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Ich schüttelte den Kopf.

»Du hast dir eine kostenlose Rundreise durch meine Heimat verdient, wenn alles vorbei ist«, sagte ich. »Das heißt, wenn ich dann noch eine Heimat habe. Im Augenblick stellt die Zeit fürchterliche Dinge an.«

»Wie kann ich dir helfen?«

»Gib mir bitte Informationen. Mein altes Haus. Wer ist der Bursche, durch den du es instandsetzen läßt?«

»Ed Wellen. Bauunternehmer aus dem Ort. Ich glaube, du kennst ihn sogar. Hat er dir nicht mal eine Dusche eingebaut oder so?«

»Ja, ja richtig . . . Ich erinnere mich.«

»Er hat sich inzwischen ziemlich vergrößert. Hat große Maschinen gekauft und beschäftigt mehrere Arbeiter. Ich habe die Firmengründung für ihn durchgezogen.«

»Weißt du, wen er draußen bei mir eingesetzt hat – jetzt gerade?«

»Nein. Aber ich kann es schnell herausfinden.« Er legte die Hand auf das Telefon neben sich. »Soll ich ihn anrufen?«

»Ja«, sagte ich. »Aber an der Sache hängt ein bißchen mehr. Im Grunde bin ich nur an einem Detail interessiert. Hinter dem Haus war ein Komposthaufen. Bei meinem letzten Besuch habe ich ihn noch gesehen. Jetzt ist das Ding fort. Ich muß wissen, was daraus geworden ist.«

Er legte den Kopf schief und grinste um seine Pfeife herum. »Machst du Witze?« fragte er schließlich.

»Keinesfalls«, gab ich zurück. »Als ich damals an dem Komposthaufen vorbeikroch und den Schnee mit meinem kostbaren Lebenssaft zierte, habe ich etwas darin versteckt. Das muß ich jetzt zurückhaben.«

»Und worum handelt es sich?«

»Um einen Rubinanhänger.«

»Von unschätzbarem Wert?«

»Richtig.«

Er nickte langsam.

»Wenn nicht gerade du dort säßest, würde ich sagen, jemand will mich auf den Arm nehmen«, sagte er. »Ein Schatz in einem Komposthaufen . . . Ein Familienerbstück?«

»Ja. Vierzig oder fünfzig Karat. Einfache Fassung. Schwere Kette.«

Er nahm die Pfeife aus dem Mund und stieß einen leisen Pfiff aus.

»Dürfte ich fragen, warum du das Ding dort versteckt hast?«

»Hätte ich es nicht getan, wäre ich jetzt tot.«

»Das ist ein guter Grund.«

Wieder griff er nach dem Telefon.

»Wir haben bereits einen Interessenten für das Haus«, bemerkte er dabei. »Das ist sehr gut, da ich noch gar nicht annonciert hatte. Ein Bursche, der irgendwoher Wind von dem Verkauf bekommen hatte. Ich habe ihn heute morgen herumgeführt. Er will sich´s überlegen. Vielleicht finden wir ziemlich schnell einen Käufer.«

Er begann zu wählen.

»Moment!« sagte ich. »Erzähl mir von ihm!«

Er legte den Hörer wieder auf und sah mich an.

»Hagerer Bursche«, sagte er. »Rothaarig, mit Bart. Sagte, er sei Künstler. Sucht ein Haus auf dem Lande.«

»Dieser Schweinehund!« sagte ich im gleichen Augenblick, als Alice mit einem Tablett ins Zimmer kam.

Sie schnalzte tadelnd mit der Zunge und stellte mir lächelnd das Essen hin.

»Hamburger und ein paar Salatreste«, sagte sie. »Nur eine Kleinigkeit.«

»Vielen Dank. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, mir mein Pferd zu braten. Wäre mir wohl übel bekommen.«

»Ich kann mir außerdem nicht vorstellen, daß das Tier. glücklich darüber gewesen wäre. Guten Appetit!« Mit Worten kehrte sie in die Küche zurück.

»War der Komposthaufen noch dort, als du dem Mann das Haus gezeigt hast?« fragte ich.

Bill schloß die Augen und runzelte die Stirn.

»Nein«, sagte er gleich darauf. »Der Hof war schon freigeräumt worden.«

»Das ist ja wenigstens etwas«, erwiderte ich und begann zu essen.

Nun erledigte er den Anruf, was mehrere Minuten dauerte. Ich bekam das Wesentliche mit, indem ich seinen Worten lauschte; trotzdem hörte ich mir anschließend die ganze Geschichte noch einmal ruhig an, während ich den Teller abräumte und mein Glas leerte.

