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Ein schwarzer, linsenförmiger Gegenstand mit einem sensenförmigen Rand zischte von dem Hügel durch die Luft. Er durchschnitt eine Seite des Panzers wie eine Säge. Riesige Trümmer flogen umher. Trotzdem rumpelte das Fahrzeug weiter.

Nun hatte der Tank die Öffnung des Kraters erreicht. Sie wurde noch größer und gab unter dem Gewicht des Panzers nach wie eine Fallgrube. Der Panzer fuhr lange Hebel oder Greifarme aus, um das andere Ende der Grube zu erfassen. Aber es war vergeblich. Er schlitterte unerbittlich in die Grube. Einige Männer sprangen heraus. Sie trugen Tarnanzüge und warfen Granaten in die Fallgrube, die sich noch ein wenig senkte. Eine Raketensalve vernichtete die Soldaten.

Das ganze Schauspiel hatte höchstens eine halbe Minute gedauert. Das Pegason hatte bereits die Festung hinter sich gelassen. Es flog nun so niedrig, daß es kleinere Hügel umgehen mußte. Schließlich landete es im Schutz eines Felsens.

Corson zögerte. Er konnte das Pegason nicht lenken. Er mußte sich also auf den Selbsterhaltungstrieb der Kreatur verlassen. Also nahm er an, daß der Ort sicher vor Angriffen war. Natürlich konnte das Pegason eine andere Auffassung einer unmittelbaren Bedrohung haben als seine Reiter.

Doch Corson beschloß, abzusteigen. Er schnallte sich los und half auch Antonella.

Anschließend schaute er sich um. Einige große Felsbrocken lagen umher, die ausgezeichneten Schutz boten. Er nahm Antonella bei der Hand und riß sie mit sich. Als sie fast am Ziel waren, schoß in ihrer Nähe eine rote Feuerblume empor. Im Fallen drückte er auch Antonella zu Boden, und beide krochen rasch in Deckung. Eine Rakete schlug in den Hügel ein. Als der Rauch sich legte, sah Corson, daß das Pegason verschwunden war.

»Das war wenigstens kein Nuklearsprengkopf«, meinte er trocken.

Dann riskierte er einen Blick über das Gelände.

»Das ist also Aergistal! Es schaut aus, wie ein riesiges Schlachtfeld. Wie ein Muster aller Schlachtfelder, die es bisher gab.«

Antonella wischte sich den Staub von der Stirn. »Aber wer kämpft gegen wen?«

»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, antwortete Corson.

In einem normalen Krieg standen sich zwei Fronten gegenüber, die zumindest mit ähnlichen technischen Mitteln ausgerüstet waren. Hier schien jeder gegen jeden zu kämpfen. Warum hätten sonst gepanzerte Ritter einen Indianerstamm angegriffen? Wo waren die Städte, die Reiche, die hinter den Truppen standen und für den nötigen Nachschub sorgten? Wie war dieser pulsierende Himmel beschaffen, der weder Sonne noch Mond hatte? Selbst der Horizont stimmte nicht. Er war undefiniert, als ob Aergistal eine riesige Ebene sei. Sollte Aergistal ein ungeheuer großer Planet sein, wäre auch die Schwerkraft um vieles größer gewesen.

»Die Luft scheint atembar zu sein«, meinte er nach einem Blick auf das Meßgerät an seinem Handgelenk. Auch das war ein Rätsel, nachdem ständig Rauch und vielleicht Kernexplosionen gegen den Himmel schossen. Doch die Meßgeräte arbeiteten einwandfrei. Er nahm seinen Helm ab und füllte seine Lungen mit kühler Luft. Eine Brise fächelte sein Gesicht.

Noch einmal spähte er aus der Deckung hinaus. Bis zu den Hängen der fernen Berge schien die Ebene völlig verlassen zu sein. Ab und zu sah er Rauchwolken emporsteigen.

Ein Blitz blendete ihn, und er ging automatisch in Deckung.

»Wir müssen über diesen Hügel gehen«, sagte er, »vielleicht finden wir auf der anderen Seite … irgend etwas.«

Er hatte keine Hoffnung, Verbündete zu finden. Vielleicht fand er überhaupt kein vernünftiges Wesen. Sie waren in einer Falle, Teilnehmer eines unbegreiflichen Krieges.

Über ihnen erschien ein schwarzer Punkt am Himmel. Er zog eine Rauchfahne hinter sich her und schrieb Buchstaben an den Himmel. Bald konnte Corson die Schrift entziffern.

»Willkommen auf Aergistal!«

Dann verschwand der Punkt mit hoher Geschwindigkeit über dem Hügel.

