»Es überrascht mich, dass seine Mutter dieses Arrangement akzeptiert.«
»Sie ist verständlicherweise aufgeregt – aber sie steht nicht im Begriff, nach Sachaka zu marschieren, um ihn heimzuholen, das kann ich Euch versichern.«
Der König lächelte. »Ein Jammer, dass er den Ring nicht behalten hat.«
»Ich vermute, er wollte das Risiko nicht eingehen, dass die Verräterinnen ihn durchsuchen und den Ring finden würden.«
Der König rutschte auf seinem Sitz hin und her. »Ich will, dass Ihr Euch bemüht, eine sichere Art der Kommunikation mit ihm aufzubauen, Botschafter Dannyl.«
Dannyl nickte. »Ich werde tun, was ich kann.«
»Das weiß ich. Ich werde Euch jetzt nicht länger aufhalten.« Der König erhob sich, und als Dannyl aufstand, bedeutete er Dannyl, dass er neben ihm hergehen solle, als sie sich auf den Weg zur Tür machten. »Ich bedaure, dass es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist. Wir hätten voraussehen sollen, dass die Verräterinnen ihre Aufmerksamkeit an irgendeinem Punkt auf die Gilde richten würden. Aber ich bin froh, dass Euer Assistent lebt und ihm keine unmittelbare Gefahr droht.«
»Vielen Dank, Euer Majestät. Mir geht es genauso.«
Sie erreichten die Tür und traten in den Flur.
»Wie lebt sich Eure neue Assistentin ein, Lady Merria?«
Dannyl lächelte grimmig. »Gut, sie passt sich schnell an.« Sie langweilt sich bereits wegen des Mangels an Aufgaben, hätte Dannyl gern hinzugefügt. Vielleicht … vielleicht kann ich sie bitten, darüber nachzudenken, wie wir uns mit Lorkin in Verbindung setzen könnten.
Der König schüttelte den Kopf. »Ich habe stark von einer Frau als Eurer Assistentin abgeraten, da sie Schwierigkeiten haben wird, mit sachakanischen Männern umzugehen, aber früher einmal hätte ich auch die Überlegung angestellt, dass eine Frau ein wahrscheinlicheres Ziel für die Verräterinnen darstellen würde, und in diesem Punkt haben sich meine Überlegungen als falsch erwiesen. Ich könnte mich auch irren, was Lady Merrias Erfolg hier betrifft.«
»Eure Majestät haben gewiss in allen anderen Belangen recht, und ich werde stets auf Eure Weisheit vertrauen, insbesondere in sachakanischen Angelegenheiten. Das ist der Grund, warum ich ihr Arbeiten zuweise, die es nicht erforderlich machen, dass sie Umgang mit sachakanischen Männern hat.«
Der König lachte leise. »Ihr seid ein kluger Mann.« Er blieb an der Tür zum Thronsaal stehen und bedeutete Dannyl, allein hineinzugehen. »Lebt wohl, Botschafter.«
»Es war mir wie immer eine Ehre und ein Vergnügen, Euer Majestät zu treffen.« Dannyl verneigte sich. Als der König davonging, drehte er sich um und kehrte in die große Halle zurück.
Nun, zumindest habe ich jetzt etwas, womit ich Merria beschäftigen kann. Obwohl es ein wenig grausam scheint, ihr eine so unmögliche Aufgabe zuzuweisen wie die, eine Möglichkeit zu finden, Lorkin ohne Hilfe der Verräterinnen zu kontaktieren. Aber für meine Forschungen interessiert sie sich ja ohnehin nicht, und ich könnte sie sowieso nicht bitten, sich allein in die persönliche Bibliothek eines Ashaki zu wagen, um für mich Bücher durchzusehen.
Allerdings hatte er in letzter Zeit auch keine Einladungen mehr erhalten, sich Bibliotheken persönlich anzusehen. Was seine Forschung anging, kam er keinen Schritt weiter.
Sonea schob den Korb mit Bettlaken von der einen auf die andere Hüfte und zog sich die Kapuze ihres Umhangs tiefer ins Gesicht. Obwohl es regnete und in der Luft eine Kühle lag, die vor unfreundlicheren Tagen warnte, fühlte sie sich ungeheuer wohl. Vielleicht würde es irgendwann ermüdend werden, in dieser Maskerade durch die Stadt zu streifen, aber für den Augenblick genoss sie die Freiheit, die sie ihr schenkte.
