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«Du bist nicht minder blind wie Robert«, sagte die Frau.

«Wenn du meinst, daß ich dieselben Dinge sehe, ja«, sagte der Mann.»Ich sehe einen Mann, der eher sterben würde, als seinen König zu verraten.«

«Einen hat er bereits verraten, oder hast du das vergessen?«sagte die Frau.»Oh, sicherlich verhält er sich Robert gegenüber loyal, das ist offensichtlich. Was geschieht, wenn Robert stirbt und Joff den Thron besteigt? Und je eher das über die Bühne geht, desto sicherer werden wir alle sein. Mein Mann wird mit jedem Tag rastloser. Einen Stark neben sich zu wissen, wird es nur noch schlimmer machen. Er liebt noch immer diese Schwester, die geistlose, kleine, tote Sechzehnjährige. Wie lange wird es wohl dauern, bis er mich wegen einer neuen Lyanna verstößt?«

Plötzlich bekam Bran große Angst. Er wollte nichts lieber als dorthin zurück, woher er gekommen war, und seine Brüder suchen. Doch was sollte er denen erzählen? Er mußte näher heran, das wurde Bran nun klar. Er mußte sehen, wer dort sprach.

Der Mann seufzte.»Du solltest weniger an die Zukunft und mehr an die greifbaren Freuden denken.«

«Laß das!«fuhr ihn die Frau an. Bran hörte ein kurzes Klatschen auf Haut, und dann das Lachen des Mannes.

Bran zog sich hinauf, kletterte über den Wasserspeier, kroch auf das Dach. Das war der einfache Weg. Er schob sich übers Dach zum nächsten Wasserspeier, gleich über dem Fenster des Zimmers, in dem gesprochen wurde.

«Dieses ganze Gerede ist wirklich ermüdend, Schwester«, sagte der Mann.»Komm her und sei still.«

Bran saß rittlings auf dem Wasserspeier, klammerte seine Beine darum und schwang sich selbst herum, kopfüber. Er hing an seinen Beinen und reckte sich langsam zum Fenster hin. Seltsam sah die Welt kopfüber aus. Ein Burghof lag verschwommen unter ihm, die Steine waren feucht von

geschmolzenem Schnee.

Bran sah in das Fenster.

Drinnen rang ein Mann mit einer Frau. Beide waren nackt. Bran konnte nicht erkennen, wer sie waren. Der Mann hatte ihm den Rücken zugewandt, und sein Leib verdeckte den Blick auf die Frau, da er sich an die Wand drückte.

Weiche, feuchte Geräusche waren zu hören. Bran merkte, daß sie sich küßten. Er sah ihnen zu, mit großen Augen und ängstlich, und ihm stockte der Atem. Der Mann hatte eine Hand zwischen ihren Beinen, und er mußte ihr wohl Schmerzen bereiten, denn die Frau begann zu stöhnen, tief unten aus der Kehle.»Laß das«, sagte sie,»laß das, laß das. Oh, bitte…«Doch ihre Stimme war leise und schwach, und sie stieß ihn nicht von sich. Ihre Hände gruben sich in sein Haar, sein verworrenes, goldenes Haar, und zogen sein Gesicht auf ihre Brust hinab.

Bran sah ihr Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, und ihr Mund stand offen, stöhnend. Ihr goldenes Haar wehte von einer Seite zur anderen, während ihr Kopf vor und zurück ging, und dennoch erkannte er die Königin.

Er mußte wohl ein Geräusch gemacht haben. Plötzlich schlug sie die Augen auf und starrte ihn geradewegs an. Sie schrie.

Dann geschah alles zur gleichen Zeit. Wild stieß die Frau den Mann von sich, schrie und deutete auf ihn. Bran versuchte, sich hochzuziehen, krümmte sich und langte nach dem Wasserspeier. Er war zu sehr in Eile. Nutzlos packten seine Hände nach dem glatten Stein, und in seiner Panik glitten auch die Beine ab, und plötzlich stürzte er. Er spürte einen kurzen Schwindel, einen ekelerregenden Ruck im Magen, als das Fenster an ihm vorüberflog. Blitzartig streckte er eine Hand aus, langte nach dem Sims, rutschte ab, bekam ihn mit der anderen Hand wieder zu fassen.

Hart prallte er an die Mauer. Der Schlag nahm ihm den Atem. Bran baumelte an einer Hand, keuchend. Im Fenster über ihm tauchten Gesichter auf.

Die Königin. Und jetzt erkannte Bran den Mann an ihrer Seite. Sie sahen einander so ähnlich, als wäre der eine das Spiegelbild des anderen.

«Er hat uns gesehen«, sagte die Frau mit schriller Stimme.

«Das hat er«, bestätigte der Mann.

