm in diesem Moment besser, als weiter an Astaroth zu denken. Irgendwann während dieser endlosen Stunden, in denen Mike eingesperrt in seiner Kabine lag, musste er wohl eingeschlafen sein, denn das Nächste, was er bewusst wahrnahm, das war eine Hand, die an seiner Schulter rüttelte, und Serenas ungeduldige Stimme: »Mike! Wach endlich auf!« Mike öffnete die Augen, fuhr mit einem Ruck hoch und starrte eine Sekunde lang verständnislos in Serenas Gesicht. Die Kabinentür stand offen und die atlantische Prinzessin stand halb über ihn gebeugt da. Sie sah aufgeregt drein und gestikulierte heftig mit beiden Händen. »Nun hör schon!«, rief sie. »Du hast dich jetzt wirklich lange genug ausgeruht!« »Ausgeruht ...?«, murmelte Mike verschlafen. Er stemmte sich ganz in die Höhe und versuchte, in Serenas Worten irgendeinen Sinn zu erkennen. »Aber ich habe nicht ...«, murmelte er benommen, brach den Satz dann ab und zog es vor, ohne ein weiteres Wort aufzustehen. Serena war wirklich sehr aufgeregt. »Was ist passiert?«, fragte er. »Es gibt Schwierigkeiten«, antwortete Serena. »Draußen, beim Wrack.« »Beim Wrack?« Also hatten sie es gefunden! ZumindestdieserTeil ihrer Expedition schien erwartungsgemäß verlaufen zu sein. »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Mike. Serena war bereits bei der Tür und drehte sich ungeduldig herum. »Zu lange«, antwortete sie. »Sieben oder acht Stunden ... ich weiß nicht. Komm schon!« Sie gab ihm keine Gelegenheit, eine weitere Frage zu stellen, sondern fuhr herum und verschwand mit weit ausgreifenden Schritten auf dem Gang. Mike folgte ihr, so schnell er konnte, doch schon bevor

sie sich der Tür zum Salon näherten, hörte er aufgeregte Stimmen. Serena war so schnell gelaufen, dass Mike einen kurzen Endspurt einlegen musste, um hinter ihr durch die Tür zu stürmen. »Was ist los? Was ist passiert?« Trautman, der hinter dem Kontrollpult stand und aufgeregt mit Ben und Juan diskutierte, hob mit einem Ruck den Kopf und wies dann mit dem ausgestreckten Arm zum Fenster. Als Mikes Blick der Bewegung folgte, stockte ihm der Atem. Sie hatten den Meeresboden erreicht und im Licht der voll aufgeblendeten starken Scheinwerfer war das Wrack des deutschen Schiffes zu erkennen. Es war tatsächlich in drei unterschiedlich große Stücke zerbrochen, die aber nur wenige Meter voneinander entfernt im Schlick lagen, und ringsum bildeten buchstäblich unzählige verschieden große Trümmerstücke eine bizarre Mondlandschaft, aus der das grelle Scheinwerferlicht alle Farben gelöscht hatte. Aber das war es nicht, was Mike so erschreckte. Er starrte aus ungläubig aufgerissenen Augen auf die schlanken, silbergrauen Geschöpfe, die das zerbrochene Schiffswrack in dichten Schwärmen umgaben. Haie! Es mussten Hunderte sein. Die Tiere schossen wie Pfeile ins Licht der Scheinwerferstrahlen hinein, verschwanden wieder, umkreisten das Wrack, stießen herab, führten Pirouetten auf oder schienen wie lauernde Wölfe fast reglos zu warten. Manchmal näherte sich eines von ihnen der NAUTILUS und einmal schoss ein besonders großes Exemplar so dicht an dem großen Bullauge vorbei, dass Mike instinktiv einen halben Schritt zurückwich. Der allergrößte Teil der Tiere jedoch schien nicht das geringste Interesse an der NAU-TILUS zu haben, sondern umkreiste weiter das Wrack. »Aber was ...«, murmelte Mike fassungslos. »Sie sind vor zehn Minuten aufgetaucht«, beantwortete Trautman seine gar nicht ausgesprochene Frage. »Ganz