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»Ich bin gerade zurückgekehrt aus diesem Land. Eine finstere Zitadelle schwebt darin. Die Straße führt dorthin.«

»Wie schwer ist dir die Annäherung gefallen?«

»Hier«, sagte ich, nahm den Trumpf zur Hand und reichte ihn ihm. »Der hat Dworkin gehört. Ich fand ihn unter seinen Sachen. Erst jetzt habe ich ihn ausprobiert. Er versetzte mich dorthin. An jenem Ort verläuft die Zeit bereits ziemlich schnell. Ich wurde von einem Reiter auf einer dahin treibenden Straße angegriffen, wie sie auf der Karte nicht zu sehen ist. Kontakte über den Trumpf sind dort draußen sehr schwierig, vielleicht wegen der Zeitunterschiede. Gérard hat mich zurückgeholt.«

Er betrachtete die Karte.

»Sieht aus wie der Ort, den ich damals besucht habe«, sagte er schließlich. »Mit dieser Karte sind unsere logistischen Probleme gelöst. Mit uns als Endpunkten einer Trumpfverbindung können wir die Truppen geradewegs hindurchtransportieren, wie wir es damals zwischen Kolvir und Garnath gemacht haben.« – Ich nickte.

»Das ist einer der Gründe, warum ich dir den Trumpf gezeigt habe; ich wollte dir meinen guten Willen beweisen. Vielleicht gibt es aber eine andere Methode, die weniger riskant ist, als unsere Truppen ins Unbekannte zu schicken. Ich möchte, daß du dein Unternehmen zurückstellst, bis ich diese Methode näher erkundet habe.«

»Ich muß mich ohnehin zurückhalten, um zunächst Informationen über jenen Ort zu erlangen. Wir wissen ja nicht einmal, ob deine automatischen Waffen dort funktionieren, oder?«

»Nein – ich hatte keine zum Ausprobieren dabei.«

Er schürzte die Lippen.

»Du hättest daran denken sollen.«

»Die Umstände meiner Abreise haben das unmöglich gemacht.«

»Umstände?«

»Ein andermal. Das ist im Augenblick nicht wichtig. Du hast gesagt, du wolltest der schwarzen Straße bis zu ihrem Ausgangspunkt folgen . . .«

»Ja?«

»Dort liegt aber nicht ihr wahrer Ausgangspunkt. Der eigentliche Ausgangspunkt, die Ursache, liegt im echten Amber, im Schaden am Ur-Muster.«

»Ja, das ist mir schon klar. Random und Ganelon haben mir eure Reise zum Ur-Muster beschrieben und den Schaden, den ihr dort entdeckt habt. Ich sehe die Analogie, die mögliche Verbindung . . .«

»Erinnerst du dich an meine Flucht aus Avalon und deine Verfolgung?«

Anstelle einer Antwort lächelte er.

»An einem Punkt haben wir die schwarze Straße überquert«, fuhr ich fort. »Erinnerst du dich?«

Er kniff die Augen zusammen.

»Ja«, sagte er. »Du schnittest einen Weg hindurch. An dieser Stelle war die Welt in ihren Normalzustand zurückgekehrt. Das hatte ich vergessen.«

»Bewirkt durch das Muster«, erklärte ich, »ein Einfluß, den man meiner Überzeugung nach in viel größerem Umfang ausüben kann.«

»Wieviel größer?«

»Na, um die ganze Erscheinung auszulöschen.«

Er lehnte sich zurück und erforschte mein Gesicht.

»Warum bist du dann nicht schon am Werk?«

»Ich muß zunächst ein paar Vorarbeiten erledigen.«

»Wieviel Zeit werden die kosten?«

»Nicht allzuviel. Wahrscheinlich nicht mehr als ein paar Tage. Vielleicht ein paar Wochen.«

»Warum hast du nicht eher davon gesprochen?«

»Ich habe erst vor kurzem davon erfahren, wie man so etwas anpackt.«

»Wie packst du so etwas an?«

»Letztlich läuft es auf eine Reparatur des Musters hinaus.«

»Also schön«, sagte er. »Nehmen wir einmal an, du hast Erfolg. Dann treibt sich der Feind doch noch immer da draußen herum.« Er deutete auf Garnath und die schwarze Straße. »Irgend jemand hat diese Wesen einmal durchgelassen.«

»Der Feind war immer da draußen«, sagte ich. »Und es liegt an uns, dafür zu sorgen, daß ihm keine Pforte mehr geöffnet wird – indem wir ein für allemal mit jenen abrechnen, die das Tor überhaupt aufgestoßen haben.«

»In diesem Punkt bin ich völlig deiner Meinung«, sagte er, »aber das meinte ich im Augenblick nicht. Auch die Mächte da draußen haben eine Lektion verdient, Corwin. Ich möchte ihnen Respekt vor Amber einbläuen, einen solchen Respekt, daß sie bis in alle Ewigkeit von Angst erfüllt sind, daß sie, wenn die Chance noch einmal kommen sollte, sich nicht mehr trauen, gegen uns vorzurücken. Das habe ich eben gemeint. Anders geht es nicht.«

»Du weißt nicht, wie schwer es ist, an jenem Ort zu kämpfen, Benedict. Es ist wahrhaft unbeschreiblich!«

Er lächelte und stand auf.

