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»Ich werde nicht zum Verräter«, entgegnete Dannyl. »Soweit ich weiß, ist es kein Akt des Verrats, einen fremdländischen Geliebten zu haben, denn anderenfalls hätte ich nie das Bett mit dir geteilt.«

Tayend verschränkte die Arme vor der Brust. »Das hier ist etwas anderes. Unsere Länder sind Verbündete. Sachaka ist …«

Als Tayend den Satz nicht beendete, zog Dannyl die Augenbrauen hoch. »Der Feind? Es wird immer unser Feind sein, wenn wir niemals aufhören, es als solchen zu behandeln.«

»Es wird niemals unser Verbündeter sein, solange Sachakaner wie Achati Sklaven halten und schwarze Magie benutzen.« Tayends Augen wurden schmal. »Erzähl mir nicht, dass du deine Position auch in diesen Punkten verändert hast.«

Dannyl schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.«

»Gut. Denn ich behalte dich im Auge, Botschafter Dannyl. Sobald du dich in einen Sachakaner verwandelst, werde ich es wissen.« Tayend wandte sich ab und ging zurück zur Luke, so dass Dannyl gezwungen war, seinen schallschluckenden Schild rasch zu senken. »Jetzt werde ich ein wenig schlafen.«

Als die Luke sich schloss, wandte Dannyl sich ab, um wieder aufs Meer hinauszublicken.

Mich in einen Sachakaner verwandeln. Wie lächerlich.

Aber wie es ihm so oft mit Tayend geschah, spürte er, dass ein kleiner Same des Zweifels Wurzeln schlug. Was, wenn er es wirklich tat? War Achati der Grund? Oder lag es einfach daran, dass er sich allzu sehr an die sachakanischen Sitten und Gepflogenheiten gewöhnte?

Wenn das so ist, dann besteht kein Grund zur Sorge. Sobald wir wieder im Gildehaus sind, wird Normalität einkehren.

29

Die Entscheidung

Die meisten Novizen bekommen diesen Raum niemals zu sehen, dachte Lilia, während sie Schwarzmagierin Sonea in Administrator Osens Büro folgte. Ich habe ihn öfter gesehen, als ich es jemals wollte.

Der Administrator saß hinter seinem Schreibtisch, und Schwarzmagier Kallen hatte auf einem der Stühle für Gäste Platz genommen, aber als sie und Sonea eintraten, standen beide Männer auf. Ein dritter Magier, verborgen hinter der Rückenlehne des Stuhls, auf dem er saß, erhob sich. Zu ihrer Überraschung war es Universitätsdirektor Jerrik.

»Lilia«, sagte Osen, als er um seinen Schreibtisch herumging und auf sie zukam. »Wie fühlt Ihr Euch?«

Sie blinzelte ihn an, ein wenig überrascht angesichts einer solch höflichen Frage.

»Mir geht es gut, Administrator Osen«, erwiderte sie. Ich bin es müde, darauf zu warten zu erfahren, ob ich wieder eingesperrt werde, fügte sie im Stillen hinzu.

»Das freut mich«, sagte er. »Wie Ihr wisst, haben wir darüber gesprochen, was mit Euch geschehen soll. Ich bin glücklich, Euch berichten zu können, dass wir zu einer Entscheidung gelangt sind und dass der König sie gebilligt hat.« Er lächelte. »Ihr dürft in die Gilde zurückkehren und Eure Ausbildung vollenden.«

Sie sah ihn ungläubig an, dann sprang ein Lächeln auf ihre Lippen. »Danke.«

Seine Miene wurde ernst. »Das Angebot ist jedoch mit einigen Bedingungen verbunden. Ihr werdet das Gelübde der Novizen noch einmal ablegen müssen.«

Lilia nickte zum Zeichen, dass sie dazu bereit war.

»Es wird Euch nicht gestattet sein, das Gelände der Gilde zu verlassen, es sei denn, Ihr hättet die Erlaubnis von mir persönlich, dem Hohen Lord Balkan, Schwarzmagier Kallen oder Schwarzmagierin Sonea«, fuhr Osen fort. »Es wird Euch nicht gestattet sein, schwarze Magie zu benutzen, es sei denn, der König würde irgendwann in Zukunft zustimmen, dass Ihr die Position einer Schwarzmagierin einnehmt. Um Euch als eine Person zu identifizieren, die sich auf schwarze Magie versteht, werdet Ihr ein schwarzes Band an den Ärmeln Eurer Roben tragen.«

Lilia nickte abermals und hoffte, dass man ihr ihre Enttäuschung nicht anmerkte. Seit sie mit Anyi gesprochen und von der Gefahr gehört hatte, die ihr und ihrem Vater von Skellin drohte, hatte Lilia gehofft, eine Möglichkeit finden zu können, ihr zu helfen. Wenn sie das Gelände der Gilde nicht verlassen durfte, wie konnte sie das dann tun?

