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Was Jakob, zurück in Berlin, Isabelle und Hans erzählte, belief sich auf eine Liste der Aufgaben, die ihn erwarteten. Über sein künftiges Bürozimmer verlor er kein Wort, erstaunt wurde er sich bewußt, daß er das geräumige Zimmer voller alter Möbel — darunter ein Sofa und eine schwere Holztruhe — für sich behalten wollte. Zweifellos sei es schäbig und nicht sehr hell, hatte Bentham gesagt, zudem gebe es im ersten Stockwerk — Alistair und zwei weitere Kollegen hatten ihre Zimmer im zweiten Stock — ein modernes Büro, es mußte, dachte Jakob, hinter dem Lesesaal liegen. Neben Mister Krapohls, des Bibliothekars, Kemenate, hatte Bentham zugestimmt, während Jakob errötete. Aus einer kleinen Küche war Maude, Benthams Sekretärin, mit einem Tablett herausgekommen, empört den Kopf schüttelnd, als sie von den Plänen der beiden hörte, — this room up here gehöre zuallererst gründlich ausgemistet und gestrichen, sie hatte Jakob ausführlich gemustert, eine etwa fünfzigjährige, rundliche Person, die ein Haarnetz trug und rote Backen hatte, als wäre sie gerade von draußen, aus irgendeinem Garten hereingekommen, die Schere noch in der Hand. Sie hielt aber das Tablett, auf dem eine Teekanne und zwei Schälchen mit Keksen standen, ein Teller mit Sandwiches dazu, Milchkännchen und Zuckerdose aus Silber, so glänzend poliert, als wollte sie beweisen, daß gute Pflege und Reinlichkeit das einzige Mittel gegen ständig wuchernde Unordnung seien. Auf dem Weg zur Liverpool Street Station hatte Alistair ihm erklärt, daß es eine beständige Auseinandersetzung darüber gebe, ob man weiter die alten grauen Ordner benutzen oder sie endlich durch hellere, farbige ersetzen solle. Bentham selbst erwerbe benutzte Leitz-Ordner, wo immer er sie zum Verkauf sähe, eine der Marotten, an die man sich gewöhnen müsse. Falls Jakob Benthams Eigenarten veranschaulicht sehen wolle, hatte Alistair gesagt, müsse er nur dessen Lieblingsmuseum aufsuchen, John Soanes früheres Wohnhaus, eine krude und höchst skurrile Ansammlung von Objekten, in unmöglicher Enge und Zusammenstellung gelagert, denn von Präsentation könne keine Rede sein. Und all das, spürte Jakob, wollte er nicht erzählen bei seiner Rückkehr nach Berlin. Das Haus in der Lady Margaret Road bot genug Stoff, er schilderte es Isabelle enthusiastisch, verschwieg, daß er sich eine Wohnung in Primrose Hill nicht einmal angesehen hatte, Hans ließ er einen Blick auf die Akten werfen, die er zur Vorbereitung mitgenommen hatte, und so waren alle drei zufrieden, auch wenn Hans die Vorfreude der beiden nicht teilen konnte. Er würde sie vermissen.

Es war Andras, der schließlich nach Bentham fragte, Andras, der die Vorbereitungen ihrer Übersiedlung nie kommentiert und nur genickt hatte, als Isabelle und Jakob die Einladung nach London aussprachen. Sie standen nebeneinander auf dem Balkon, Ginka, Hans und Isabelle waren in der Küche, für einen Januarabend war es ungewöhnlich mild, und Andras rauchte, er zog nervös an der Zigarette, der vierten an diesem Abend. Magda erwartete ihn in zwei Stunden. Er zögerte, ihr abzusagen, zögerte, sie in die Wartburgstraße einzuladen. Er wollte nicht gehen, es würde einer der letzten Abende sein, die sie hier verbrachten. Er wollte Zeit gewinnen. Jakob schien erschrocken, als er ihn nach Bentham fragte.

— Schwer zu beschreiben, sagte Jakob schließlich, er ist nicht sehr groß, dicklich, mit zu kurzen Beinen für einen zu kräftigen Oberkörper, tadellos gekleidet, vielleicht eitel, sicher sogar eitel, obwohl es ihn offenkundig nicht kümmert, wie die Kanzlei aussieht, nämlich schäbig. In seinem Zimmer hängt ein Bild von Lucian Freud, kennst du ihn? Mit weißen Blumen, ich weiß nicht, was für welche das sind. Alistair hat erzählt, daß Freud ihn porträtiert hat. Ein großes Gesicht, eines von diesen Gesichtern, die ein bestimmtes Gewicht haben, die Nase, die Augenlider, alles hat ein Gewicht von soundsoviel Gramm, weißt du, was ich meine? Jakob errötete. Bentham war weder freundlich noch unfreundlich gewesen, oder doch freundlich, aber keineswegs überschwenglich. — Er ist so anders als Schreiber, ich habe jemanden wie ihn noch nie kennengelernt.

— Ist er Jude?

Jakob starrte Andras verblüfft an. — Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? Alistair hat gesagt, er sei als Kind nach England gekommen. Wieso meinst du? Andras zuckte mit den Schultern. Drinnen deckte Isabelle den Tisch. Sie schaute nicht zum Balkon, Andras sah, wie ihr Oberkörper sich bog, die Arme sich streckten, wie sie sich aufrichtete. Sie trug eine enge grüne Bluse und eine schwarze Jeans, die Füße steckten in dicken Socken. — Vielleicht deshalb, weil mich hier nie jemand gefragt hat, außer Hanna. Auch seltsam. Oder nicht, wer weiß.