»Es gefiel ihm nicht, guten Kompost zu verschwenden«, berichtete Bill. »Erst vor ein paar Tagen hat er den Haufen in seinen Kleinlaster umgeladen und auf seinen Hof gebracht. Dort hat er das Zeug auf einem Areal abgeladen, das er kultivieren möchte. Er hatte noch nicht mal Zeit, das Zeug zu verteilen. Er sagt, ihm wäre kein Schmuckstück aufgefallen, aber natürlich hat er´s auch übersehen können.«

Ich nickte.

»Wenn ich mir mal eine Taschenlampe ausborgen könnte, schaue ich gleich nach.«

»Aber selbstverständlich. Ich fahre dich hin.«

»Ich möchte jetzt nicht von meinem Pferd weg.«

»Nun, du kannst sicher eine Harke und eine Schaufel oder Spitzhacke gebrauchen. Ich fahre das Zeug rüber und sehe dich dort, wenn du weißt, wo das ist.«

»Ich kenne Eds Hof. Er hat doch sicher auch Werkzeug.«

Bill zuckte die Achseln und lächelte.

»Na schön. Ich gehe noch mal eben ins Badezimmer, dann machen wir uns auf den Weg.«

»Ich hatte den Eindruck, als kennst du den Interessenten.«

»Du hast zuletzt unter dem Namen Brandon Corey von ihm gehört.«

»Der Bursche, der sich als dein Bruder ausgab und dich zum Geisteskranken gestempelt hatte?«

»›Ausgab‹? Himmel, er ist mein Bruder. Woran ich allerdings keine Schuld habe. Entschuldige mich mal einen Augenblick.«

»Er war dort.«

»Wo?«

»Bei Ed, heute nachmittag. Jedenfalls hat sich dort ein bärtiger Rothaariger blicken lassen.«

»Was hat er gemacht?«

»Er hat sich als Künstler ausgegeben. Er fragte, ob er seine Staffelei aufstellen und eines der Felder malen dürfte.«

»Und Ed hat zugestimmt?«

»Natürlich. Er hielt das Ganze für eine großartige Idee. Deshalb hat er mir ja auch davon erzählt. Er wollte damit angeben.«

»Hol die Werkzeuge. Wir treffen uns dort.«

»In Ordnung.«

Das zweite, was ich im Badezimmer hervorholte, waren meine Trümpfe. Ich mußte schleunigst mit jemandem in Amber sprechen, mit jemandem, der stark genug war, um Brand aufzuhalten. Aber wer? Benedict war auf dem Weg zu den Höfen des Chaos. Random suchte nach seinem Sohn; von Gérard hatte ich mich nicht gerade freundschaftlich getrennt. Ich wünschte, ich hätte einen Trumpf für Ganelon.

Ich kam zu dem Schluß, daß ich es mit Gérard versuchen müßte.

Ich nahm seine Karte zur Hand und machte die erforderlichen geistigen Schritte. Sekunden später hatte ich Kontakt.

»Corwin!«

»Hör bitte zu, Gérard! Brand lebt noch, wenn dich das irgendwie tröstet. Ich bin fest davon überzeugt. Meine Bitte ist wichtig. Es geht um Leben und Tod. Du mußt etwas für mich tun – auf der Stelle!«

Sein Gesichtsausdruck hatte sich während meiner Worte schnell verändert – Zorn, Überraschung, Interesse . . .

»Sprich weiter«, sagte er.

»Brand kann jederzeit zurückkommen. Vielleicht hält er sich bereits in Amber auf. Du hast ihn nicht zufällig schon gesehen, oder?«

»Nein.«

»Du mußt verhindern, daß er das Muster beschreitet.«

»Das verstehe ich nicht. Aber ich kann vor dem Saal mit dem Muster einen Posten aufstellen.«

»Stell den Wächter direkt neben das Muster. Brand kennt seltsame Beförderungsmethoden. Schreckliches kann geschehen, wenn er das Muster beschreitet.«

»Gut, ich bewache es persönlich. Was ist los?«

»Im Augenblick habe ich für Erklärungen keine Zeit. Nun zum nächsten Punkt: Ist Llewella wieder in Rebma?«

»Ja.«

»Setz dich über Trumpf mit ihr in Verbindung. Sie muß Moire bitten, das Muster in Rebma ebenfalls zu bewachen.«

»Wie schlimm ist das alles, Corwin?«

»Es könnte zum Ende aller Dinge führen«, sagte ich. »Ich muß jetzt fort.«

Daraufhin unterbrach ich den Kontakt und ging durch die Küche zur Hintertür; unterwegs nahm ich mir allerdings die Zeit, Alice zu danken und ihr eine gute Nacht zu wünschen. Ich wußte nicht genau, was Brand tun würde, falls er das Juwel in seinen Besitz gebracht und sich darauf eingestimmt hatte; allerdings hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung.

Ich bestieg Drum und lenkte ihn auf die Straße. Bill fuhr bereits den Wagen aus der Garage.