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Zeichen dafür, wie schlecht die Atemluft in seinen Tanks bereits war, und vielleicht lebte er auch schon gar nicht mehr. Mike verschwendete jedoch keine Zeit darauf, ihn zu untersuchen, sondern bewegte sich hastig weiter, erreichte Singh und streifte mit einer einzigen Bewegung die beiden Flaschen von den Schultern. Mit fliegenden Fingern schraubte er den Atemschlauch von Singhs Sauerstoffflasche, befestigte ihn am Ventil eines der frischen Tanks und drehte es auf. Erst dann kniete er neben Singh nieder und wälzte ihn mühsam auf den Rücken; mit klopfendem Herzen und fast verrückt vor Angst, einen Blick durch die Helmscheibe zu werfen und feststellen zu müssen, dass er zu spät gekommen war. Aber er war es nicht. Singh lebte. Er hatte die Augen geschlossen und schien bewusstlos zu sein wie Argos, doch sein Atem ging schnell und stoßweise und als der frische Sauerstoff zischend in seinen Helm strömte, da konnte Mike sehen, wie er tief und gierig einzuatmen begann. Schon nach wenigen Augenblicken flatterten Singhs Lider und er öffnete die Augen, blinzelte einen Moment lang, dann erkannte er Mike. »Argos ...«, murmelte er. »Hilf... ihm. Sein Sauerstoff ... geht zu Ende.« In der ersten Sekunde war Mike einfach fassungslos. Selbst jetzt schien Argos' geistiger Einfluss noch weit genug zu reichen, um Singhs ersten Gedanken ihm und nicht sich selbst gelten zu lassen. Trotzdem hatte der Inder natürlich Recht. Mike war nicht hierher gekommen, um ihn sterben zu lassen. So ging er rasch zu Argos hinüber, tauschte auch dessen verbrauchte Sauerstoffflasche gegen eine neue aus und öffnete das Ventil. Danach aber kehrte er sofort wieder zu Singh zurück. Sein ehemaliger Leibwächter hatte sich mittlerweile in eine halb sitzende Position hochgestemmt; der frische Sauerstoff, der nun in seinen Anzug strömte, schien wahre Wunder zu tun. Seine

Bewegungen wirkten noch ein bisschen benommen, aber als Mike ihm ins Gesicht sah, da waren seine Augen klar und sein Blick fest. »Wie kommst du hierher?«, fragte Singh. Bevor Mike antworten konnte, fuhr er kopfschüttelnd fort: »Ich hatte schon mit dem Leben abgeschlossen. Ich dachte, alles wäre aus. Ganz plötzlich waren die Haifische da, unvorstellbar viele.« »Ich weiß«, antwortete Mike. »Aber wo sind sie alle hergekommen? Und was wollten sie?« Mike zuckte nur mit den Schultern, drehte sich aber halb herum und warf einen bezeichnenden Blick auf Argos. Auch der Atlanter hatte sich mittlerweile zu bewegen begonnen, schien aber weitaus größere Schwierigkeiten zu haben als Singh, wieder zu klarem Bewusstsein zurückzufinden. »Sind sie fort?«, fuhr Singh fort. Mike sah ihn an. »Die Haie?« Singh nickte. Um nicht auf seine Frage antworten zu müssen, stellte Mike eine eigene: »Habt ihr die Männer gefunden?« »Drei von ihnen«, bestätigte Singh. »Für die anderen besteht wohl keine Hoffnung mehr. Sie müssen aus dem Schiff geschleudert worden sein, als es in Stücke gebrochen ist. Es ist zwecklos, nach ihnen zu suchen.« »Wo sindsie?« Singh deutete zur Tür, die sich jetzt über ihren Köpfen befand. »Im Raum gegenüber. Wir werden Werkzeuge und Tragen brauchen, um sie aus dem Schiff zu befreien. Sie sind zu schwer, um sie ohne diese Hilfe zur NAUTILUS zu schaffen.«

