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Ich ging zu meinem Computer, auf dessen Bildschirm zwei nicht zu unterscheidende Sonagramme die Haspellaute abbildeten. Ich markierte einen Ausschnitt, sodass ich ihn wiederholen konnte. Wieder zeigte ich auf mich und Gary und sagte jeweils »Mensch«, dann auf die Heptapoden und ließ über die Lautsprecher die Aufnahme des Haspellauts erklingen.

Der Heptapode gab weitere Haspellaute von sich. Die zweite Hälfte sah auf dem Sonagrafen wie eine Wiederholung aus. Wenn ich die erste Äußerung [Haspel1] nenne, dann war diese hier nun [Haspel2Haspel1].

Ich zeigte auf etwas, das ein Heptapoden-Stuhl sein mochte. »Was ist das?«

Der Heptapode zögerte, deutete dann auf den »Stuhl« und sagte etwas. Das Sonagramm dafür unterschied sich deutlich von den früheren Lauten: [Haspel3]. Wieder deutete ich auf den »Stuhl« während ich über die Anlage die Aufnahme [Haspel3] abspielte.

Der Heptapode antwortete. Dem Sonagramm zufolge sah es nach [Haspel3Haspel2] aus. Optimistische Deutung: Der Heptapode bestätigte meine Wiedergaben als richtig, was die Schlussfolgerung zuließ, dass die Art, wie Heptapoden eine Unterhaltung führten, mit der Art der Menschen kompatibel war. Pessimistische Deutung: Der Heptapode hatte einen lästigen Husten.

An meinem Computer grenzte ich bestimmte Abschnitte ein und gab ihnen vorläufige Namen: »Heptapode« für [Haspel1], »Ja« für [Haspel2] und »Stuhl« für [Haspel3]. Als Überschrift für alle Äußerungen schrieb ich »Sprache: Heptapode A«.

Gary sah zu, was ich tippte. »Wofür steht das ›A‹?«

»Das unterscheidet diese Sprache von anderen Sprachen, die von Heptapoden vielleicht gesprochen werden«, sagte ich. Er nickte.

»So, jetzt wollen wir, nur mal zum Spaß, etwas versuchen.« Ich zeigte auf jeden der Heptapoden und versuchte den Laut [Haspel1] »Heptapode« nachzuahmen. Nach einer längeren Pause sagte der erste Heptapode etwas zu dem zweiten, der daraufhin etwas anderes sagte, und die Sonagramme von alledem glichen in nichts dem bisher Geäußerten. Da sie keine Gesichter hatten, war mir unklar, ob sie miteinander oder mit mir redeten. Noch einmal versuchte ich [Haspel1] auszusprechen, was aber keine Reaktion auslöste.

»Noch nicht einmal nah dran«, grummelte ich.

»Ich bin beeindruckt, dass Sie überhaupt solche Laute von sich geben können«, sagte Gary.

»Dann sollten Sie erstmal meine Elchrufe hören. So schnell haben Sie die Viecher noch nie rennen sehen.«

Ich versuchte es noch einige Male, doch keiner der Heptapoden entgegnete etwas, das ich wiedererkannt hätte. Erst als ich die Aufnahme mit der Aussprache des Heptapoden ein weiteres Mal abspielte, erhielt ich eine Bestätigung; der Heptapode antwortete mit [Haspel2]: »Ja.«

»Wir kommen nicht weiter und sind darauf angewiesen, Aufnahmen zu verwenden?«, fragte Gary.

Ich nickte. »Vorläufig zumindest.«

»Und jetzt?«

»Jetzt überprüfen wir, ob die Außerirdischen nicht etwa ›Sind die nicht putzig‹ oder ›Schau, was sie jetzt machen‹ gesagt haben. Dann probieren wir aus, ob wir die Wörter, die wir haben, auch erkennen können, wenn sie der andere Heptapode ausspricht.« Ich bedeutete ihm sich zu setzen. »Machen Sie es sich bequem. Das wird eine Weile dauern.«

Im Jahr 1770 lief die Endeavor, das Schiff von Kapitän Cook, vor der Küste von Queensland, Australien auf Grund. Während einige seiner Männer das Schiff instand setzten, führte Cook einen Erkundungstrupp an Land und traf auf Eingeborene. Einer der Matrosen zeigte auf eines der herumhüpfenden Tiere, die ihren Nachwuchs in einem Bauchbeutel trugen, und fragte, wie diese Tiere heißen. Ein Eingeborener antwortete: »Känguru.« Und so bezeichneten Cook und seine Leute das Tier fortan mit diesem Wort. Erst später erfuhren sie, was es bedeutete: »Was hast du gesagt?«