Brans Finger begannen abzurutschen. Er packte den Sims mit seiner anderen Hand. Fingernägel krallten sich in den unnachgiebigen Stein. Der Mann streckte ihm eine Hand entgegen.»Nimm meine Hand«, sagte er.»Bevor du fällst.«

Bran packte seinen Arm und hielt sich mit aller Kraft fest. Der Mann zog ihn auf den Sims.»Was tust du?«rief die Frau.

Der Mann ignorierte sie. Er war sehr stark. Er stellte Bran auf den Sims.»Wie alt bist du, Junge?«

«Sieben. «Bran zitterte vor Erleichterung. Seine Finger hatten tiefe Furchen in den Unterarm des Mannes gegraben. Schüchtern ließ er los.

Der Mann sah die Frau an.»Was man nicht alles für die Liebe tut«, sagte er verächtlich. Er gab Bran einen Stoß.

Schreiend stürzte Bran rückwärts aus dem Fenster ins Leere. Es gab nichts, woran er sich hätte festhalten können. Der Burghof flog ihm entgegen.

Irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf. Krähen kreisten über der Turmruine, warteten auf Futter.

Tyrion

Irgendwo im großen, steinernen Irrgarten von Winterfell heulte ein Wolf. Wie eine Trauerflagge hing sein Heulen über der Burg. Tyrion Lannister sah von seinen Büchern auf, und ein Schauer lief ihm über den Rücken, obwohl es in der Bibliothek warm und gemütlich war. Irgend etwas am Heulen eines Wolfes riß ihn aus dem Hier und Jetzt und ließ ihn in einem finsteren Wald von Gedanken zurück, nackt auf der Flucht vor der Meute.

Als der Schattenwolf ein weiteres Mal heulte, schloß Tyrion das schwere, ledergebundene Buch, in dem er las, eine hundert Jahre alte Abhandlung über den Wandel der Jahreszeiten von einem lang schon verstorbenen Maester. Er verbarg ein Gähnen hinter dem Rücken seiner Hand. Seine Leselampe flackerte, da das Öl ausgebrannt war, während schon das Licht des frühen Morgens durch die hohen Fenster drang. Die ganze Nacht hatte er hier gesessen, doch das war nichts Neues. Tyrion Lannister schlief nie besonders viel.

Seine Beine waren steif und wund, als er sich von der Bank schob. Er massierte ihnen Leben ein und humpelte schwerfällig zu dem Tisch, an dem der Septon sanft schnarchte, den Kopf auf einem offenen Buch vor sich. Tyrion warf einen Blick auf dessen Titel. Das Leben des Grand Maester Aethelmure, kein Wunder.»Chayle«, sagte er leise. Der junge Mann schreckte auf, blinzelnd, verwirrt, und der Kristall seines Ordens baumelte wild an seiner Silberkette herum.»Ich gehe frühstücken. Denkt daran, daß Ihr die Bücher wieder in die Regale stellt. Seid vorsichtig mit den valyrischen Schriftrollen, das Pergament ist sehr trocken. Ayrmidons Triebkräfte des Krieges ist sehr selten, und Eures ist die einzige vollständige Ausgabe, die ich je gesehen habe. «Chayle glotzte ihn an, noch immer halb im Schlaf. Geduldig wiederholte Tyrion seine

Anweisungen, dann klopfte er dem Septon auf die Schulter und überließ ihn seinen Aufgaben.

Draußen sog Tyrion die kalte Morgenluft in seine Lungen und begann den mühsamen Abstieg die steile, steinerne Treppe hinab, die sich um die Außenwand des Bücherturmes wand. Er konnte nur langsam gehen. Die Stufen waren schmal und hoch, doch seine Beine waren kurz und krumm. Noch hatte sich die aufgehende Sonne nicht über den Mauern von Winterfell gezeigt, doch waren die Männer unten auf dem Hof schon wieder hart bei der Sache. Sandor Cleganes schnarrende Stimme wehte zu ihm herauf.»Der Junge läßt sich mit dem Sterben Zeit. Ich wünschte, er würde sich beeilen.«

Tyrion blickte in die Tiefe und sah den Bluthund dort mit dem jungen Joffrey stehen, während Knappen sie umschwärmten.»Zumindest stirbt er leise«, erwiderte der Prinz.»Dieser Wolf, der macht den Lärm. Ich konnte letzte Nacht kaum schlafen.«

Clegane warf einen langen Schatten über die festgetretene Erde, als der Knappe den schwarzen Helm auf seinen Kopf sinken ließ.»Ich könnte das Vieh zum Schweigen bringen, wenn es Euch beliebt«, sagte er durch das offene Visier. Sein Knappe gab ihm ein Langschwert in die Hand. Er prüfte dessen Gewicht und schnitt durch die kalte Morgenluft. Hinter ihm hörte man das Klirren von Stahl auf Stahl.