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Es war das einzige Mal, daß Vhagar, Meraxes und Balerion gleichzeitig losgelassen wurden. Die Sänger nannten es» Das Feld des Feuers«.

Fast viertausend Mann waren an jenem Tag verbrannt, unter ihnen König Mern von der Weite. König Loren war entkommen und lebte noch so lange, daß er kapitulieren, den Targaryen Treue geloben und einen Sohn zeugen konnte, wofür Tyrion gebührend dankbar war.

«Warum lest Ihr soviel?«

Beim Klang der Stimme blickte Tyrion auf. Jon Snow stand einige Schritte entfernt und betrachtete ihn neugierig. Er schloß das Buch, klemmte einen Finger zwischen die Seiten und sagte:»Sieh mich an und sag mir, was du siehst.«

Argwöhnisch sah der Junge ihn an.»Soll das ein Trick sein? Ich sehe Euch. Tyrion Lannister.«

Tyrion seufzte.»Für einen Bastard bist du bemerkenswert höflich, Snow. Was du siehst, ist ein Zwerg. Wie alt bist du, zwölf?«

«Vierzehn«, sagte der Junge.

«Vierzehn, und du bist größer, als ich je sein werde. Meine Beine sind kurz und verkrüppelt, und ich kann nur mit großen Schwierigkeiten laufen. Ich brauche einen speziellen Sattel, damit ich nicht vom Pferd falle. Einen Sattel, den ich selbst entworfen habe, was dich vielleicht interessieren könnte. Mir blieb nur das oder ein Pony zu reiten. Meine Arme sind kräftig, aber auch sie sind zu kurz. Nie werde ich ein Krieger. Wäre ich als Bauernsohn geboren, hätte man mich vielleicht zum Sterben ausgesetzt oder in das Absurditätenkabinett eines Sklavenhändlers verkauft. Jedoch bin ich als ein Lannister von Casterly Rock geboren, und so gehen die Absurditäten meiner verlustig. Bestimmte Dinge werden von mir erwartet. Mein Vater war zwanzig Jahre lang die Rechte Hand des Königs. Mein Bruder hat später, wie sich herausstellen sollte, eben jenen König erschlagen, doch ist das Leben voll Ironie des Schicksals. Meine Schwester hat den neuen König geheiratet, und mein widerwärtiger Neffe wird nach ihm König werden. Ich muß meinen Teil zur Ehre meiner Familie leisten, meinst du nicht? Doch wie? Nun, meine Beine sind zu klein für meinen Körper, doch mein Kopf ist zu groß, obwohl ich lieber glaube, daß er für meinen Verstand gerade die richtige Größe hat. Ich schätze meine Stärken und Schwächen sehr realistisch ein. Mein Verstand ist meine Waffe. Mein Bruder hat sein Schwert, König Robert hat seinen Streithammer, und ich habe meinen Verstand…wie ein Schwert den Wetzstein braucht ein Verstand Bücher, um seine Schärfe zu behalten. «Tyrion tippte auf den Ledereinband des Buches.»Deshalb lese ich soviel, Jon Snow.«

Der Junge nahm das alles schweigend in sich auf. Er hatte das Gesicht eines Stark, wenn auch nicht dessen Namen: lang, ernst, gefaßt, ein Gesicht, das nicht viel preisgab. Wer auch immer seine Mutter gewesen sein mochte, sie hatte nicht viel von sich in ihrem Sohn hinterlassen.»Worüber lest Ihr?«fragte er.

«Drachen«, erklärte Tyrion.

«Wozu soll das gut sein? Es gibt keine Drachen mehr«, sagte der Junge mit der leichtfertigen Gewißheit der Jugend.

«So sagt man«, erwiderte Tyrion.»Traurig, nicht? Als ich in deinem Alter war, habe ich oft davon geträumt, einen eigenen Drachen zu besitzen.«

«Habt Ihr?«fragte der Junge voller Mißtrauen. Vielleicht glaubte er, Tyrion mache sich über ihn lustig.

«Oh, ja, selbst ein verkrüppelter, häßlicher, kleiner Junge kann auf die Welt hinuntersehen, wenn er auf dem Rücken eines Drachen sitzt. «Tyrion schob das Bärenfell beiseite und stand auf.»Früher habe ich unten in den Gängen von Casterly Rock Feuer entfacht, stundenlang in die Flammen gestarrt und so getan, als wären es Drachenfeuer. Manchmal habe ich mir vorgestellt, mein Vater würde brennen. Manchmal auch meine Schwester. «Jon Snow starrte ihn an, mit einem Blick, der zu gleichen Teilen sein Entsetzen wie auch seine Faszination zeigte. Tyrion lachte schallend.»Sieh mich nicht so an, Bastard. Ich kenne dein Geheimnis. Du hast selbst schon solche Träume gehabt.«

