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«Du warst nicht dabei«, sagte Ned mit einiger Verbitterung in der Stimme. Unruhiger Schlaf war ihm nicht fremd. Vierzehn Jahre hatte er mit seinen Lügen gelebt, doch verfolgten sie ihn nach wie vor des Nachts.»Es war kein ehrenvoller Sieg.«

«Sollen die Anderen deine Ehre holen!«fluchte Robert.»Was haben die Targaryen jemals von der Ehre verstanden? Steig in eure Gruft hinab und frag Lyanna nach der Ehre des Drachen!«

«Du hast Lyanna am Trident gerächt«, sagte Ned, als er neben dem König stehenblieb. Versprich es mir, Ned, hatte sie geflüstert.

«Das hat sie nicht zurückgebracht. «Robert wandte sich ab, blickte in die graue Ferne.»Mögen die Götter verdammt sein. Es war ein schaler Sieg, den sie mir gegeben haben. Eine Krone… es war das Mädchen, für das ich zu ihnen gebetet hatte. Deine Schwester, in Sicherheit… und wieder mein, wie es hatte sein sollen. Ich frage dich, Ned, was ist gut daran, eine Krone zu tragen? Die Götter verspotten die Gebete von Königen und Kuhhirten gleichermaßen.«

«Ich kann nicht für die Götter sprechen, Majestät… nur für das, was ich fand, als ich an jenem Tag in den Thronraum ritt«, begann Ned.»Aerys lag tot am Boden, erstickt an seinem eignen Blut. Seine Drachenschädel starrten von den Wänden herab. Lannisters Mannen waren überall. Jaime trug den weißen Umhang der Königsgarde über seiner goldenen Rüstung. Ich sehe ihn noch vor mir. Selbst sein Schwert war vergoldet. Er saß auf dem Eisernen Thron, hoch über seinen Rittern, und trug einen Helm, der einem Löwenkopf nachempfunden war. Wie er gefunkelt hat!«

«Das ist wohlbekannt«, beklagte sich der König.»Ich war noch zu Pferd. Schweigend ritt ich die Halle der Länge nach ab, zwischen den langen Reihen von Drachenschädeln. Irgendwie kam es mir vor, als beobachteten sie mich. Vor dem Thron blieb ich stehen und blickte zu ihm auf. Sein goldenes Schwert lag auf seinen Knien, die Klinge rot vom Blut des Königs. Hinter mir strömten meine Mannen in den Saal. Lannisters Männer zogen sich zurück. Kein Wort habe ich gesagt. Ich blickte zu ihm auf, dort oben auf dem Thron, und wartete. Schließlich lachte Jaime und stand auf. Er nahm seinen Helm ab, und er sagte zu mir: >Fürchtet Euch nicht, Stark. Ich habe ihn nur unserem Freund Robert warmgehalten. Ohnehin ist es kein sonderlich bequemer Platz. <«

Der König warf seinen Kopf in den Nacken und grölte. Sein Gelächter schreckte einen Krähenschwarm im hohen, braunen Gras auf. Mit wildem Flügelschlag stiegen sie in die Lüfte auf.»Du meinst, ich sollte Lannister mißtrauen, weil er ein paar Augenblicke lang auf meinem Thron gesessen hat?«Wieder bebte er vor Lachen.»Jaime war kaum siebzehn, Ned. Fast noch ein Kind.«

«Kind oder Mann, er hatte kein Recht, auf dem Thron zu sitzen.«

«Vielleicht war er müde«, gab Robert zurück.»Könige zu töten ist ein ermüdendes Geschäft. Die Götter wissen, daß in diesem vermaledeiten Saal sonst keine Bank ist, auf der man seinen Arsch ausruhen kann. Und er hat die Wahrheit gesprochen: es ist ein grauenvoll unbequemer Stuhl. In mehr als einer Hinsicht. «Der König schüttelte den Kopf.»Nun, jetzt kenne ich Jaimes finstere Sünde, und wir können die Sache vergessen. Ich habe ehrlich genug von Geheimnissen und Zank und Staatsaffären, Ned. Das alles ist so öde wie das Münzenzählen. Komm, reiten wir, früher wußtest du doch, wie es geht. Ich will wieder den Wind in meinen Haaren spüren. «Er trieb sein Pferd an und galoppierte über das Hügelgrab hinweg, daß es in seinem Rücken Erde regnete.

Einen Moment lang folgte Ned ihm nicht. Ihm waren die Worte ausgegangen, und er sah sich von einem maßlosen Gefühl der Hilflosigkeit erfüllt. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, was er hier tat und wozu er hergekommen war. Er war nicht Jon Arryn, der die Wildheit seines Königs zügelte und ihn die Weisheit lehrte. Robert würde tun, was ihm beliebte, wie er es von jeher tat, und nichts von allem, was Ned sagen oder tun konnte, würde etwas daran ändern. Er gehörte nach Winterfell. Er gehörte zu Catelyn in ihrer Trauer, und zu Bran.