Corson zuckte mit den Schultern und sagte: »Nun, wir können ebensogut weitergehen.«

Dann rannten sie rasch den steilen Hang empor. Als sie den Grat erreichten, schaute Corson vorsichtig auf die andere Seite.

Was er sah, erstaunte ihn so sehr, daß er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Die andere Seite des Hügels fiel sanft zu einem Strand ab, der so gerade verlief, als sei er mit dem Lineal gezogen. Dahinter reichte eine ruhige See bis ins Unendliche. Einige Kilometer vom Strand entfernt beschossen sich ein Dutzend Schiffe mit Kanonenkugeln. Ein Rumpf ohne Masten brannte lichterloh. Auf dem Strand, ganz in der Nähe, lagen sich zwei Feldlager gegenüber. Die Zelte in dem einen Lager waren blau, in dem anderen dagegen rot. Wimpel flatterten im auffrischenden Wind. Zwischen den Lagern beschossen sich prächtig gekleidete Soldaten. Corson hörte Musketensalven, scharfe Kommandos von Offizieren, Trompetenklänge und ab und zu das dumpfe Dröhnen der Schiffskanonen.

Landeinwärts sah er in einer Bodensenke ein großes, graues, weiches und fast rundes Ding, das den Blicken der kämpfenden Parteien auf dem Strand entzogen war. Ein gestrandeter Wal?

Ganz nahe bei ihnen, hinter dem blauen Lager saß ein Mann, der ruhig an einem Holztisch schrieb. Er trug einen blauen Dreispitz mit einer weißen Kokarde, einen weiß-blauen Mantel mit goldenen Borten und Epauletten, und an seinem Gürtel hing ein riesiger Säbel, der bis auf den Boden reichte.

Corson kletterte über den Grat und ging auf diesen seltsamen Schreiber zu. Antonella folgte ihm. Als sie nur noch ein paar Schritte von dem Mann entfernt waren, wandte dieser den Kopf und sagte ohne irgendwelche Zeichen von Angst oder Überraschung: »Wollt ihr euch einschreiben, Leute? Wir haben gerade unsere Prämien erhöht, wißt ihr. Ich kann euch schon einen Vorschuß von fünf Kronen geben, bevor ihr überhaupt unsere prächtige Uniform angezogen habt.«

»Ich habe nicht …«, begann Corson.

»Ah, ich sage euch, ihr werdet unter dem guten König Viktor dienen. Wir nennen ihn ›Backenbart‹, wißt ihr. Die Bedingungen sind sehr gut, und ihr werdet schnell befördert. Der Krieg wird noch einige Jahrhunderte dauern, und ihr habt gute Aussichten, bis zum Marschall aufzusteigen. Die Lady kann sich dem Troß anschließen und unsere netten Jungens erfreuen. Ich kann ihr jetzt schon sagen, daß sie binnen kurzer Zeit ihr Glück machen wird.«

»Ich möchte nur eine Auskunft«, sagte Corson. »Wo ist die nächste Stadt?«

»Ich glaube, das ist Minor«, gab der Mann zur Antwort. »Sie liegt direkt vor uns, zwanzig oder dreißig Meilen entfernt. Wir werden diese Stadt erobern, sobald wir mit diesen roten Hanswursten fertig sind. Ich gebe zu, ich war noch niemals dort, aber das ist nicht zu verwundern, da sie in der Hand der Feinde ist. Kommt her, ihr braucht nur hier zu unterschreiben — falls ihr schreiben könnt —, und dann ist alles geregelt.«

Bei diesen Worten klingelte er mit einigen gelben Metallscheiben, die in Corson eine vage Erinnerung wachriefen. Er schätzte, daß es sich um Münzen handelte.

Vor dem Mann lagen zwei seltsame Handfeuerwaffen auf dem Tisch, auf jeder Seite seines Hauptbuchs eine. Corson hätte sie sich gerne näher angeschaut, aber Antonella drückte seinen Arm und begann zu zittern.

»Was ist mit diesen Schiffen?« fragte er und zeigte auf die See.

»Die, mein Freund, haben mit uns nichts zu tun. Jeder führt hier seinen eigenen Krieg, ohne sich um die anderen zu kümmern. Das heißt, solange man den augenblicklichen Gegner noch nicht besiegt hat. In diesem Fall nimmt man die Besiegten in seine Armee auf und sucht sich einen neuen Gegner. Ihr sucht auch gerade einen Feind, nicht wahr? Ich habe jedenfalls noch nie solche Uniformen gesehen.«