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Das war nicht leicht, sagte Astaroth. Du hast ja keine Ahnung, wie schwer es ist, mit Wesen von geistig niedrigerem Stand Kontakt aufzunehmen. Schon bei euch -

»Astaroth!« sagte Mike warnend.

Schon gut, schon gut! antwortete Astaroth hastig. Du hattest recht. Sie hat Angst.

»Das ist mir auch aufgefallen!« sagte Mike. »Aber wovor?«

Vor dem Bild. Genauer gesagt vor dem, was es zeigt. Ich konnte nicht viel erkennen, aber ich glaube, sie...sie hat ein Wesen wie dieses schon einmal gesehen.

»Du meinst, in Wirklichkeit?« vergewisserte sich Mike - obwohl Astaroth im Grunde nur das aussprach, was er schon längst vermutet hatte. »Dieses Geschöpf... lebt es irgendwo?«

Ja. Sie ist ihm schon einmal begegnet.

Mike berichtete rasch, was er von Astaroth erfahren hatte, und Trautmans Gesichtsausdruck wurde noch besorgter. »Wenn dieses Wesen wirklich das ist, was ich glaube, dann ist die Lage noch viel schlimmer, als ich bisher befürchtet habe«, sagte er.

»Wieso?« erkundigte sich Mike.

Trautman deutete auf die ungeschickte Steinzeichnung. »Ich nehme an, das ist einer der Alten«, sagte er. »Und wenn er tatsächlich noch hier unten irgendwo lebt, dann sind Serena und die anderen in tödlicher Gefahr. Ihr könnt euch vorstellen, wo er lebt.«

»In der Alten Stadt«, murmelte Juan betroffen. Trautman nickte. »Ja«, sagte er düster.

»Und?« Ben verzog das Gesicht. »Ich glaube nicht, daß die Fischmenschen ihr gefährlich werden können. Immerhin habe ich am eigenen Leibe erfahren, wozu sie fähig ist.«

»Du warst allein«, erinnerte Juan. »Sie sind viele. Vielleicht Hunderte.«

Ben lachte trocken. »Na, dann denk doch bitte einmal daran, was sie mit der LEOPOLD angestellt hat. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte das Schiff mit Mann und Maus versenkt.«

»Du verstehst offenbar immer noch nicht«, sagte Trautman ernst. »Ich weiß nichts über die Alten, aber wenn sie tatsächlich die Feinde der Atlanter waren, dann müssen sie so mächtig gewesen sein wie sie. Serena war halb verrückt vor Angst, als sie aufwachte. Ich bin sicher, daß dieses Geschöpf gefährlich ist. Viel gefährlicher, als wir vielleicht ahnen.«

»Aber dann müssen wir sie warnen!« sagte Mike.

Trautmann schüttelte traurig den Kopf. »Das würde nichts nutzen«, sagte er. »Sie weiß, was sie erwartet.« Er deutete wieder auf das Bild. »Sie kennt dieses Bild ebenfalls und viel besser als wir.« Er schloß für einen Moment die Augen, und als er weitersprach, klang seine Stimme niedergeschlagen und vollkommen mutlos. »Ich glaube, sie hatte es von Anfang an gewußt.«

Die Bedeutung dieser Worte wurde Mike erst nach einigen Sekunden völlig bewußt. »Sie... Sie meinen, sie hat...«

»...von der ersten Sekunde an vorgehabt, in die Alte Stadt zu gehen und ihre Beherrscher zum Kampf zu stellen, ja«, führte Trautman den Satz zu Ende. »Der Überfall heute war wahrscheinlich nur ein willkommener Anlaß für sie.«

»Das glaube ich nicht!« sagte Mike impulsiv. »Das... das würde sie niemals tun!«

»Ich fürchte, doch«, sagte Trautman leise. »Sie sieht vielleicht aus wie ein ganz normales Mädchen, aber das ist sie nicht. Sie stammt aus einer Welt, die von der unseren vollkommen verschieden ist. Diese Wesen waren ihre Erzfeinde, und das vielleicht seit Jahrtausenden. Wer weiß - vielleicht sind sie sogar letzten Endes Schuld am Untergang ihres Volkes gewesen. Sie hat gar keine andere Wahl, als dorthin zu gehen und es zu vernichten. Jedenfalls glaubt sie das.«

»Aber das kann ihr Tod sein!« sagte Mike entsetzt.

»Und nicht nur ihrer«, murmelte Trautman. »Alle können dabei ums Leben kommen. Großer Gott, wenn dieses Geschöpf über die gleichen Kräfte verfügt wie Serena, dann kann diese ganze Welt vernichtet werden!«

»Und es gibt nichts, was wir dagegen tun können?« fragte Ben.

