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»Ohne dich hätte ich keine Freude daran gehabt«, sagte Ajib, und zu seiner Überraschung wurde ihm bewusst, das es die Wahrheit war. »Nun aber bedauere ich, dass ich dir nicht zu kaufen vermag, was dir zusteht.«

»Du brauchst mir nie wieder etwas zu kaufen«, sagte sie.

Ajib beugte sein Haupt. »Mir scheint, ich bin für meine Missetaten bestraft worden.«

»Was für Missetaten?«, fragte Taahira, doch Ajib antwortete nicht. »Bisher habe ich dich nie gefragt«, fuhr sie fort. »Aber ich weiß, dass du all das Geld nicht geerbt hast. Sage mir: Hast du es gestohlen?«

»Nein«, sagte Ajib, nicht Willens, ihr oder sich selbst die Wahrheit einzugestehen. »Man hat es mir gegeben.«

»Also ein Kredit?«

»Nein, ich muss es nicht zurückzahlen.«

»Und du willst es auch nicht zurückzahlen?«, fragte Taahira bestürzt. »Du gibst dich also zufrieden damit, dass ein anderer für unsere Hochzeit bezahlt hat? Dass ein anderer mein Lösegeld gezahlt hat?« Sie schien den Tränen nahe zu sein. »Bin ich deine Frau, Ajib, oder die eines anderen Mannes?«

»Du bist meine Frau«, sagte er.

»Wie kann das sein, wenn ich mein Leben einem anderen verdanke?«

»Ich möchte nicht, dass du an meiner Liebe zweifelst«, sagte Ajib. »Ich schwöre dir, dass ich das Geld zurückzahlen werde, alles bis auf den letzten Dirham.«

Und so zogen Ajib und Taahira wieder in Ajibs altes Haus und begannen zu sparen. Beide arbeiteten für Taahiras Bruder, den Apotheker, und als dieser schließlich als Parfümhändler für die Reichen erfolgreich wurde, übernahmen sie sein Geschäft und verkauften Heilmittel an Kranke. Es ging ihnen gut, doch sie gaben so wenig wie möglich aus, lebten bescheiden und ließen ihre Möbel reparieren, statt sich neue zu kaufen. Jahrelang lächelte Ajib, wann immer er eine Münze in seine Kiste fallen ließ, und erzählte Taahira, dass dies ein Zeugnis dafür sei, wie viel sie ihm wert war. Er sagte, dass er selbst dann, wenn er die Kiste bis zum Rand füllte, immer noch ein gutes Geschäft gemacht hätte.

Aber es ist nicht leicht, eine Kiste mit Gold zu füllen, wenn man nur ab und zu ein paar Münzen übrig hat, und was als Sparsamkeit begonnen hatte, wandelte sich zu Geiz, und bedachte Entscheidungen wurden zu knauserigen. Schlimmer noch war, dass Ajibs und Taahiras Zuneigung füreinander im Lauf der Zeit verblasste und sie wegen dem Geld, das sie nicht ausgeben konnten, anfingen, einander mit Groll zu behandeln.

Auf diese Weise vergingen die Jahre, und Ajib wurde älter und wartete darauf, dass ihm das Gold zum zweiten Mal gestohlen wurde.

Was für eine seltsame und traurige Geschichte«, sagte ich.

»In der Tat«, entgegnete Bashaarat. »Würdest du sagen, dass Ajib weise gehandelt hat?«

Ich zögerte, bevor ich antwortete. »Es steht mir nicht zu, über ihn zu richten«, sagte ich. »Er muss mit den Folgen seiner Taten leben, so wie ich mit den meinen.« Ich schwieg für einen Moment und sagte dann: »Ich bewundere Ajibs Aufrichtigkeit, dass er dir alles erzählt hat, was er getan hat.«

»Ah, aber Ajib hat mir seine Geschichte nicht erzählt, als er ein junger Mann war«, sagte Bashaarat. »Nachdem er mit der Kiste aus dem ›Tor der Jahre‹ trat, habe ich ihn zwanzig Jahre lang nicht mehr gesehen. Ajib war ein weit älterer Mann, als er zurückkam, um mich zu besuchen. Er war nach Hause gekommen und bemerkte, dass jemand die Kiste gestohlen hatte, und aufgrund des Wissens, dass er seine Schuld beglichen hatte, sah er sich in der Lage, mir alles, was sich zugetragen hatte, zu erzählen.«

»Tatsächlich? Ist auch der alte Hassan aus deiner ersten Geschichte zu dir gekommen, um dir alles zu erzählen?«

»Nein. Hassans Geschichte hat mir sein jüngeres Ich erzählt. Der ältere Hassan ist nie wieder in mein Geschäft zurückgekehrt, aber an seiner statt hatte ich einen anderen Besucher, jemand, der mir eine Geschichte über Hassan erzählte, die er mir selbst niemals hätte erzählen können.« Bashaarat begann, mir die Geschichte dieses Besuchers zu erzählen, und wenn es Eurer Majestät gefällt, will ich sie hier wiedergeben.

