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Oder vielleicht fasziniert sie einfach nur ein neuer Ort, überlegte Dannyl. Es könnte sein, dass ich der Einzige bin, der das Gefühl hat, eingesperrt zu sein.

So oder so, sie war begeistert von der Idee gewesen, den Markt zu besuchen. Tayend hatte es am vergangenen Abend vorgeschlagen, bevor er zu einem weiteren Fest mit gutem Essen und anregender Gesellschaft bei irgendeinem Ashaki gefahren war. Dannyl hatte den Markt noch nicht gesehen, da alles, was er benötigte, stets schnell von Sklaven ins Gildehaus gebracht wurde. Also diente der Besuch lediglich der Unterhaltung – und vielleicht auch einer Erweiterung ihres Horizonts. Möglicherweise würde er etwas über Sachaka und die Länder im Osten erfahren, mit denen es Handel trieb.

»Wie ist Euer Besuch bei den Frauen gelaufen, den Achati vorgeschlagen hat?«, erkundige sich Dannyl.

Merria sah ihn an und lächelte. »Gut, denke ich. Sie glauben alle drei, dass die Verräterinnen eine von ihnen zur Witwe gemacht haben, und doch zeigt nur die Betroffene selbst einen überzeugenden Hass. Ich vermute, dass mehr dahintersteckt, als sie verraten. Eine der anderen Frauen hat mir gegenüber angedeutet, diese Frau habe so oft über ihren Ehemann gejammert, dass die Verräterinnen zu der Annahme kommen mussten, sie wolle tatsächlich frei von ihm sein.«

»Also haben die Verräterinnen entweder einen Fehler gemacht, oder diese Frau hat sie überlistet, oder etwas anderes hat sie gezwungen zu behaupten, sie hasse sie, um sich selbst zu schützen.«

Merria sah ihn nachdenklich an. »Ich muss wirklich lernen, all die komplizierten, verdrehten Möglichkeiten in diesen Situationen zu erkennen, nicht wahr?«

Er zuckte die Achseln. »Es kann nie schaden. Es ist außerdem klug, sich niemandem allzu eng anzuschließen.«

Sie nickte, schaute wieder aus dem Fenster und übersah glücklicherweise, dass Dannyl zusammenzuckte, als ihm die Wahrheit seiner eigenen Worte klar wurde.

Aus demselben Grund sollte ich mich nicht bedingungslos auf Achati einlassen. Aber mit wem könnte ich sonst reden? Ich mag ihn tatsächlich sehr – und nicht nur, weil er weiter mit mir Umgang pflegt, obwohl ich hier zu einer gesellschaftlichen Peinlichkeit geworden bin.

»Ist das der Markt?«, fragte Merria.

Dannyl rutschte näher ans Fenster auf seiner Seite und blickte auf die Straße. Sie endete auf einer Kreuzung. Ihnen gegenüber erhob sich eine hohe weiße Mauer, durchbrochen von einem schlichten Torbogen, durch den ein stetiger Strom von Menschen quoll. Jenen, die herauskamen, folgten Sklaven, die Schachteln, Körbe, Säcke und zusammengerollte Teppiche trugen. Beide Straßen waren gesäumt mit wartenden Kutschen.

»Das möchte ich wetten.«

Und tatsächlich ließ der Kutscher ihren Wagen genau vor dem Tor halten. Viele Menschen starrten sie jetzt an und zeigten mit dem Finger. Merria griff nach der Kutschentür, dann hielt sie inne und zog die Hand zurück.

»Ihr solltet besser als Erster aussteigen, Botschafter«, sagte sie.

Er lächelte grimmig und wartete darauf, dass einer der Sklaven herunterkletterte und die Tür öffnete. Der Mann warf sich zu Boden, als Dannyl ausstieg. Es hatte sich eine kleine Menschenmenge gebildet, um das Geschehen zu beobachten, und als er näher trat, brach leises Gemurmel aus. Aber als Merria erschien, schwoll das Gemurmel zu einem lauten Summen des Interesses an. Sie blieb auf der obersten Stufe stehen und runzelte die Stirn.

»Ignoriert sie«, riet ihr Dannyl und streckte ihr eine Hand hin. »Schaut niemandem in die Augen.«

Sie senkte den Blick und ergriff die ihr angebotene Hand, stieg jedoch mit Würde aus. Dannyl verkniff sich ein Lächeln. Merria hatte ihm erzählt, dass sie die Tochter eines Schiffskapitäns war, was bedeutete, dass sie zwar nicht in Schmutz oder Armut groß geworden war, aber auch nicht die Erziehung einer Frau aus den Häusern genossen hatte. Trotzdem hatte sie die Manieren und Marotten der Oberklasse studiert, als sie der Gilde beigetreten war, und sie hatte gelernt, sie nachzuahmen. Eine solche Anpassungsfähigkeit würde sehr nützlich für sie sein, sowohl hier als auch zu Hause in Imardin.