»Wir könnten Denholm und die anderen warnen«, schlug Chris vor. »Wenn sie erfahren, was ihnen bevorsteht, werden sie Serena niemals folgen.«

»Dann würde sie allein gehen«, sagte Trautman. »Und das Ergebnis wäre vermutlich dasselbe. Außerdem wird sie niemals zulassen, daß wir den anderen die Wahrheit sagen. Nein - ich fürchte, wir können wirklich nichts anderes tun als hierbleiben und beten.«

Wir können fliehen, sagte Astaroth.

Mike blickte ihn an, und eine wilde, fast verzweifelte Hoffnung machte sich in ihm breit. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Astaroth«, sagte er, »das können wir nicht. Ich würde André niemals im Stich lassen.«

Lieber stirbst du? fragte Astaroth.

Darauf antwortete Mike nicht. Vielleicht weil er Angst hatte, sich dieser Frage wirklich zu stellen. Große Worte von Freundschaft bis in den Tod sprachen sich leicht, aber es war etwas ganz anderes, sie einlösen zu müssen. Und vielleicht nur, um sich selbst zu beruhigen, fuhr er nach einem Augenblick fort: »Und selbst, wenn wir es wollten - wir könnten gar nicht weg. Serena hat die NAUTILUS unbrauchbar gemacht.«

Sie hat den Steuerkristall ausgebaut, ich weiß, sagte Astaroth leichthin. Und wer sagt dir, daß es nur diesen einen gibt?

Mike blinzelte. Wollte Astaroth damit etwa andeuten, daß es einen zweiten Steuerkristall gab?

Glaubst du wirklich, daß es für ein so wichtiges Teil an Bord des Schiffes keinen Ersatz gäbe? fragte Astaroth in fast mitleidigem Ton.

»Ein zweiter Steuerkristall?« murmelte Mike ungläubig. Trautman fuhr wie von der Tarantel gestochen herum und starrte ihn an, und auch die anderen waren wie vom Donner gerührt. Aber keiner von ihnen unterbrach sein stummes Zwiegespräch mit dem Kater.

Selbstverständlich, sagte Astaroth.

»Und du weißt, wo er ist?«

Selbstverständlich, sagte Astaroth noch einmal. In einem sicheren Versteck an Bord des Schiffes. Ich kenne es. Er lachte leise. Ich habe es in Serenas Gedanken gelesen, weißt du? Sie hält mich für ein dummes Tier, und deshalb ist sie gar nicht auf die Idee gekommen, daß ich ihre Gedanken ebenso deutlich lesen kann wie sie meine. Das ist wieder einmal typisch für euch Menschen. Ihr neigt dazu, andere immer für genauso dumm -

»Wo?!« unterbrach ihn Mike laut. Er streckte die Hand nach Astaroth aus. Der Kater wich hastig einen Schritt zurück und funkelte ihn mißtrauisch an.

Ist ja schon gut, sagte er. Ich zeige es euch. Sobald wir an Bord des Schiffes sind.

»Es gibt einen zweiten Steuerkristall!« sagte Mike aufgeregt. »Astaroth weiß, wo er ist.«

»Dann können wir fliehen?« fragte Ben. »Wir müssen nur warten, bis alle weg sind, und können -«

»So lange können wir nicht warten«, unterbrach ihn Trautman. Er schüttelte verblüfft den Kopf. »Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Natürlich! Es gibt für alles und jedes an Bord der NAUTILUS Ersatz. Bei etwas so Wichtigem werden sie es kaum vergessen haben! Vielleicht haben wir doch noch eine Chance! Aber wir müssen uns beeilen.« Er deutete auf Chris. »Chris, geh zur Tür und paß auf, daß niemand kommt. Und ihr anderen helft mir. Wir müssen irgendwie hier heraus - am besten durch die Wand dort.« Er deutete auf eine der beiden Wände, die nicht aus massivem Stein bestanden. Wahrscheinlich war es wirklich kein großes Problem, dort einen gewaltsamen Ausgang zu schaffen.

Aber Mike - und auch Ben und Juan - zögerten, Trautmans Befehl nachzukommen. »Wozu diese Eile?« fragte Ben. »Es ist noch über eine Stunde Zeit, bis sie aufbrechen.«

»Wenn wir vorher fliehen, laufen wir nur Gefahr, wieder eingefangen zu werden«, fügte Juan hinzu.

»Das müssen wir riskieren«, erwiderte Trautman. »Sie würde sofort wissen, was wir planen, wenn sie noch einmal hierherkommt. Und ich bin fast sicher, daß sie das tut. Nein.« Er schüttelte entschlossen den Kopf und deutete erneut auf die Wand. »Wenn wir fliehen, dann jetzt sofort, ohne noch eine Sekunde zu verlieren. Außerdem glaube ich nicht, daß sie uns verfolgen läßt. Sie hat im Moment anderes zu tun. Schnell jetzt - helft mir!«