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«Ich werde ihm eine Absage erteilen«, sagte Ned, als er sich wieder zu ihr umdrehte. Sein Blick wirkte gehetzt, seine Stimme war vom Zweifel belegt.

Catelyn setzte sich im Bett auf. «Das könnt Ihr nicht tun. Das dürft Ihr nicht.«

«Ich werde hier im Norden gebraucht. Ich hege nicht den Wunsch, Robert als Rechte Hand zu dienen.«

«Er wird es nicht verstehen. Er ist jetzt König, und Könige sind nicht wie andere Menschen. Wenn Ihr Euch weigert, ihm zu dienen, wird er sich fragen, warum, und früher oder später wird er vermuten, daß Ihr gegen ihn steht. Seht Ihr nicht, in welche Gefahr wir dadurch gerieten?«

Ned schüttelte den Kopf, weigerte sich, es zu glauben.»Mir oder einem der Meinen würde Robert niemals schaden. Wir standen uns näher als Brüder. Er liebt mich. Wenn ich ihm eine Absage erteile, wird er brüllen und fluchen und toben, und nächste Woche lachen wir gemeinsam darüber. Ich kenne den Mann!«

«Ihr kanntet den Mann«, sagte sie.»Der König ist Euch ein Fremder. «Catelyn erinnerte sich an den toten Schattenwolf im Schnee, das zerbrochene Geweih in der Kehle. Sie mußte ihn überzeugen.»Stolz ist für einen König alles, Mylord. Robert ist den ganzen Weg hierher zu Euch gekommen, um Euch diese große Ehre anzutragen, und Ihr könnt sie ihm nicht so einfach vor die Füße werfen.«

«Ehre?«Ned lachte bitter.

«In seinen Augen, ja«, sagte sie.

«Und in Euren?«

«Und in meinen«, fuhr sie ihn zornig an. Wieso sah er es nicht ein?» Er bietet unserer Tochter seinen eigenen Sohn zur Heirat an, wie würdet Ihr es anders nennen? Vielleicht wird Sansa eines Tages Königin. Ihre Söhne könnten von der Mauer bis zu den Bergen von Dorne herrschen. Was ist so schlecht daran?«

«Bei allen Göttern, Catelyn, Sansa ist erst elf«, sagte Ned.»Und Joffrey.. Joffrey ist..«

Sie beendete den Satz für ihn.»… Kronprinz und Erbe des Eisernen Throns. Und ich war erst zwölf, als mein Vater mich Eurem Bruder Branden versprach.«

Das rief einen bitteren Zug um Neds Mundwinkel.»Branden. Ja. Brandon wüßte, was zu tun ist. Das wußte er immer. Alles war für Brandon gedacht. Du, Winterfell, alles. Er war dazu geboren, die Rechte Hand des Königs zu sein und Königinnen zu zeugen. Ich habe nie darum gebeten, daß mir dieser Kelch gereicht würde.«

«Vielleicht nicht«, sagte Catelyn,»aber Brandon ist tot, der Kelch wurde weitergereicht, und Ihr müßt daraus trinken, ob es Euch nun gefällt oder nicht.«

Ned wandte sich von ihr ab, sah wieder in die Nacht hinaus. Er stand da und starrte in die Dunkelheit, betrachtete wohl den Mond und die Sterne oder vielleicht auch die Wachen auf der Mauer.

Es besänftigte Catelyn, als sie seinen Schmerz sah. Eddard Stark hatte sie an Brandons Stelle geheiratet, wie es Sitte war, doch der Schatten seines Bruders stand noch immer zwischen ihnen, wie auch der andere, der Schatten dieser Frau, die er nicht preisgeben wollte, der Frau, die ihm seinen unehelichen Sohn geboren hatte.

Schon wollte sie zu ihm gehen, da klopfte es an der Tür, laut und unerwartet. Stirnrunzelnd wandte sich Ned ab.»Was gibt es?«

Desmonds Stimme drang durch die Tür.»Mylord, Maester

Luwin ist draußen und bittet dringend um eine Audienz.«

«Ihr habt ihm erklärt, daß ich Weisung gegeben habe, nicht gestört zu werden?«

«Ja, Mylord. Er besteht darauf.«

«Also gut dann. Schickt ihn herein.«

Ned trat an den Kleiderschrank und warf sich ein schweres Gewand über. Catelyn spürte, wie kalt es plötzlich geworden war. Sie setzte sich im Bett auf und zog die Felle bis ans Kinn.»Vielleicht sollten wir die Fenster schließen«, schlug sie vor.

Ned nickte abwesend. Maester Luwin wurde hereingeführt.