Die Geschichte der Ehefrau und ihres Geliebten

Raniya war seit vielen Jahren mit Hassan verheiratet, und sie waren äußerst glücklich miteinander. Eines Tages sah sie, wie ihr Gatte mit einem jungen Mann speiste, der dem jungen Hassan, den sie geheiratet hatte, wie aus dem Gesicht geschnitten war. So groß war ihre Verwunderung, dass sie sich kaum beherrschen konnte, das Gespräch der beiden zu stören. Nachdem der junge Mann gegangen war, bedrängte sie Hassan, ihr zu erklären, wer das gewesen war, und Hassan erzählte ihr seine unglaubliche Geschichte.

»Hast du ihm von mir berichtet?«, fragte sie. »Wusstest du damals, was dir bevorstand, als wir uns das erste Mal begegnet sind?«

»Von dem Augenblick an, da ich dich sah, wusste ich, dass ich dich heiraten würde«, sagte Hassan lächelnd. »Aber nicht etwa, weil mir das jemand gesagt hätte. Weib, sicherlich würdest du ihm diesen Augenblick doch nicht verderben wollen?«

Raniya sprach also nicht mit dem jüngeren Ich ihres Gatten, sondern belauschte nur die Unterhaltung der beiden und warf verstohlene Blicke auf den jüngeren Hassan. Ihr Puls beschleunigte sich beim Anblick seiner jugendlichen Gestalt; unsere Erinnerungen täuschen uns zuweilen mit ihrer Süße, doch wie sie die beiden Männer einander gegenübersitzen sah, wurde ihr die ganze Schönheit des jüngeren Ichs ohne Übertreibung gewahr. Des Nachts lag sie wach und dachte an ihn.

Einige Tage nachdem Hassan sein jüngeres Ich verabschiedet hatte, brach er nach Damaskus auf, um einige Geschäfte mit einem Kaufmann zu tätigen. Während seiner Abwesenheit suchte Raniya das Geschäft auf, welches Hassan ihr beschrieben hatte, und schritt durch das ›Tor der Jahre‹ in das Kairo ihrer Jugend.

Sie erinnerte sich, wo der junge Hassan damals gelebt hatte, und machte ihn so ausfindig und folgte ihm. Bei seinem Anblick fühlte sie, wie ihr Verlangen für ihn mächtiger war als alles, was sie seit Jahren für den alten Hassan empfunden hatte, so lebhaft waren ihre Erinnerungen an ihre jugendlichen Liebesspiele. Sie war immer eine ergebene und treue Ehefrau gewesen, doch hier bot sich eine Gelegenheit wie keine zweite. Entschlossen, ihrem Verlangen nachzugeben, mietete Raniya ein Haus und begann es in den folgenden Tagen einzurichten.

Als das Haus hergerichtet war, folgte sie Hassan unauffällig und versuchte dabei Mut zu schöpfen, um ihn anzusprechen. Im Bezirk der Juweliere beobachtete sie, wie er zu einem Juwelier ging, dem er eine Halskette mit zehn Schmucksteinen zeigte, und wie er den Händler fragte, was er dafür bekommen könnte. Raniya erkannte die Kette wieder. Er hatte sie ihr in den Tagen nach der Hochzeit geschenkt; sie hatte nicht gewusst, dass er einst versucht hatte, sie zu verkaufen. Sie stand ein wenig abseits und lauschte, wobei sie vorgab, einige Ringe zu begutachten.

»Bring mir die Kette morgen, und ich werde dir tausend Dinare dafür zahlen«, sagte der Juwelier. Der junge Hassan akzeptierte den Preis und ging.

Wie sie ihm nachblickte, hörte Raniya, wie zwei Männer sich nahebei unterhielten.

»Hast du diese Halskette gesehen? Das ist eine von unseren.«

»Bist du da sicher?«, sagte der andere Mann.

»Das bin ich. Das ist der Lump, der unsere Kiste ausgegraben hat.«

»Lass uns das dem Hauptmann berichten. Wenn dieser Kerl die Kette verkauft hat, erleichtern wir ihn um sein Geld und noch mehr.«

Die beiden Männer gingen davon, ohne Raniya zu bemerken, die mit rasendem Herzen und reglos dastand wie ein Reh, an dem ein Tiger vorbeistreunte. Sie begriff, dass der Schatz, den Hassan gehoben hatte, einer Räuberbande gehört haben musste, und dass diese beiden Männer Mitglieder der Bande waren. Diese Bande behielt die Juweliere von Kairo im Auge, um denjenigen ausfindig zu machen, der ihre Beute entwendet hatte.