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Es war noch immer ›Nacht‹.

Es war Mac völlig ernst gewesen, als er behauptete, er wolle schlafen. In den Jahren auf der Station hatte er sich das viele Schlafen richtig angewöhnt. Es war nicht nur sein hohes Alter, das ihn dazu verführte, sondern vor allen Dingen die Tatsache, daß sein Leben in der Station nicht gerade geeignet war, ihn ständig wachzuhalten. Es gab nur wenige Menschen, die sich freiwillig dazu bereitfanden, auf Asteroidenstationen Dienst zu tun, einsam und allein. So wenig eigentlich, daß eine Menge dieser Stationen lediglich auf ferngesteuerte Automaten angewiesen waren.

Hoerwitz gehörte zu der Sorte von Menschen, die ohne Gesellschaft auskamen und sich mit abstrakten Dingen zu beschäftigen wußten — zum Beispiel mit Büchern, Theaterstücken, Musik oder gar Poesie. Er konnte ein Buch mehrmals lesen und sich immer wieder dasselbe Schauspiel ansehen, so wie andere Leute immer wieder dasselbe Musikstück hören konnten, ohne es leid zu werden. Auf der Erde gab es kaum einen Job, der ihm soviel Freizeit gewährt hätte. Seine Stellung als Stationsleiter befriedigte daher nicht nur ihn, sondern auch seine Vorgesetzten.

Er schlief trotz der ungewöhnlichen Situation schnell ein und wachte erst neun Stunden später erfrischt und tatenfreudig wieder auf. Er hatte einen Plan. Vielleicht war es kein besonders guter Plan, aber immerhin bestand die Möglichkeit, daß er ihn am Leben hielt.

Der Plan bestand aus zwei Teilen.

Die erste Hälfte bestand darin, Smith zu überzeugen, daß die Eindringlinge ihr Schiff ohne Macs Hilfe nicht beladen konnten.

Das durfte ihm eigentlich nicht schwerfallen, denn es entsprach tatsächlich der Wahrheit. Selbst in der nahezu vollkommenen Schwerelosigkeit mußte es den vier Männern unmöglich sein, eine Ladung von zwölf Millionen Pfund von den Konvertern ins Schiff zu schaffen, wenn die Zeit drängte. Die Alternative bestand in der Ladevorrichtung der Station, und es schien unwahrscheinlich, daß einer der Männer sie bedienen konnte. Wenn die Verbrecher begriffen, daß nur er, Hoerwitz, ihnen helfen konnte, würden sie ihn so lange wie möglich am Leben lassen.

Der zweite Teil des Plans umfaßte die Suche nach einem Unterschlupf, der so gut war, daß ihn die Verbrecher in der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit nicht finden oder nicht erreichen konnten. Das setzte natürlich voraus, daß sie den Asteroiden nach Beladen des Schiffes so schnell wie möglich verlassen wollten — eine sehr wahrscheinliche Annahme. Die Einzelheiten mußte er noch genauer überdenken. So konnte es zum Beispiel vorteilhafter sein, ein geheimes Versteck zu wählen, anstatt sich in einen Unterschlupf zurückzuziehen, der den Verbrechern zwar bekannt war, in den sie aber ohne beträchtlichen Zeitverlust nicht eindringen konnten.

Letzteres schien ihm sicherer zu sein, aber er konnte sich beim besten Willen keinen Ort vorstellen, der dafür in Frage kam. In der Station gab es nur wenige Türen, von denen sich die wenigsten absichern ließen. Luftschleusen waren zwar zu verschließen, aber einem fachmännischen Angriff hielten sie nicht stand.

Natürlich waren einige Nuklearbehälter vorhanden, die jedem Einbruchsversuch widerstanden hätten; doch Mac Hoerwitz hätte sich ebensogut in einen Vulkankrater oder ein Schwefelsäurebad stürzen können.

Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich unsichtbar zu machen. Und dafür kam nur die Oberfläche des Asteroiden in Frage.

Natürlich gab es noch die vielen Korridore der Station, die eine Art Labyrinth bildeten. Aber sie waren nach einem ganz bestimmten Plan angelegt, der eine systematische Suche erlaubte, und Mac, der diesen Plan kannte, kam nicht auf den Gedanken, daß seine Gegner Schwierigkeiten mit der Orientierung haben könnten. Er hätte auch das Licht ausschalten können, um ihre Suche zu erschweren, doch auch das war keine Lösung, denn zumindest Robinson verstand etwas von Elektrizität. Und selbst für einen Mann wie ihn, dem die Schwerelosigkeit etwas Gewohntes war, konnte sich die Dunkelheit verhängnisvoll auswirken.

Nein, die Oberfläche bot die einzige Möglichkeit.