»Dann muß ich mir das wohl selbst mal ansehen«, sagte er. »Ich behalte die Karte zunächst, wenn du nichts dagegen hast.«

»Ich habe nichts dagegen.«

»Gut. Dann kümmere dich inzwischen weiter um das Muster, Corwin, während ich diese Sache erledige. Ein bißchen Zeit wird es kosten. Ich muß meine Kommandeure für die Zeit meiner Abwesenheit mit Befehlen versorgen. Wir wollen vereinbaren, daß keiner von uns entscheidende Schritte einleitet, ohne sich zunächst mit dem anderen abzustimmen.«

»Einverstanden«, sagte ich.

Wir leerten unsere Gläser.

»Ich werde auch bald wieder aufbrechen«, sagte ich. »Also viel Glück.«

»Dir auch.« Wieder lächelte er. »Die Dinge stehen besser«, sagte er und ergriff auf dem Weg zum Eingang meine Schulter.

Wir folgten ihm ins Freie.

»Bring Benedicts Pferd«, wandte sich Ganelon an die Ordonnanz, die in der Nähe unter einem Baum wartete; dann drehte er sich um und reichte Benedict die Hand. »Ich möchte dir ebenfalls Glück wünschen«, sagte er.

Benedict nickte und ergriff die Hand.

»Vielen Dank, Ganelon. Für vieles.«

Benedict zog seine Trümpfe.

»Bis mein Pferd eintrifft, kann ich noch schnell Gérard informieren«, sagte er.

Er blätterte die Trümpfe durch, zog einen heraus, betrachtete ihn.

»Wie willst du es anstellen, das Muster zu reparieren?« fragte mich Ganelon.

»Dazu muß ich das Juwel des Geschicks wieder an mich bringen«, sagte ich. »Mit diesem guten Stück kann ich den beschädigten Teil nachzeichnen.«

»Ist das gefährlich?«

»Ja.«

»Wo ist das Juwel?«

»Auf der Schatten-Erde. Dort habe ich es zurückgelassen.«

»Warum denn das?«

»Ich hatte Angst, daß es mich umbrächte.«

Daraufhin verzog sich sein Gesicht zu einer fast unmöglichen Grimasse.

»Das gefällt mir alles nicht, Corwin. Es muß eine andere Möglichkeit geben.«

»Wenn ich eine wüßte, würde ich sie wahrnehmen.«

»Einmal angenommen, du folgst Benedicts Plan und kämpfst gegen alle. Du hast selbst gesagt, ihm stünden in den Schatten unzählige Legionen zur Verfügung. Und du hast gesagt, er wäre der beste Kämpfer überhaupt.«

»Trotzdem bliebe aber der Schaden am Muster bestehen, und eines Tages würde etwas anderes kommen und ihn zu Hilfe nehmen. Der Feind des Augenblicks ist nicht so wichtig wie unsere innere Schwäche. Wenn die nicht behoben wird, sind wir bereits geschlagen, auch wenn kein fremder Eroberer in unseren Mauern weilt.«

Er wandte sich ab.

»Ich kann mich nicht mit dir streiten. Du kennst dein Land am besten«, sagte er. »Trotzdem meine ich, daß du vielleicht einen großen Fehler machst, wenn du dich – womöglich überflüssigerweise – in Gefahr begibst, wo du hier sehr gebraucht wirst.«

Ich lachte leise, war es doch Vialles Wort, das ich nicht hatte gelten lassen wollen, als sie es aussprach.

»Es ist meine Pflicht«, sagte ich.

Er antwortete nicht.

Benedict, der ein Dutzend Schritte entfernt stand, hatte Gérard offenbar erreicht, denn er murmelte etwas vor sich hin, hielt inne und lauschte. Wir standen in einiger Entfernung und warteten darauf, daß er sein Gespräch beendete und wir ihn verabschieden konnten.

». . . Ja, er ist hier«, hörte ich ihn sagen. »Nein, das möchte ich doch sehr bezweifeln. Aber . . .«

Benedict sah mich mehrmals an und schüttelte den Kopf.

»Nein, ich glaube es nicht«, sagte er. Dann: »Na schön, komm durch.«

Er streckte seine neue Hand aus, und Gérard trat ins Bild, sich an der Hand festhaltend. Gérard wandte den Kopf, erblickte mich und näherte sich sofort. Er musterte mich eingehend von Kopf bis Fuß, als suche er nach etwas.