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Ben ebenso offensichtlich nicht, denn er fragte in völlig verständnislosem Ton: »Könnte mir jemand erklären, was hier los ist?«

»Nichts«, sagte Trautman rasch. »Astaroth hat nur mit den Tücken der Natur zu kämpfen.«

Den Tücken der Natur? keifte Astaroths lautlose Gedankenstimme in Mikes Kopf. Diese Bekloppte nennt er die Tücken der Natur? Menschen!

»Ist ja gut«, sagte Mike, der nun ebenfalls ein Lachen kaum noch unterdrücken konnte. »Wir werden dich vor dieser blutrünstigen Bestie beschützen, keine Angst.«

Keine Angst, keine Angst! wiederholte Astaroth wütend. Du hast gut reden! Schließlich wirst du auch nicht von einer Verrückten verfolgt. Aber du bist wahrscheinlich genauso verrückt wie sie.

Mike begriff sehr gut, was Astaroth damit meinte, und seine Laune sank schlagartig wieder. Aber er beherrschte sich. »Was machst du überhaupt hier?« fragte er. »Ich dachte, Serena hätte dir verboten, mit mir zu reden.«

Hat sie auch, antwortete Astaroth. Wenn sie wüßte, daß ich hier bin, würde sie explodieren.

»Aber sie weiß es nicht«, vermutete Mike. Sie hat im Moment Besseres zu tun, als auf ihr Schoßtier zu achten, antwortete Astaroth. Seine Stimme klang bitter, und Mike begann zu ahnen, wie es in dem Kater wirklich aussah. Der kurze Anflug von Schadenfreude, den er gerade verspürt hatte, tat ihm sofort wieder leid. Er erinnerte sich ja noch gut daran, wie enttäuscht er von seiner ersten Begegnung mit Serena gewesen war, und er hatte sie erst wenige Tage gekannt - wie mußte es da Astaroth ergehen, der das Mädchen jahrtausendelang bewacht hatte?

»Entschuldige bitte«, sagte er.

Schon gut, knurrte der Kater. Ich nehme es dir nicht übel. Schließlich bist du nur ein Mensch, da darf man nicht zuviel verlangen.

»Worüber redet ihr?« fragte Trautman. Bisher hatten er und die anderen Mikes Unterhaltung schweigend verfolgt, aber immer nur die eine Hälfte des Gespräches mitbekommen.

»Über nichts Besonderes«, sagte Mike ausweichend. Trautmans Blick machte deutlich, was er von dieser Antwort hielt. Aber er ging nicht weiter darauf ein, sondern sagte: »Frag ihn, wie es in der Stadt aussieht.« Auch nicht anders als vorhin, antwortete Astaroth, ehe Mike die Worte wiederholen konnte. Sie streitet wieder mit Denholm. Aber ich fürchte, ihre Geduld wird bald am Ende sein, und dann möchte ich nicht in Denholms Haut stecken.

Mike übersetzte, und Trautman machte ein besorgtes Gesicht. »Und was ist mit André - und vor allem Malcolm? Sie haben ihn doch nicht tatsächlich festgenommen, oder?«

Nein, antwortete Astaroth. Deswegen ist sie ja so wütend. Ewern Freund geht es gut. Er wollte noch ein bißchen bei dem Menschenjungen bleiben.

Mike übersetzte wieder, wobei er den Begriff »Menschenjunges« aber vorsichtshalber durch das Wort »Mädchen« ersetzte.

»Ich fürchte, daß Ganze wird böse enden«, sagte Trautman kopfschüttelnd. »Und es gibt nichts, was wir tun können.«

»Vielleicht doch«, sagte Mike. »Ich werde noch einmal mit ihr reden. Vielleicht nimmt sie doch noch Vernunft an.«

Kaum, sagte Astaroth traurig. Dein Freund hat recht. Es wird ein böses Ende nehmen. Sie glaubt, daß das alles hier ihr gehört. Und glaube mir, sie ist durchaus in der Lage, ihren Willen durchzusetzen. Er ließ einen Laut hören, der fast wie ein menschliches Seufzen klang. Deswegen bin ich auch hier, fuhr er fort. Ich mag nicht mehr bei ihr sein. Außerdem braucht sie mich nicht mehr. Könntest du... deine Freunde fragen, ob sie mich mitnehmen?

Mike verstand im ersten Moment nicht, wovon der Kater sprach. »Du meinst, du willst nicht mehr bei ihr bleiben?« vergewisserte er sich.

Wozu? Meine Aufgabe ist erfüllt. Ich glaube, sie wird es nicht einmal merken, wenn ich weg bin.