Der Asteroid hatte nicht die exakte Form einer Kugel, und er bot genügend Verstecke auf seiner unregelmäßig gestalteten Oberfläche. Hinzu kam das Fehlen jeglicher Atmosphäre und die damit verbundenen starken Kontraste zwischen Licht und Schatten. Mac fielen sofort mehrere Verstecke ein; schließlich hatte er die vergangenen Jahre nicht nur in der Station verbracht.

Wenn sich die Gelegenheit bot, hatte er Ausflüge nach draußen unternommen — allerdings nur, wenn ihm ein Begleiter zur Verfügung stand.

Eine bessere Kenntnis des Asteroiden wäre ihm jetzt zugute gekommen, aber immerhin wußte er mehr über ihn als seine Gegner. Vielleicht sollte er eine Bemerkung über seine ausgezeichneten Ortskenntnisse fallen lassen und betonen, daß er jeden Felsbrocken und jede Spalte kannte wie seine Shakespeare-Stücke. Vielleicht ließen sich die Verbrecher dadurch von einer Verfolgung abhalten, wenn er plötzlich verschwunden war. Vorausgesetzt, er paßte den Zeitpunkt genau ab, und vorausgesetzt, er konnte die Station unbemerkt verlassen.

Auch war es wichtig, daß Smith inzwischen seine Meinung nicht geändert hatte, was seinen Spaziergang anbetraf. War das der Fall, genügten fünf Sekunden, um Hoerwitz’ Raumanzug unbrauchbar zu machen und sich eine Beaufsichtigung zu ersparen. Es war zum Verzweifeln, daß alles von den Aktionen dieses Smith abhing, nicht von seiner, Macs, Entschlußkraft, zumal Smith offenbar kein Risiko eingehen wollte. Um diesem Mißtrauen zu begegnen, mußte Hoerwitz einen völlig harmlosen Eindruck machen, wobei es zweckmäßig war, Hamlets Ratschlag zu folgen und seine Rolle nicht zu übertreiben.

Aber das war eine Sache der Einstellung.

Was die Ausführung seines Plans anging, so mußte er noch einen anderen Faktor berücksichtigen. Bei der augenblicklichen Produktion würde die gewünschte Menge an Isotopen der Klasse IV zehn bis zwölf Stunden vor Perigäum fertig sein. Das mußte zugleich der Zeitpunkt sein, an dem Smith und seine Leute verschwinden wollten. Wenn es ihm gelang, den Prozeß hinauszuzögern, blieb ihnen noch weniger Zeit, nach ihm zu suchen. Die Frage war nur, wie er sein Vorhaben durchführen konnte, ohne ihren Verdacht zu erregen. Er kannte die Maschinen, sie nicht. Konnte er die Produktion der Konverter drosseln? Der Schmerz an seiner linken Hand erinnerte ihn daran, daß er sich vorsehen mußte.

Selbstverständlich konnte es eine Störung geben, aber das war ihm in den ganzen Jahren auf der Station noch nicht passiert. Es schien somit zwecklos, darauf zu hoffen — und wenn tatsächlich ein Defekt eintrat, bestand die Möglichkeit, daß die Kerle ihn dafür verantwortlich machten. Es sei denn, er arrangierte etwas, für das Jones offensichtlich verantwortlich war. Oder gar Smith selbst…

Er schüttelte den Kopf. Die Idee war gut — aber das war auch alles. Sie ließ sich nicht realisieren.

Es wurde höchste Zeit, daß er etwas unternahm. Immerhin lebte er noch. Aber je näher der Zeitpunkt des Starts rückte, desto geringer wurden seine Chancen, einen erfolgreichen Schlag gegen Smith zu fuhren. Träume halfen ihm jedenfalls nicht weiter.

Mac Hoerwitz nickte langsam vor sich hin, während ein Plan in seinem Kopf Gestalt anzunehmen begann.

4

Er schwebte zur Küche, um sich etwas zu essen zu machen, und war nicht überrascht, daß die Kerle seine Vorräte geplündert hatten. Für ihn reichte es noch. Wie schade, dachte er, daß ich kein Gift besitze.

Er nahm seine tägliche Ration Null-G-Medizin ein und ver-staute das Geschirr in der Spülmaschine. So schwer die Zube-reitung von Eiern mit Schinken auch sein mochte, hatte er doch bei Antritt seines Postens darauf bestanden, daß ihm normale Vorräte und keine Nahrungspasten zur Verfügung gestellt wurden. Im Verlauf der Jahre hatte er eine eigene Technik darin entwickelt, seine Gerichte auch im schwerelosen Zustand im Topf oder in der Pfanne zu halten und nicht davonschweben zu lassen. Oft genug hatte er sich vorgenommen. einmal ein Buch über die Kunst des schwerelosen Kochens zu schreiben.