»Wegen Eurer Kenntnisse der schwarzen Magie werdet Ihr nicht an Lektionen teilnehmen können, die eine Verbindung von Geistern verlangen. In diesen Situationen wird Schwarzmagier Kallen oder Schwarzmagierin Sonea Euch die Lektion erteilen.«

Sie versuchte, bei dem Gedanken an weitere geistige Verbindungen zu diesen beiden Magiern nicht zusammenzu-zucken. Aber eine Gedankenlesung ist etwas ganz anderes als die von Geist zu Geist erteilten Lektionen, die ich in der Vergangenheit hatte. Trotzdem … ich hoffe, Sonea ist diejenige, die mich unterrichtet. Kallen ist so streng und missbilligend.

»Kallen hat sich erboten, Euer Mentor zu werden. Wir denken, dass ein Mentor in Eurem Fall den Leuten klarmachen wird, dass wir Euch fest in der Hand haben.« Osens Tonfall klang beinahe unbeschwert, als er das sagte. »Da wir Proteste von den Eltern erwarten, wenn Ihr in den Novizenquartieren bleibt, werdet Ihr weiterhin in Schwarzmagierin Soneas Räumen wohnen.«

Lilia unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Einen Moment lang hatte sie befürchtet, sie würde vielleicht bei Kallen wohnen müssen, aber jetzt, da sie darüber nachdachte, wusste sie, dass es als unpassend für eine junge Frau erachtet werden würde, im Quartier eines ledigen Mannes zu leben, ganz gleich wie groß der Altersunterschied zwischen ihnen sein mochte.

»Akzeptiert Ihr diese Bedingungen?«, fragte Osen.

»Ja«, erwiderte sie und nickte abermals.

»Dann schwört es.«

Sie hielt inne, als sie begriff, dass er von ihr erwartete, dass sie sich an das Gelübde der Novizen erinnerte. Zu ihrer Überraschung fielen ihr die Worte mühelos wieder ein.

»Ich schwöre, dass ich niemals einem anderen Mann oder einer anderen Frau Schaden zufügen werde, es sei denn, zur Verteidigung der Verbündeten Länder«, sagte sie. »Ich werde die Regeln der Gilde befolgen. Ich werde den Befehlen jedes Magiers der Gilde gehorchen, es sei denn, ich müsste zu diesem Zweck ein Gesetz brechen. Ich werde niemals Magie benutzen, es sei denn, ein Gildemagier fordert mich dazu auf.«

Osen lächelte anerkennend. Dann wandte er sich an Direktor Jerrik und nickte ihm zu. Der Mann ging zu dem Stuhl zurück, auf dem er gesessen hatte, und hob etwas auf. Als er zurückkam, hielt er es Lilia hin.

Es war ein Bündel Novizenroben. Dankbarkeit überspülte sie wie eine warme Welle. Zu ihrer Verlegenheit spürte sie in den Augenwinkeln das Brennen von Tränen.

»Danke«, krächzte sie.

Osen legte ihr kurz eine Hand auf die Schulter. »Willkommen zurück.«

Die anderen Magier murmelten dieselben Worte. Lilia war so überwältigt, dass sie nicht sprechen konnte. Sie spürte Soneas Hand auf ihrem Arm.

»Ich denke, das war es.« Sie sah die anderen an, die nickten. »Lasst uns in Euer Zimmer zurückkehren, damit Ihr Euch umziehen könnt.«

In stummer Dankbarkeit ließ Lilia sich von der Frau aus dem Raum führen und zurück in ein Leben als Gildemagierin. Obwohl meine Kenntnisse der schwarzen Magie bedeuten, dass ich immer unter größeren Auflagen stehen werde als die meisten anderen Magier, dachte sie. Das ist erheblich besser, als eingesperrt zu sein. Oder tot.

Und vielleicht konnte sie irgendwie trotzdem eine Möglichkeit finden, Anyi zu helfen.

Als die Kutsche vor dem Nebeneingang des Hospitals anhielt, schob Sonea ein nagendes Widerstreben beiseite und stieg aus. Sie lächelte und nickte den Heilern und den Helfern zu, die sie begrüßten, beantwortete Fragen und erkundigte sich, was sie seit ihrem letzten Besuch dort verpasst habe.