Nicht weit vom Hospital entfernt lag eine Wäscherei, die den größten Teil der Wäsche für das Hospital erledigte. Eine entsprechende Übereinkunft war bereits vor langer Zeit getroffen worden und hatte inzwischen schon mehrere Besitzerwechsel überstanden. Die Wäsche wurde immer von Helferinnen des Hospitals dorthin gebracht, so dass kaum Gefahr bestand, dass irgendjemand im Laden sie erkannte – es sei denn natürlich, es war ein Patient von ihr oder einer von dessen Angehörigen.
Sie duckte sich durch die offene Tür und ließ den Korb schnell fallen. Es war nicht notwendig, dass sie mit irgendjemandem sprach, und die Angestellten waren an Hospitalmitarbeiter gewöhnt, die es eilig hatten. Nebenan befand sich ein Süßigkeitenladen, und Sonea schlüpfte durch die Tür. Sie kaufte eine Tüte Pachi-Fruchtbonbons und sprach ein Losungswort. Die nicht mehr ganz junge Frau hinter der Theke bedeutete ihr, durch eine Tür in einen schmalen Gang zu treten.
Wenige Schritte später klopfte sie an eine weitere Tür. Auf die Anzahl der Klopflaute hatten sie sich schon vor Wochen geeinigt. Von innen wurde nun ebenfalls ein Losungswort genannt, und Sonea trat in einen kleinen Raum, der durch einen schmalen Schreibtisch in zwei Teile geteilt wurde.
»Seid mir gegrüßt.« Ein Mann mit breitem Brustkorb erhob sich und verneigte sich vor ihr, so gut er das in dem kleinen Raum vermochte. »Sie warten auf Euch.«
Sonea nickte und ging zu einer Seitentür – sie musste sich seitlich um den Schreibtisch herumschieben, um sie zu erreichen. Nachdem sie sie mit Magie geöffnet hatte, trat sie in ein Treppenhaus, verschloss die Tür hinter sich und fügte eine magische Barriere hinzu, die sich als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme quer über den Rahmen spannte.
Der Mann in dem kleinen Raum war ein Angestellter von Cery. Soweit Sonea es erkennen konnte, war er der Ehemann der Frau aus dem Süßigkeitenladen und einer der Geldeintreiber ihres Freundes aus Kindertagen. Als Nächstes ging Sonea die kurze Treppe hinunter und betrat einen Raum, der nicht viel größer war als der darüber und nur mit zwei Stühlen möbliert. Auf einem saß Cery, aber weder Gol noch Anyi hatte auf dem anderen Platz genommen.
Sonea schob ihre Kapuze zurück und lächelte ihren alten Freund und seine Leibwachen an.
»Cery. Gol. Anyi. Wie geht es euch allen? Was grinst du so, Cery?«
Cery lachte leise. »Es ist immer schön, dich in etwas anderem als diesen schwarzen Roben zu sehen.«
Sie ignorierte ihn und sah Anyi und Gol an. Beide zuckten die Achseln. Sie machten den Eindruck, als frören sie ein wenig. Es war definitiv kühl im Raum. Sie zog ein wenig Magie in sich hinein und kanalisierte sie als Wärme. Beide Leibwächter runzelten die Stirn, schauten sich um und betrachteten dann nachdenklich Sonea. Sonea lächelte und setzte sich.
»Ich hoffe, du hast einige Ideen zu der Frage, wie wir Skellin verleiten können zu offenbaren, wie weit von Imardin entfernt er sich aufhält«, sagte sie und sah Cery an. »Denn ich habe keine.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich müsste mit Leuten zusammenarbeiten, denen ich nicht wirklich vertrauen kann; außerdem würden dadurch zu viele Menschenleben in Gefahr gebracht werden. Ich habe zu viele Verbündete verloren. Selbst diejenigen, die noch mit mir Handel treiben, nutzen meine Probleme aus. Gol hatte bereits mehrere Stellenangebote.«
»Ich auch«, bemerkte Anyi. »Erst heute Nachmittag. Tatsächlich hat mich die Sache auf eine Idee gebracht.«
Alle drehten sich zu ihr um. Cerys Tochter sah zu jung aus für eine Leibwächterin. Aber andererseits fand Sonea heutzutage, dass die meisten Novizen, die ihren Abschluss machten, zu jung aussahen, um als verantwortungsbewusste Erwachsene betrachtet werden zu können.
»Sprich weiter«, sagte Cery.
»Was wäre, wenn ich eins der Angebote annähme?«, fragte Anyi, deren Augen glänzten. »Was wäre, wenn ich so täte, als hätte ich es satt, für dich zu arbeiten, und sei zu dem Schluss gekommen, dass ich niemals etwas erreichen würde, wenn ich für den Dieb in der Stadt arbeite, der die geringste Macht besitzt? Ich könnte eine Stelle annehmen und für dich spionieren.«