Und erst jetzt verstand Mike den letzten Satz, den der Kater gesagt hatte. Eine Sekunde lang starrte er Astaroth an, dann hob er mit einem Ruck den Kopf und wandte sich wieder Trautman und den anderen zu.

»Was ist?« fragte Trautman. »Wieso siehst du so erschrocken drein? Was hat Astaroth gesagt?«

»Er hat mich gebeten, euch zu fragen, ob ihr ihn mitnehmt«, antwortete Mike langsam. »Was soll das heißen?«

Trautman fuhr zusammen, und Juan und Ben senkten betreten den Blick.

»Also doch«, sagte Mike. »Ihr verschweigt mir etwas. Was ist es?«

Trautman sagte noch immer nichts, aber das war auch nicht nötig. Ganz plötzlich war alles klar - so klar, daß Mike sich verblüfft fragte, wieso er eigentlich nicht schon längst von sich aus darauf gekommen war. »Ihr wollt fliehen«, sagte er. »Ihr habt vor, die Nautilus zu nehmen und von hier zu verschwinden, nicht wahr?«

»So... ungefähr«, sagte Trautman zögernd. »Aber -«

»Und ihr hattet vor, mich hier zurückzulassen!« unterbrach ihn Mike. »Deshalb die ganze Geheimnistuerei, stimmt's? Ihr wolltet nicht, daß ich es erfahre!«

»Selbstverständlich stimmt das nicht«, antwortete Trautman gekränkt. »Wir hätten es dir gesagt, aber noch nicht jetzt.«

»Ach - und warum nicht? Hattet ihr Angst, ich würde euch verraten?« Er konnte sehen, wie sehr seine Worte Trautman schmerzten, aber das war ihm in diesem Moment vollkommen egal.

»Ganz genau«, antwortete Ben ruhig. »Deshalb haben wir dir nichts gesagt. Aber keine Sorge - wir hätten dich schon mitgenommen. Obwohl ich mich zu fragen beginne, ob es sich überhaupt lohnt.«

Trautman warf dem jungen Engländer einen warnenden Blick zu und wandte sich dann an Mike. »Das ist Unsinn, Mike. Wir wissen, daß du uns niemals verraten würdest. Was Ben meint, ist, daß du es nicht wissen durftest, damit Serena es nicht erfährt.«

»Glauben Sie, ich hätte euch -«

»Sie hätte es in deinen Gedanken gelesen«, unterbrach ihn Trautman. »Im gleichen Augenblick, in dem du ihr gegenübergestanden hättest. Deshalb durftest du es nicht wissen, aus keinem anderen Grund.«

Plötzlich kam sich Mike schäbig und gemein vor. Der Verdacht, den er ausgesprochen hatte, war so ungeheuerlich, daß er sich plötzlich seiner eigenen Gedanken schämte. Er wußte, daß Trautman die Wahrheit sagte. Und das war wohl auch der Grund, aus dem er und die anderen Serena unten in der Stadt aus dem Weg gegangen waren. Verlegen senkte er den Blick.

»Es tut mir leid«, murmelte er.

»Schon gut.« Trautman winkte ab. »Ich kann dich verstehen. Mir selbst war auch nicht wohl dabei, dich zu hintergehen, aber wir hatten keine andere Wahl. Es ist schwer, ein Geheimnis zu wahren, wenn es jemanden gibt, der deine Gedanken lesen kann.«

»Aber ihr... ihr könnt die Leute hier doch nicht einfach im Stich lassen!« sagte Mike. »Ich meine, irgend etwas muß man doch für sie tun!«

Nein, antwortete Astaroth an Trautmans Stelle. Er hat recht, glaub mir. Ihr könnt nichts tun. Sie wird nicht zulassen, daß irgend jemand ihr die Macht hier streitig macht. Und sie weiß, wie gefährlich ihr für sie seid. Sie hat vor, euer Schiff zu zerstören.

»Stimmt das?« fragte Mike laut. »Astaroth sagt, daß sie die NAUTILUS zerstören will?«

»Ja«, antwortete Trautman traurig. »Sie hat Denholms Leuten befohlen, das Schiff auseinanderzubauen. Vielleicht ahnt sie, was wir vorhaben. Sie haben noch nicht damit begonnen, aber wenn sie es erst einmal tun, gibt es keinen Weg mehr hier heraus.« Seine Stimme wurde leiser, aber auch eindringlicher. »Wir müssen hier weg, Mike. Vielleicht... vielleicht können wir später noch einmal zurückkommen, aber im Augenblick ist unsere einzige Chance, mit der NAUTILUS von hier zu verschwinden. Ohne sie kommen wir nie wieder nach oben.«