Doch konnte ein Mann nicht immer dort sein, wohin er gehörte. Resigniert trat Eddard Stark sein Pferd mit Stiefeln und hastete dem König nach.

Tyrion

Der Norden nahm kein Ende.

Tyrion Lannister kannte die Karten so gut wie kaum jemand, doch zwei Wochen auf dem verwilderten Pfad, der hier oben als Kingsroad galt, hatten ihm die Lektion erteilt, daß die Karte das eine war und das Land etwas ganz anderes.

Sie brachen am selben Tag wie der König in Winterfell auf, inmitten des Tumultes der königlichen Abreise, ritten aus zum Gebrüll der Männer und dem Schnauben der Pferde, zum Rasseln der Wagen und Knarren der mächtigen Kutsche, während leichter Schneefall sie umflog. Die Kingsroad lag gleich abseits von Burg und Stadt. Dort wandten sich die Banner und Wagen und Kolonnen von Rittern und Edelfreien dem Süden zu und nahmen den Tumult mit sich, während Tyrion mit Benjen Stark und dessen Neffen nach Norden ausscherte.

Danach war es kälter geworden, und erheblich stiller.

Westlich der Straße lagen Flinthügel, grau und zerklüftet, mit hohen Wachtürmen auf ihren felsigen Gipfeln. Zum Osten hin war das Land flacher, die Erde breitete sich zu einer hügeligen Ebene aus, so weit das Auge reichte. Steinerne Brücken überspannten rauschende, schmale Flüsse, während kleine Höfe einzelne Fluchtburgen umringten, die mit Holz und Stein gesichert waren. Die Straße war vielbefahren, und des Nachts fanden sich derbe Wirtshäuser zu ihrer Bequemlichkeit.

Drei Tagesritte von Winterfell entfernt jedoch wich das Ackerland dichtem Wald, und es wurde einsam auf der Kingsroad. Die felsigen Hügel wurden mit jeder Meile höher und wilder, bis sie am fünften Tag zu Bergen gewachsen waren, zu kalten, blaugrauen Riesen mit zerklüfteten Ausläufern und Schnee auf ihren Schultern. Der Wind wehte von Norden her, lange Federn von Eiskristallen flogen wie Banner von den hohen Gipfeln.

Mit den Bergen wie eine Mauer im Westen schlängelte sich die Straße nordöstlich durchs Gehölz, durch einen Wald von Eichen und Tannen und Dorngestrüpp, der älter und dunkler schien als alle Wälder, die Tyrion je gesehen hatte.»Der Wolfswald«, nannte Benjen Stark ihn, und tatsächlich war er des Nachts vom Heulen ferner Rudel belebt, und manche davon gar nicht so fern. Jon Snows Albinowolf stellte beim nächtlichen Geheul die Ohren auf, doch heulte er nie zur Antwort. Dieses Tier hat etwas Beunruhigendes an sich, dachte Tyrion.

Inzwischen waren sie acht, den Wolf nicht mitgerechnet. Tyrion reiste mit zwei seiner eigenen Männer, wie es einem Lannister gebührte. Benjen Stark hatte nur seinen Bastard von einem Neffen und ein paar frische Pferde für die Nachtwache dabei, doch am Rande des Wolfswaldes verbrachten sie eine Nacht hinter den Holzwänden einer Waldfestung und taten sich mit einem weiteren schwarzen Bruder, einem gewissen Yoren, zusammen. Yoren war krumm und finster, sein Gesicht hinter einem Bart verborgen, der so schwarz wie seine Kleider war, doch wirkte er so unbeugsam wie eine alte Wurzel und hart wie Stein. Bei ihm waren zwei zerlumpte Bauernjungen von den Fingern.»Vergewaltiger«, sagte Yoren mit kaltem Blick auf seine Schützlinge. Tyrion verstand. Es hieß, das Leben auf der Mauer sei hart, doch zweifellos war es einer Kastration vorzuziehen.

Fünf Männer, drei Jungen, ein Schattenwolf, zwanzig Pferde und ein Käfig voller Raben, der Benjen Stark von Maester Luwin übergeben worden war. Ohne Zweifel stellten sie auf der Kingsroad eine seltsame Gesellschaft dar, wie wohl auf jeder Straße.

Tyrion merkte, daß Jon Snow Yoren und seine mürrischen Begleiter beobachtete, mit merkwürdigem Ausdruck auf dem

Gesicht, der beunruhigenderweise wie Bestürzung wirkte. Yoren hatte eine krumme Schulter und einen säuerlichen Geruch an sich, Haar und Bart waren verfilzt und schmierig und voller Läuse, seine Kleidung alt, geflickt und selten gewaschen. Seine beiden jungen Rekruten rochen sogar noch übler und schienen so dumm zu sein, wie sie grausam waren.