lichkeit. »Was ist nur in dich gefahren, mitten in der Nacht und noch dazu bei Flut hierher zu kommen? Wolltest du dich umbringen?« »Argos -bitte!« Mike atmete innerlich auf, als er Trautmans Stimme hörte und Argos sich herumdrehte, ohne auf eine Antwort auf seine Frage zu warten. Wahrscheinlich würde ihn auch Trautman gleich mit Vorwürfen nur so überschütten, aber das war ihm im Moment hundertmal lieber, als sich weiter mit dem Atlanter zu unterhalten. Unsicher stemmte er sich auf die Ellbogen hoch und wollte aufstehen, spürte aber, dass ihm dazu im Moment wohl noch die Kraft fehlte, und beließ es dabei, sich halbwegs aufzusetzen. Alles drehte sich um ihn und seine Lungen brannten noch immer wie Feuer. Auch wenn er sich nicht wirklich erinnerte, was passiert war, eines war klar: Er war dicht davor gewesen, zu ertrinken. Argos trat einen Schritt zurück, um Platz für Trautman und -wie Mike erleichtert feststellte -auch die restlichen Besatzungsmitglieder der NAUTILUS zu machen, die herangestürmt kamen, und setzte zugleich zu einer scharfen Antwort an, doch Trautman ließ ihn gar nicht zu Wortkommen, »Was ist hier passiert?«, fragte er. »Mike? Was ist los?« »Ihr junger Freund hat gerade versucht, sich umzubringen«, antwortete Argos düster. »Vielleicht war er auch nur der Meinung, dass uns langweilig ist und wir eine kleine Abwechslung gebrauchen können.« Trautman ignorierte ihn, eilte an ihm vorbei und blieb dicht vor Mike stehen. Sein Gesichtsausdruck war sehr besorgt, aber auch erleichtert. »Was war los?«, fragte er noch einmal. »Was tust du hier, mitten in der Nacht, und was -« Er sprach nicht weiter. Seine Augen wurden groß und sein Unterkiefer klappte fassungslos herunter. Mike konnte sehen, wie alles Blut aus seinem Gesicht wich,
während sich sein Blick auf einen Punkt irgendwo hinter ihm richtete. Er musste sich nicht eigens herumdrehen, um zu wissen, was Trautman in solch fassungsloses Erstaunen versetzte. Er hatte die NAUTILUS entdeckt. »Aber das ist doch ...« »Deshalb war ich hier«, sagte Mike. Das Sprechen bereitete ihm Mühe und er hatte immer noch Schwierigkeiten, richtig zu atmen. »Ich bin zufallig hergekommen, aber dann habe ich das Schiff gesehen.« »Aber wie ist das möglich?«, murmelte Trautman.»Wasist möglich?«, fragte Argos misstrauisch. »Aber sehen Sie es denn nicht?«, sagte Ben. Mittlerweile hatten alle -bis auf Argos anscheinend -gesehen, was mit der NAUTILUS passiert war, und der Anblick schien sie so sehr zu überraschen, dass sie für einen Moment selbst ihre Sorge um Mike vergaßen. »Die NAUTILUS! Sie ist aufgetaucht!« »Natürlich ist sie aufgetaucht«, antwortete Argos. »Die Pumpen scheinen zu funktionieren. Was ist daran so sensationell?« »Es ging viel zu schnell!«, antwortete Trautman. Plötzlich war er sehr aufgeregt. »Das ist völlig unmöglich! Um das Schiff so weit zu heben, hätte es zwei oder drei Tage gebraucht. Mindestens!« Er wandte sich an Mike. »Was ist passiert? Du warst hier, als sie aufgetaucht ist?« Mike schüttelte den Kopf, versuchte noch einmal aufzustehen und schaffte es diesmal; wenn auch erst, nachdem Trautman die Hand ausstreckte und ihn stützte. »Nein. Es war schon alles so, als ich herkam. Ich habe das Boot genommen und bin rübergerudert -«
Und den Rest der Geschichte würde ich für mich behalten,sagte eine Stimme in seinen Gedanken. »Aber wieso?«, murmelte Mike verblüfft. Trautman blinzelte. »Wieso was?«Glaub mir, es ist besser so,fuhr Astaroths lautlose Gedankenstimme fort.Wenigstens für den Moment.
