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«Er hat vier Shilling gekostet», bemerkte ich.

«.Mon Dieu, Hastings, merkst du denn nicht, dass es ein vollkommen neuer Zettel ist! Dieser wurde durch den Mann aufgeklebt, der das Foto entnommen hat, denselben Mann, der uns zuvorgekommen ist und genau wusste, dass wir auf dem Wege hierher waren. Dieser Zettel wurde speziell für uns hinterlassen, von niemand anders als Claude Darrell – alias Nummer vier.» 

15

 Nach dem tragischen Tode von Miss Flossie Monro begann ich an Poirot eine merkliche Veränderung wahrzunehmen. Während er bis dahin unerschütterliches Selbstvertrauen gezeigt hatte, schien die ständige Spannung langsam Spuren bei ihm zu hinterlassen. Sein Benehmen war ernst und nachdenklich, und seine Nerven schienen dem Zerreißen nahe. Seit einigen Tagen benahm er sich wie eine Katze auf der Lauer. So weit wie irgend möglich vermied er alle Diskussionen über die Großen Vier und schien sogar sein Interesse an den Dingen des Alltags zurückzugewinnen. Trotzdem wusste ich genau, dass er sich insgeheim mit seinem großen Problem befasste. Fremdartig aussehende Leute, vermutlich Slawen, gingen bei ihm ein und aus, und obgleich er keinerlei Erklärung über ihre Anwesenheit abgab, konnte ich doch annehmen, dass er mit Hilfe dieser etwas zweifelhaft aussehenden Fremden einen neuen Angriff vorbereitete. Als er mich einmal gelegentlich bat, eine Banküberweisung in seinem Scheckbuch zu bestätigen, bemerkte ich die Anweisung einer sogar für Poirots verhältnismäßig hohes Einkommen beträchtlichen Summe – an einen Russen mit einem schier unaussprechlichen Namen. Jedoch gab er mir nicht die geringste Erklärung, zu welchem Verwendungszweck diese hohe Summe gedacht war. Wieder und immer wieder betonte er seinen Grundsatz: «Der größte Fehler besteht darin, seinen Gegner zu unterschätzen, denke stets daran, mon ami!»

Und ich stellte fest, dass er mit allen Kräften bemüht war, danach zu handeln.

So verstrich die Zeit im täglichen Einerlei bis gegen Ende März; dann, eines Morgens, machte Poirot eine Bemerkung, die mich in beträchtliches Staunen versetzte:

«Heute Morgen würde ich dir empfehlen, mein Freund, deinen besten Anzug anzuziehen, denn wir machen einen Besuch beim Staatssekretär.»

«Das ist allerdings sehr interessant, hat er dich etwa gebeten, einen neuen Fall zu übernehmen?»

«Nicht ganz, die Rücksprache findet auf mein Betreiben hin statt. Du wirst dich wohl noch an meine Bemerkung erinnern, dass ich ihm einmal einen kleinen Dienst erwiesen habe? Seither neigt er dazu, meine Fähigkeiten beträchtlich zu überschätzen; und nun stehe ich im Begriffe, einmal seine Hilfe für mich in Anspruch zu nehmen. Wie dir ferner bekannt sein dürfte, weilt der französische Premierminister Monsieur Desjardeaux zur Zeit in London, und auf meine Anregung hat der Staatssekretär seine Anwesenheit bei der heutigen Rücksprache angeregt.»

Mr Sydney Crowther, Seiner Majestät Staatssekretär für Innere Angelegenheiten, war eine bekannte und sehr beliebte Persönlichkeit. Ein Mann in den Fünfzigerjahren, mit etwas spöttischem Mienenspiel und scharf blickenden grauen Augen, empfing uns mit der Herzlichkeit, die man allgemein an ihm kannte. Mit dem Rücken zum Kamin stand ein großer, hagerer Herr mit gestutztem schwarzem Bart und ausdrucksvollen Gesichtszügen.

«Monsieur Desjardeaux», sagte Crowther, «erlauben Sie mir, Sie mit Monsieur Hercule Poirot bekannt zu machen, von dem Sie sicher schon gehört haben werden.»

Der Franzose verbeugte sich höflich und reichte Poirot die Hand. «Natürlich habe ich bereits von Monsieur Poirot gehört», sagte er erfreut, «wer hätte das nicht?»

«Sie sind zu liebenswürdig, Monsieur», entgegnete Poirot, sich verbeugend, wobei sich sein Gesicht vor Freude rötete.

