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Richtungslose Schreie und Klagelaute . . . Wirre Lichtreflexe . . .

Wieder emporsteigend . . . Der Nebel senkt sich, wogt fort . . . Gras, Gras, Gras . . . Klar ist jetzt der Himmel und angenehm blau . . . Eine Sonne, die ihrem Untergang entgegenstürmt . . . Vögel . . . Eine Kuh auf der Weide, starrend und kauend . . .

Einen Holzzaun überspringen, dann auf einer Landstraße dahinreiten . . . Ein plötzlicher Kältehauch hinter dem Hügel . . . Die Gräser sind trocken, und Schnee liegt auf dem Boden . . . Ein Bauernhaus mit Blechdach auf einer Anhöhe, darüber ein Rauchkringel . . .

Weiter . . . Die Hügel wachsen empor, die Sonne rollt hinab, zieht Dunkelheit hinter sich her . . . Ein Spritzer Sterne . . . Hier ein Haus, weit zurückgesetzt . . . Dort ein anderes, die lange Auffahrt zieht sich zwischen alten Bäumen dahin . . . Scheinwerfer . . .

An den Straßenrand . . . Zügel anziehen und den Wagen vorbeilassen . . .

Ich wischte mir die Stirn, klopfte Ärmel und Hemdbrust ab. Dann tätschelte ich Drum den Hals. Das entgegenkommende Fahrzeug fuhr langsamer, und ich sah den Fahrer, der mich anstarrte. Ich bewegte vorsichtig die Zügel, und Drum setzte sich langsam in Bewegung. Der Wagen wurde gestoppt, und der Fahrer rief mir etwas nach, doch ich ließ das Tier weitergehen. Sekunden später hörte ich ihn anfahren.

Ab hier war es eine Landstraße. Ich ließ Drum in gemäßigtem Schritt gehen, wobei wir immer wieder an vertrauten Kennzeichen vorbeikamen, die mich an früher erinnerten. Einige Meilen weiter erreichte ich eine breitere, bessere Straße. Ich bog ab, hielt mich rechts. Die Temperatur nahm weiter ab, doch die kalte Luft fühlte sich angenehm und frisch an. Ein schmaler Mond zeigte sich über den Bergen zu meiner Linken. Einige kleine Wolken zogen am Himmel dahin, vom Mondlicht sanft angestrahlt. Wind gab es kaum, ab und zu rührten sich die Äste, das war alles. Nach einer Weile erreichte ich eine Reihe von Dellen in der Straße, die mir verrieten, daß ich fast am Ziel war.

Eine Kurve und noch ein paar Vertiefungen . . . Ich erblickte den Felsbrocken neben der Einfahrt. Ich las meine Anschrift darauf.

Nun zog ich die Zügel an und blickte den Hang hinauf. In der Einfahrt stand ein Lieferwagen, im Haus brannte Licht. Ich führte Drum über ein Feld zu einer Baumgruppe. Ich band ihn hinter einigen Tannen an und rieb ihm den Hals und sagte, es würde nicht lange dauern.

Dann kehrte ich zur Straße zurück. Keine Wagen in Sicht. Ich überquerte die Fahrbahn und ging auf der anderen Seite die Auffahrt hinauf, wobei ich hinter dem geparkten Auto vorbeikam. Das Licht brannte im Wohnzimmer weiter rechts. Ich ging links ums Haus herum.

Als ich die Veranda erreichte, blieb ich stehen und sah mich um. Irgend etwas stimmte nicht.

Der Hof hatte sich verändert. Zwei altersschwache Gartenstühle waren fort – ebenso das uralte Hühnerhaus, an dem diese Stühle gelehnt hatten und das ich aus Zeitmangel hatte stehen lassen. Als ich das letztemal hier durchkam, war beides noch vorhanden gewesen. Außerdem waren drei alte Äste verschwunden, die hier herumgelegen hatten, und ein Haufen altes Feuerholz, das ich mir vor langer Zeit zurechtgehackt hatte.

Der Komposthaufen fehlte ebenfalls.

Ich näherte mich der Stelle, wo er gewesen war. Vor mir sah ich einen unregelmäßigen Flecken nackter Erde, der etwa die Form des Haufens hatte.

Während ich mich auf das Juwel einstimmte, hatte ich festgestellt, daß ich seine Gegenwart erspüren konnte. Nun schloß ich die Augen und versuchte mich darauf zu konzentrieren.

Nichts.

Ich sah mich noch einmal gründlich um, doch nirgendwo blitzte es verräterisch auf. Nicht daß ich etwas zu finden erwartet hätte, nachdem ich schon vorher nichts gespürt hatte . . .

Der erleuchtete Raum hatte keine Gardinen. Als ich mir das Haus genauer ansah, fiel mir auf, daß überall die Läden oder Rouleaus fehlten. Folglich . . .