Diese Geschichte erzähle ich jedes Jahr in meinen Einführungskursen. Hinterher erkläre ich, dass die Geschichte ziemlich sicher so nicht stimmt, aber es ist eine klassische Anekdote. Was meine Studienanfänger natürlich lieber hören wollen, sind Anekdoten über die Heptapoden. Sie sind der Grund, weshalb sich in meiner späteren Universitätslaufbahn viele Studenten in meine Kurse einschreiben werden. Also zeige ich ihnen die alten Videoaufnahmen meiner Sitzungen vor dem Spiegel und von Einsätzen anderer Linguisten. Die Aufnahmen sind lehrreich und werden sich als nützlich erweisen, falls wir jemals wieder von Außerirdischen besucht werden sollten, aber sie liefern nicht viele gute Anekdoten.

Meine Lieblingsanekdoten zum Thema Spracherwerb handeln davon, wie sich Kinder Sprache aneignen. Ich erinnere mich an einen Nachmittag, du bist fünf Jahre alt und gerade vom Kindergarten heimgekommen. Du wirst mit deinen Buntstiften malen, während ich Hausarbeiten benote.

»Mama«, wirst du in jenem betont beiläufigen Tonfall sagen, den du dann anschlägst, wenn du etwas von mir willst, »darf ich dich etwas fragen?«

»Natürlich, mein Schatz. Frag nur.«

»Kann ich, äh, mehr Schweinchen haben als Sharon?«

Ich blicke von der Arbeit, die ich gerade korrigiere, auf. »Was meinst du damit?«

»Sharon hat in der Schule gesagt, dass sie mehr Schweinchen hat.«

»Wirklich? Hat sie erzählt, was das bedeuten soll?«

»Sie hatte Geburtstag, und ihre Eltern haben ihr mehr Schweinchen geschenkt.«

»Ah, ich verstehe. Du meinst, dass Sharon Meerschweinchen bekommen hat?«

»Ja, genau. Kann ich auch mehr Schweinchen haben?«

Gary und ich betraten den Fertigbau, in dem sich die Einsatzzentrale dieses Spiegelstandorts befand. Im Inneren sah es so aus, als würde jemand eine Invasion oder eine Evakuierung planen: Soldaten mit Bürstenhaarschnitt saßen um eine große Karte des Geländes herum oder arbeiteten mit Kopfhörern an klobigen Elektroapparaten. Man führte uns in das Büro von Colonel Weber, einen Raum im hinteren Teil des Gebäudes, wo eine Klimaanlage für kühle Luft sorgte.

Wir unterrichteten den Colonel über die Ergebnisse unseres ersten Tages. »Klingt nicht so, als hätten sie viel erreicht«, sagte er.

»Ich habe eine Idee, wie wir schneller vorankommen könnten«, sagte ich. »Aber Sie werden uns dafür weitere Ausrüstung genehmigen müssen.«

»Was brauchen Sie denn noch?«

»Eine Digitalkamera und einen großen Videobildschirm.« Ich zeigte ihm eine Zeichnung mit der von mir entworfenen Versuchsanordnung. »Ich will probieren, auch Schrift zu verwenden. Auf dem Bildschirm möchte ich geschriebene Wörter wiedergeben und mit der Kamera die Worte aufnehmen, die von den Außerirdischen geschrieben werden. Ich hoffe, dass die Heptapoden dasselbe machen werden.«

Weber begutachtete die Zeichnung zweifelnd. »Was für einen Vorteil soll das bringen?«

»Bisher bin ich so vorgegangen, als würden wir eine Sprache ohne Schrift studieren. Dann kam ich auf die Idee, dass die Heptapoden auch über Schrift verfügen müssten.«

»Und?«

»Falls die Heptapoden ihre Schrift auf technischem Weg wiedergeben, dann sollte ihre Schrift sehr regelmäßig und konsistent sein. Die entsprechenden Grapheme wären für uns leichter zu erkennen als die Phoneme. Statt zu versuchen, aus einem gesprochenen Satz einen Buchstaben herauszuhören, könnten wir versuchen, ihn in einem geschriebenen Satz zu erkennen.«

»Ich verstehe, was Sie meinen«, gab er zu. »Und wie würden Sie ihnen antworten? Indem Sie ihnen die Wörter, die sie uns in ihrer Schrift zeigen, in unserer Schrift darstellen?«

»Im Grunde ja. Falls sie Leerzeichen zwischen ihren Wörtern lassen, dann wären Sätze, die wir in ihrer Schrift schreiben, viel verständlicher als gesprochene Sätze, die wir aus Aufnahmen zusammenstückeln.«

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ihnen ist klar, dass wir ihnen so wenig wie möglich von unserer Technologie zeigen wollen.«