»Wieso ... äh ... ich meine, ich weiß nicht,wiesodas Schiff aufgetaucht ist«, sagte Mike stockend. Trautman sah ihn misstrauisch an, dann trat er einen Schritt vor, streckte die Hand aus und berührte Mikes Hinterkopf. Als er die Finger wieder zurückzog, glänzte hellrotes Blut auf seinen Fingerspitzen. »Du bist ja verletzt!«, sagte er erschrocken. »Du hast dir den Kopf angeschlagen! Kein Wunder, dass du dich nicht erinnerst.« Mike winkte ab. »Das ist nichts«, sagte er. »Ich war ungeschickt und bin ausgerutscht -« »-und wärst um ein Haar ertrunken«, fiel ihm Trautman ins Wort. »Das war sehr leichtsinnig von dir, Mike. Und dass du dich nicht genau erinnerst, was überhaupt passiert ist, beweist, dass es etwas mehr alsnichtsist, meinst du nicht auch?« »Wahrscheinlich hast du eine Gehirnerschütterung«, pflichtete ihm Chris bei. »Mit so was ist nicht zu spaßen.« »Ach was«, sagte Mike, wurde aber sofort wieder von Trautman unterbrochen: »Chris hat vollkommen Recht. Du gehst ins Dorf zurück und legst dich hin. Serena wird kann dir einen Verband machen. Ich sehe mir das später genau an.«
Natürlich war an Schlaf in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Serena versorgte seine Wunde, so gut es ging, und die anderen ließen ihn gerade lange genug in Ruhe, dass sie sicher sein konnten, dass Trautmann nicht in der Nähe war, um sie zur Ordnung zu rufen, ehe sie ihn mit Fragen auch nur so bestürmten. Fragen allerdings, auf die Mike kaum eine Antwort hatte. Er wusste ja selbst nicht genau, was er an Bord der NAUTILUS nun wirklich erlebt hatte. Irgendjemand war dort gewesen, das stand fest, aber wer oder gar warum, darüber wagte er nicht einmal eine Vermutung anzustellen. Möglicherweise hatte Trautman ja Recht und er hatte sich den Kopf tatsächlich fester angestoßen, als er zugab. Außerdem wäre er um ein Haar ertrunken und in solchen Momenten neigt die menschliche Fantasie nur zu schnell dazu, einem die bösesten Streiche zu spielen. Ein Mensch mit dem Gesicht eines -
Sagte ich nicht, du solltest besser nicht darüber reden?
wisperte eine Stimme in seinen Gedanken.Tue ich doch gar nicht,antwortete Mike auf dieselbe lautlose Weise.Ich habe nur darübernachgedacht,Astaroth. Das ist ein Unterschied, weißt du? Vielleicht ist er nicht ganz so groß, wie du glaubst, Dummkopf,versetzte der Kater.Denk an was anderes. Zum Beispiel daran, dass wir jetzt schneller von diesem öden Felsklotz wegkommen, als wir gehofft haben.
Mike antwortete nicht darauf. Astaroths Worte verwirrten ihn. Wieso sollte es kein großer Unterschied sein, ob man etwas sagte oder dachte? Niemand außer dem telepathischen Kater konnte seine Gedanken lesen. Er sah sich suchend in der Hütte um, konnte Astaroth aber nirgends entdecken. Und wenn er richtig darüber nachdachte, dann hatte er den Kater auch seit seinem Erwachen am Strand nicht mehr gesehen. Bisher hatte er angenommen, dass Astaroth mit Trautman und Argos bei der NAUTILUS zurückgeblieben war. Andererseits machte das keinen großen Unterschied. Astaroth war durchaus in der Lage, seine Gedanken auch über größere Entfernungen hinweg zu lesen. Mike fragte sich nur, warum er das plötzlich tat. In den letzten Tagen hatte der Kater immer nur telepathischen Kontakt zu ihm aufgenommen, um ihn zu verspotten.Ja und das tut mir auch Leid,wisperte eine Stimme in seinen Gedanken.Es kommt nicht wieder vor.Mike riss vor lauter Erstaunen Mund und Augen auf. Astaroth und sichentschuldigen?Solange er den Kater kannte -und es waren mittlerweile Jahre! -, hatte Astaroth sich noch nie entschuldigt; bei niemandem
und für nichts. Bis vor drei Sekunden noch hätte Mike jeden Eid geschworen, dass Astaroth nicht einmal wusste, was dieses Wort bedeutete.So kann man sich täuschen,sagte Astaroth spöttisch.Und jetzt ist Schluss. Die anderen werden schon misstrauisch. Wir reden später. Auf dem Schiff.
Tatsächlich sahen sowohl Serena als auch Ben ihn mittlerweile fragend an. Sie wussten beide, wie auch die übrige Besatzung der NAUTILUS, was der abwesende Ausdruck auf seinem Gesicht bedeutete, doch Mike war klar, dass ihnen allen seine Fähigkeit, in Gedanken mit dem Kater zu reden, ein wenig unheimlich war. Bevor einer der beiden jedoch eine entsprechende Bemerkung machen konnte, ging die Tür auf und Trautman, Argos und die anderen kamen zurück. Alle wirkten müde und alle waren verdreckt und bis auf die Haut durchnässt. Offensichtlich hatten sie die NAUTI-LUS mindestens ebenso gründlich durchsucht, wie Mike es getan hatte. Den Abschluss der kleinen Gruppe bildete Astaroth, der mit einem erschöpften Miauen sofort auf Serenas Schoß sprang und sich zu einem Ball zusammenrollte, um sich von ihr in den Schlaf kraulen zu lassen -was nicht einmal so lange dauerte, wie Trautman und die anderen brauchten, um sich zu setzen. »Und?«, fragte Mike aufgeregt. »Und was?«, murmelte Juan gähnend. »Was ist mit der NAUTILUS?«, fragte Mike. »Es ist noch zu früh, um das zu sagen«, antwortete Trautman an Juans Stelle. »Aber es ist erstaunlich. Sie ist in viel besserem Zustand, als ich zu hoffen gewagt hätte.« »Sie ist in hervorragendem Zustand«, verbesserte ihn Argos. Seine Stimme klang eine Spur schärfer, als Mike es für angemessen hielt, und als er zu ihm hochsah, fiel ihm auch auf, dass er nicht annähernd so erschöpft und