«Darf ich mich als alter Freund auch in Erinnerung bringen?», fragte eine leise Stimme, und ein Herr trat aus der Ecke bei einem großen Bücherschrank auf uns zu.

Es war unser alter Bekannter, Mr Ingles.

Poirot schüttelte ihm mit großer Herzlichkeit die Hand.

«Und nun, Monsieur Poirot», sagte Crowther, «stehen wir zu Ihrer Verfügung. Sie sprachen davon, dass Sie uns eine Mitteilung von ganz außerordentlicher Wichtigkeit zu machen hätten.»

«Genauso ist es, Monsieur. Es handelt sich um die Aufdeckung einer einflussreichen Weltorganisation kriminellen Charakters. Sie wird geleitet von vier Personen, die sich selbst die Bezeichnung ‹Die Großen Vier› zugelegt haben. Nummer eins ist ein Chinese mit Namen Li Chang Yen, Nummer zwei ist der amerikanische Multimillionär Abe Ryland, Nummer drei ist eine Französin, und von Nummer vier glaube ich mit Bestimmtheit sagen zu können, dass es ein obskurer englischer Schauspieler namens Claude Darrell ist. Diese vier haben sich zu einer Bande vereinigt, um die bestehende Weltordnung zu zerstören und sie durch eine Anarchie zu ersetzen mit dem Ziel, als alleinige Diktatoren aufzutreten.»

«Unglaublich», flüsterte der Franzose, «ein Mann wie Ryland in eine solche Angelegenheit verwickelt? Diese Idee erscheint mir fantastisch.»

«Wenn Sie mich bitte anhören wollen, Monsieur, so will ich Ihnen einiges von den Untaten der Großen Vier zur Kenntnis bringen.»

Es war eine bewundernswerte Schilderung, die Poirot gab. So geläufig sie mir auch in allen Einzelheiten war, fesselte sie mich wieder aufs Neue, als er in nüchterner Form unsere Erlebnisse und deren Ausgang schilderte.

Monsieur Desjardeaux und Mr Crowther wechselten einen Blick, als Poirot zu Ende erzählt hatte.

«Ja, Monsieur Desjardeaux, ich denke, wir müssen uns mit der Existenz der Großen Vier abfinden. Scotland Yard neigte zuerst dazu, der Angelegenheit sehr skeptisch gegenüberzustehen, jedoch hat man zugegeben, dass viele von Poirots Anklagen zu Recht bestehen. Es bleibt die Frage offen bezüglich des Ausmaßes ihrer Bestrebungen. Ich muss leider gestehen, dass Monsieur Poirot – hm – da ein wenig zu übertreiben scheint.»

Zur Festigung seiner Behauptungen brachte Poirot zehn weitere untrügliche Beweise. Ich bin ersucht worden, diese im Einzelnen nicht bekannt zu geben, und so halte ich auch damit zurück; nur so viel sei davon erwähnt, dass es sich um eine Kette von außergewöhnlichen Vorfällen in der englischen Flotte innerhalb eines scharf begrenzten Zeitraumes sowie um eine Serie von Flugzeugunfällen und unerklärlichen Notlandungen handelte. Nach Poirots Behauptung waren sie alle auf das Konto der Großen Vier zu setzen, und alle Anzeichen sprachen dafür, dass diese sich im Besitze von Aufsehen erregenden wissenschaftlichen Geheimnissen befinden mussten, die der Welt in diesem Umfange noch nicht zugänglich waren. Diese Erklärungen führten den Premierminister zu der Frage, die ich seit langem erwartet hatte.

«Sie sagten vorher, das dritte Glied dieser Organisation sei eine Französin? Haben Sie eine Ahnung über ihre Identität?»

«Es ist ein weithin bekannter Name, Monsieur, ein sehr berühmter Name. Nummer drei ist niemand Geringerer – als die berühmte Madame Olivier.»

Bei der Erwähnung der weltbekannten Wissenschaftlerin und Nachfolgerin von Madame Curie schien Monsieur Desjardeaux buchstäblich vom Stuhl zu fallen, sein Antlitz war rot vor Erregung. «Madame Olivier! Unmöglich! Absurd! Was Sie da behaupten, ist geradezu eine Verleumdung.»

Poirot schüttelte langsam den Kopf, enthielt sich jedoch einer weiteren Äußerung.

Desjardeaux betrachtete ihn einen Moment völlig verwirrt. Dann hellte sich sein Gesicht auf, er sah den Staatssekretär an und deutete vielsagend an die Stirn.