»Wir haben das Schiff näher herangebracht«, antwortete Mike. »Es sind nur noch fünfzehn Meter. Ruh dich erst einmal aus und versuche, wieder zu Kräften zu kommen.« Er zögerte einen Moment, in dem er sich zu Argos herumdrehte und ihm einen finsteren Blick zuwarf, dann fügte er etwas leiser hinzu: »Danach werde ich dir das eine oder andere über unseren Freund Argos erzählen.« Singh blickte ihn fragend an, aber Mike ging nicht weiter darauf ein, sondern drehte sich nun vollends zu Argos herum und ging vor ihm in die Hocke, so dass er durch seinen Helm sehen konnte, Argos' Gesicht war noch immer so unnatürlich blass und ausgezehrt wie zuvor. Er atmete schnell und stoßweise und Mike konnte sehen, dass an seinem Hals eine Ader pochte. Der frische Sauerstoff hatte ihn aus der Bewusstlosigkeit geweckt, doch es war deutlich zu erkennen, dass er am Ende seiner Kräfte war. Als er Mikes Blick spürte, hob er den Kopf und sah ihn ein oder zwei Sekunden lang wortlos an. Dann sagte er ganz leise: »Das wird nicht nötig sein.«Irgendetwasgeschah. Mike konnte fast körperlich spüren, wie sich in seiner Umgebung etwas Unsichtbares, aber sehr Starkes bewegte ... Nein: nicht bewegte.

Verschwand.

Und kaum eine Sekunde später sog Singh erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein und stieß einen kleinen, überraschten Laut aus. Eine weitere Sekunde darauf sprang er trotz des schweren Taucheranzuges mit einer kraftvollen Bewegung in die Höhe und trat drohend auf Argos zu. »Das haben Sie getan?!«, fuhr er den Atlanter an. Argos hob nun wieder den Kopf. »Es tut mir sehr Leid«, sagte er. »Es musste sein. Mir ist klar, dass Sie mir nicht glauben werden, aber ich sage die Wahrheit: Ich hatte keine andere Wahl.« »Oh, so einfach ist das?«, fauchte Singh. Seine Stimme zitterte. Trotz des Unterwasseranzuges konnte Mike sehen, unter welcher Spannung der Inder plötzlich stand. Er konnte sich nicht erinnern, ihn jemals so wütend erlebt zu haben. »Sie haben uns alle in Lebensgefahr gebracht!« sagte er zornig. »Und nicht nur das. Sie haben -«

»Jetzt nicht, Singh«, sagte Mike. Zum allerersten Mal, seit er den Sikh kannte, war Singh ganz dicht davor, die Beherrschung zu verlieren und etwas zu tun, was er vielleicht später bereuen würde, das spürte Mike ganz genau. Aber noch vor wenigen Stunden war es ihm ja ganz genauso ergangen. »Was ist mit den anderen?«, fragte er in scharfem Ton, an Argos gewandt. »Sie sind frei«, erwiderte der Atlanter. »Alle?«, vergewisserte sich Mike. Argos nickte. Seine Schultern sanken erschöpft nach vorne und er schloss für einen Moment die Augen. »Meine Kräfte hätten sowieso nicht mehr gereicht, sie lange zu beherrschen«, sagte er. »Es ist sehr mühsam, den freien Willen eines Menschen zu unterdrücken.« »Und für wie lange?«, fauchte Singh. »Wollen Sie sich nur ein wenig ausruhen, um uns dann erneut zu ...Marionettenzu machen?« Argos schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe erreicht, was ich wollte«, antwortete er im Flüsterton. »Ich hoffe, ihr könnt verstehen, warum ich so handeln musste. Aber wenn nicht, dann bin ich bereit, die Konsequenzen zu tragen.« Mike sagte nichts dazu, aber Singh nickte grimmig. »Das werden Sie«, sagte er. »Das hat Zeit bis später«, sagte Mike rasch. »Jetzt haben wir ein ganz anderes Problem. Wir müssen zurück zur NAUTILUS. Und draußen wimmelt es immer noch von Haifischen!« Singh sah erschrocken hoch, aber Argos wirkte nicht im mindesten überrascht; eine Reaktion, die den geheimen Verdacht, den Mike schon eine geraume Weile hegte, noch weiter schürte.

»Haie?«, wiederholte Singh ungläubig. »Aber ich dachte, sie wären fort.« »Ich fürchte, nein«, erwiderte Mike. »Aber wie ...?«, Singh machte eine unsichere Handbewegung, »... wie bist du denn hierher gekommen?«