Ich ging um die Ecke. Vorsichtig näherte ich mich dem hellen Fenster und warf einen schnellen Blick hinein. Planen deckten den größten Teil des Bodens ab. Ein Mann mit Mütze und Overall strich die gegenüberliegende Wand.

Kein Wunder.

Ich hatte Bill gebeten, das Haus zu verkaufen. Die erforderlichen Papiere hatte ich unterzeichnet, während ich in der hiesigen Klinik lag, nachdem ich im Anschluß an den Mordversuch in mein altes Zuhause versetzt worden war – möglicherweise durch Einwirken des Juwels. Das alles mußte nach hiesiger Zeit Monate zurückliegen, wenn ich den Zeitumrechnungsfaktor von etwa zweieinhalb zu eins zugrundelegte, wie er zwischen Erde und Amber anzuwenden war, einschließlich der acht Tage, die mich die Höfe des Chaos gekostet hatten. Natürlich hatte Bill meiner Bitte entsprochen. Allerdings war das Haus in schlechtem Zustand, nachdem es mehrere Jahre lang leer gestanden hatte. Einbrecher hatten sich Zugang verschafft . . . Neue Scheiben waren erforderlich, das Dach mußte teilweise erneuert werden, ebenso die Regenrinnen und der Außenanstrich. Und es gab viel Unrat wegzuschaffen, draußen ebenso wie aus dem Inneren . . .

Ich wandte mich ab und ging über den vorderen Hang zur Straße hinab. Dabei dachte ich daran, wie ich diesen Weg beim letztenmal zurückgelegt hatte, halb im Delirium, auf Händen und Knien, mit einer blutenden Wunde in der Seite. Damals war es viel kälter gewesen; es schneite auf eine dichte Schneedecke. Ich ging an der Stelle vorbei, wo ich gesessen und mit dem Kissenbezug einen Wagen anzuhalten versucht hatte. Noch deutlich hatte ich jene Fahrzeuge in Erinnerung, die vorbeigefahren waren.

Ich überquerte die Straße und ging über das Feld zu den Bäumen. Dort machte ich Drum los und stieg auf.

»Wir müssen noch ein Stück weiter«, sagte ich zu ihm. »Allerdings nicht sehr weit.«

Wir kehrten zur Straße zurück, bogen darauf ein und passierten mein Grundstück. Hätte ich Bill nicht gesagt, er könnte das Haus verkaufen, wäre der Komposthaufen noch an Ort und Stelle, und das Juwel wäre auch noch hier. Schon hätte ich auf dem Rückweg nach Amber sein können, den rötlichen Stein um den Hals, bereit, die Schritte einzuleiten, die nun getan werden mußten. Statt dessen mußte ich mich auf die Suche danach machen, in einem Augenblick, da ich das Gefühl hatte, daß die Zeit wieder einmal knapp wurde. Wenigstens hatte ich hier einen günstigen Zeitlauf-Faktor in Relation zu Amber. Ich schnalzte mit der Zunge und schüttelte die Zügel. Trotzdem durfte ich keine Minute verschwenden.

Eine halbe Stunde später war ich in der Stadt und ritt durch eine ruhige Wohnstraße. Bei Bill brannte Licht. Ich bog in seine Auffahrt ein und stellte Drum auf dem Hinterhof ab.

Alice antwortete auf mein Klopfen, starrte mich einen Augenblick lang an und sagte dann: »Mein Gott! Carl!«

Minuten später saß ich mit Bill im Wohnzimmer, einen Drink in Reichweite. Alice war in der Küche, nachdem sie den Fehler begangen hatte, mich zu fragen, ob ich etwas essen wollte.

Bill zündete sich eine Pfeife an und musterte mich.

»Dein Kommen und Gehen sind nach wie vor sehr interessant«, stellte er fest.

Ich lächelte.

»Zweckmäßigkeit ist alles.«

»Die Schwester in der Klinik . . . kaum jemand hat ihre Geschichte geglaubt.«

»Kaum jemand?«

»Die Minderheit, die ich damit meine – das bin ich natürlich.«

»Was hat sie denn erzählt?«

»Sie behauptete, du seist in die Mitte des Zimmers gegangen und wärst plötzlich zweidimensional geworden und verblaßt, wobei sie alle Farben des Regenbogens gesehen hätte.«

»Eine solche Beobachtung kann auch auf Grünen Star hindeuten. Sie sollte sich ihre Augen untersuchen lassen.«

»Ich bitte dich, Carl. Sie ist völlig in Ordnung. Das weißt du auch.«

Ich lächelte und hob mein Glas.

»Und du«, sagte er, »siehst aus wie eine gewisse Spielkarte, von der ich einmal sprach. Komplett mit Schwert. Was ist los, Carl?«

»Die Sache ist noch immer kompliziert. Sogar noch komplizierter als bei unserem letzten Gespräch.«

»Womit du sagen willst, daß du mir die große Erklärung noch immer nicht geben kannst?«