Der Maester war ein kleiner, grauer Mann. Seine Augen waren grau und schnell und sahen viel. Sein Haar war grau, auch wenn ihm die Jahre nur wenige gelassen hatten. Seine Robe war aus grauer Wolle, mit weißem Fell besetzt, den Farben der Starks. In den großen, hängenden Ärmeln waren Taschen verborgen. Ständig stopfte Luwin manches in diese Ärmel und zauberte anderes aus ihnen hervor: Bücher, Botschaften, seltsame Artefakte, Spielzeug für Kinder. Bei allem, was er in seinen Ärmeln verbarg, überraschte es Catelyn, daß Maester Luwin seine Arme überhaupt heben konnte.

Der Maester wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte, bevor er sprach.»Mylord«, sagte er zu Ned,»verzeiht mir, daß ich Eure Nachtruhe störe. Man hat mir eine Nachricht hinterlassen.«

Ned schien verdutzt.»Hinterlassen? Wer? War ein Reiter da? Man hat mir nichts gesagt.«

«Es war kein Reiter, Mylord. Nur ein geschnitzter Holzkasten, den jemand auf dem Tisch meines Observatoriums abgestellt hat, während ich schlief. Meine Diener haben niemanden gesehen, doch muß er von jemandem aus dem Gefolge des Königs gebracht worden sein. Wir hatten sonst

keinen Besuch aus dem Süden.«

«Ein Holzkasten, sagt Ihr?«sagte Catelyn.

«Darin war eine feine, neue Linse für das Observatorium, allem Anschein nach aus Myr. Die Linsenschleifer von Myr sind ohnegleichen.«

Ned legte die Stirn in Falten. Er hatte nur wenig Geduld mit solcherart Dingen, wie Catelyn wußte.»Eine Linse«, sagte er.»Was hat das mit mir zu tun?«

«Dieselbe Frage habe ich mir auch gestellt«, antwortete Maester Luwin.»Ganz offensichtlich war mehr an dieser Sache, als es den Anschein hatte.«

Unter dem schweren Gewicht ihrer Felle erschauerte Catelyn.»Eine Linse ist ein Instrument, das uns helfen soll zu sehen.«

«Das ist sie allerdings. «Er fingerte an seiner Ordenskette herum, die schwer und eng um seinen Hals hing, gleich unter seiner Robe, jedes Glied aus anderem Metall geschmiedet.

Catelyn spürte, wie sich wieder diese Angst in ihr breitmachte.»Was mag es sein, von dem man möchte, daß wir es deutlicher erkennen?«

«Genau das habe auch ich mich gefragt. «Maester Luwin zog ein fest zusammengerolltes Stück Papier aus seinem Ärmel.»Ich fand die eigentliche Botschaft in einem doppelten Boden, als ich den Kasten zerlegte, doch ist dieser Brief nicht für meine Augen bestimmt.«

Ned streckte eine Hand aus.»Dann gebt ihn mir!«

Luwin rührte sich nicht.»Verzeiht, Mylord. Die Nachricht gilt auch nicht Euch. Sie ist für die Augen der Lady Catelyn bestimmt, und nur für sie. Darf ich mich nähern?«

Catelyn nickte, wagte nicht zu sprechen. Der Maester legte das Papier auf den Tisch neben dem Bett. Es war mit einem kleinen Klecks von blauem Wachs versiegelt. Luwin verneigte sich und wollte gehen.

«Bleibt!«befahl ihm Ned. Seine Stimme klang drohend. Er sah Catelyn an.»Was ist? Mylady, Ihr zittert.«

«Ich sorge mich«, gab sie zu. Sie griff nach dem Brief und hielt ihn mit bebenden Händen. Unbemerkt rutschten die Felle von ihrem nackten Leib. Im blauen Wachs waren Mond und Falke zu erkennen, das Siegel des Hauses Arryn.»Er ist von Lysa. «Catelyn sah ihren Gatten an.»Er wird uns keine Freude bereiten«, sagte sie.»Trauer liegt in diesem Brief, Ned. Ich kann es spüren.«

Ned runzelte die Stirn, und seine Miene verfinsterte sich.»Öffnet ihn!«

Catelyn brach das Siegel.

Ihre Augen zuckten über die Worte. Anfangs ergaben sie keinen Sinn. Dann erinnerte sie sich.»Lysa ist kein Risiko eingegangen. Als wir beide Mädchen waren, hatten wir eine Geheimsprache, sie und ich.«

«Könnt Ihr sie lesen?«

«Ja«, gab Catelyn zu.

«Dann sagt es uns.«

«Vielleicht sollte ich mich zurückziehen«, sagte Maester Luwin.

«Nein«, sagte Catelyn.»Wir werden Euren Ratschlag brauchen. «Sie warf die Felle zurück und stieg aus dem Bett. Die Nachtluft war kalt wie ein Grab auf ihrer Haut, als sie barfuß durch das Zimmer lief.