Dannyl ließ ihre Hand los, wies den Sklaven an, die Kutsche zu einem passenderen Ort abseits des Verkehrs zu bringen, um dort auf sie zu warten, und ging dann auf den Eingang zum Markt zu. Der andere Sklave sprang von der Kutsche, um ihnen zu folgen.

Zwei Wachen sicherten den Eingang, und beide beäugten Dannyl und Merria mit ausdrucksloser Miene.

Sie müssen freie Diener sein, dachte Dannyl. Wie die Männer im Palast.

Sobald sie das Tor durchschritten hatten, gelangten er und Merria auf einen in geraden Reihen angelegten Markt. Die äußeren, direkt an der Umfassungsmauer gelegenen Verkaufsstände waren dauerhafte Bauten. Alles andere waren saubere Reihen von Karren und mobilen Verkaufstischen, von denen die meisten mit einem Stoffdach überspannt waren. Er ging die erste Reihe entlang.

Merria war für die Einheimischen weiterhin viel interessanter als Dannyl. Höchstwahrscheinlich hatten sie noch nie zuvor eine kyralische Frau gesehen, während kyralische Männer lediglich selten waren.

Dannyl ging es mit den sachakanischen Frauen nicht viel anders. Bisher hatte er kaum eine zu Gesicht bekommen. Auch hinter den Verkaufsständen arbeiteten keine Frauen, aber viele streiften auf dem Markt umher, jede mit einem männlichen Begleiter. Sie trugen reich verzierte Umhänge, die ihnen von den Schultern bis zu den Knöcheln fielen.

Er wollte den Zorn der Einheimischen nicht erregen, indem er ihre Frauen anstarrte, also richtete er seine Aufmerksamkeit auf die angebotenen Waren. Parfüms, kunstvolle Glaswaren, elegante Töpfereien und feines Tuch umgaben sie. Sie hatten den Markt offensichtlich am Luxusende betreten. Rückblickend wurde ihm klar, dass er auch niemanden mit Gemüse oder irgendwelchen Tieren aus dem Markttor hatte kommen sehen. Als sie das Ende eines Ganges erreichten, spähte Dannyl an den Reihen vor ihm entlang. Und tatsächlich, am gegenüberliegenden Ende befanden sich praktischere Waren. Vielleicht gab es einen weiteren Eingang, der diesem Bereich näher lag.

Sie gingen durch den nächsten Gang und blieben stehen, um sich Waren aus den Ländern jenseits der Aduna-See anzusehen. Merria zeigte sich besonders von den Glaswaren beeindruckt. Im dritten Gang zog es sie beide sofort zu einem Marktstand, der mit einer glitzernden Ansammlung von Edelsteinen in allen Farben bedeckt war. Aber während Merria die Steine betrachtete, hatten Dannyls Aufmerksamkeit vor allem die Verkäufer erregt, da er sofort die staubig graue Haut und die langen Gliedmaßen von Duna erkannte.

Er dachte an den Fährtensucher der Duna, Unh, der ihm, Achati und den Ashaki geholfen hatte, nach Lorkin zu suchen. Und er erinnerte sich auch an die Höhle, die er und Unh in den Bergen entdeckt hatten und deren Wände von Kristallen bedeckt gewesen waren. Dannyl hatte erfahren, dass die Stammesleute wussten, wie man solche Kristalle zu magischen Edelsteinen machte. Nachdenklich musterte er die glitzernden Steine, die vor ihm lagen.

Gewiss würden sie hier nicht die magischen Steine verkaufen. Er schaute genauer hin. Die Fülle an ausgelegten Steinen und die Grobheit von deren Schliff ließen vermuten, dass sie keinen großen Wert hatten und nur für gewöhnlichen Modeschmuck taugten.

»Euch gefallen?«, fragte ein Duna, bevor er sich zu Merria vorbeugte und breit lächelte.

Sie nickte. »Sie sind hübsch. Wie viel kosten …?«

»Habt Ihr irgendwelche feineren Steine?«, unterbrach Dannyl sie. »Oder solche, die als Schmuck oder anderweitig eingefasst sind?«

Der Mann bedachte Dannyl mit einem durchdringend direkten Blick, dann schüttelte er den Kopf. »Menschen hier nicht mögen unsere Art der Einfassung.«

Dannyl lächelte. »Wir stammen nicht von hier.«

Der Mann grinste. »Nein, das tut Ihr nicht.« Er schaute zwischen Merria und Dannyl hin und her, dann machte er ihnen ein Zeichen. »Kommt herein.«