«Nein«, widersprach Jon Snow entgeistert.»Ich würde nie… «

«Nein? Nie?«Tyrion zog eine Augenbraue hoch.»Nun, zweifelsohne sind die Starks schrecklich gut zu dir gewesen. Ich bin mir sicher, daß Lady Stark dich wie einen der Ihren behandelt. Und dein Bruder Robb, stets war er nett, wieso auch nicht? Er bekommt Winterfell, und du bekommst die Mauer. Und dein Vater… er muß gute Gründe haben, dich zur Nachtwache abzuschieben… «

«Hört auf damit«, verlangte Jon Snow, und seine Miene verfinsterte sich vor Zorn.»Die Nachtwache ist eine edle Berufung!«

Tyrion lachte.»Du bist zu schlau, um das zu glauben. Die

Nachtwache ist ein Abfallhaufen für alle Mißratenen des Reiches. Ich habe beobachtet, wie du Yoren und seine Jungen angesehen hast. Das sind deine neuen Brüder, Jon Snow, wie gefallen sie dir? Verdrossene Bauern, Schuldner, Wilderer, Vergewaltiger, Diebe und Bastarde wie du landen auf der Mauer und halten nach Grumkins und Snarks und all den anderen Ungeheuern Ausschau, vor denen dich deine Amme gewarnt hat. Das Gute daran ist, daß es keine Grumkins oder Snarks gibt, also handelt es sich wenigstens um keine gefährliche Arbeit. Das Schlechte ist, daß du dir die Eier abfrierst, aber da du dich ohnehin nicht fortpflanzen darfst, denke ich, ist das wohl unerheblich.«

«Hört auf!«schrie der Junge. Er tat einen Schritt nach vorn, ballte, den Tränen nah, die Hände zu Fäusten.

Plötzlich und absurderweise fühlte sich Tyrion schuldig. Er trat vor, wollte dem Jungen beruhigend auf die Schulter klopfen oder ein Wort der Entschuldigung murmeln.

Er sah den Wolf gar nicht, wo er war oder wie er ihn ansprang. Im einen Augenblick ging er noch Snow entgegen, und im nächsten lag er rücklings auf dem harten Felsboden, das Buch flog davon, als er stürzte, ihm blieb bei dem harten Aufprall die Luft weg, sein Mund war voller Dreck und moderndem Laub. Als er aufzustehen versuchte, verkrampfte sich sein Rücken schmerzhaft. Er mußte ihn beim Sturz verdreht haben. Wütend knirschte er mit den Zähnen, packte eine Wurzel und zog sich in eine sitzende Position.»Hilf mir«, forderte er den Jungen auf und streckte eine Hand aus.

Und plötzlich war der Wolf zwischen ihnen. Er knurrte nicht. Das verdammte Vieh gab nie einen Ton von sich. Er sah ihn nur mit diesen hellroten Augen an und zeigte ihm die Zähne, und das reichte völlig aus. Ächzend sank Tyrion zu Boden.»Dann hilf mir nicht. Ich bleibe hier sitzen, bis ihr weg seid.«

Jon Snow streichelte Ghosts dickes, weißes Fell und lächelte jetzt.»Fragt mich freundlich.«

Tyrion Lannister spürte, wie Wut in ihm aufkochte, und verdrängte sie mit reiner Willenskraft. Es war nicht das erste Mal in seinem Leben, daß er erniedrigt wurde, und es würde auch nicht das letzte Mal sein. Vielleicht hatte er es sogar verdient.»Ich wäre dir für deine freundliche Hilfe sehr dankbar, Jon«, bat er sanft.

«Sitz, Ghost«, sagte der Junge. Der Schattenwolf hockte sich hin. Die roten Augen ließen von Tyrion nicht ab. Jon trat hinter ihn, schob die Hände unter seine Arme und zog ihn mit Leichtigkeit auf die Beine. Dann hob er das Buch auf und gab es ihm zurück.

«Wieso hat er mich angegriffen?«fragte Tyrion mit einem Seitenblick auf den Schattenwolf. Mit dem Handrücken wischte er Blut und Schmutz von seinem Mund.

«Vielleicht dachte er, Ihr wärt ein Grumkin. «Tyrion sah ihn scharf an. Dann lachte er, ein rohes Schnauben der Belustigung platzte gänzlich ohne Erlaubnis aus seiner Nase hervor.»Oh, bei allen Göttern«, sagte er, hustete vor Lachen und schüttelte den Kopf.»Wahrscheinlich sehe ich wirklich wie ein Grumkin aus. Was stellt er mit Snarks an?«

«Fragt lieber nicht. «Jon hob den Weinschlauch auf und reichte ihn Tyrion.

Tyrion zog den Pfropfen heraus, legte seinen Kopf in den Nacken und drückte einen langen Strahl in seinen Mund. Der Wein war wie kühles Feuer, als er seine Kehle hinunterlief. Er hielt Jon Snow den Weinschlauch hin.»Möchtest du?«

Der Junge nahm den Schlauch und probierte vorsichtig einen Schluck.»Es stimmt, oder?«fragte er, als er fertig war.»Was Ihr über die Nachtwache gesagt habt.«