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Auch ihr Vater verstand.»Du willst keinen Welpen für dich, Jon?«fragte er leise.

«Der Schattenwolf ziert das Banner des Hauses Stark«, erklärte Jon.»Ich bin kein Stark, Vater.«

Nachdenklich betrachtete ihn der Hohe Vater. Robb beeilte sich, die Stille zu durchbrechen.»Ich will ihn selbst füttern, Vater«, versprach er.»Ich werde ein Handtuch mit warmer Milch tränken und ihn daran nuckeln lassen.«

«Ich auch!«plapperte Bran ihm nach.

Eindringlich musterte der Lord seine Söhne.»Leichter gesagt als getan. Ich werde nicht zulassen, daß ihr die Zeit der Diener damit vergeudet. Wenn ihr diese Welpen wollt, werdet ihr sie selbst füttern. Habt ihr verstanden?«

Bran nickte eifrig. Das Wolfsjunge krümmte sich in seinem Griff, leckte ihm mit warmer Zunge über das Gesicht.

«Außerdem müßt ihr sie abrichten«, sagte ihr Vater.»Ihr müßt sie abrichten. Der Hundeführer wird sich mit diesen Ungeheuern nicht befassen, das verspreche ich euch. Und mögen euch die Götter beistehen, wenn ihr sie vernachlässigt, sie quält oder schlecht abrichtet. Das hier sind keine Hunde, die betteln und bei einem Tritt den Schwanz einziehen. Ein Schattenwolf kann einem Menschen den Arm aus der Schulter reißen, so leicht wie ein Hund eine Ratte tötet. Seid ihr sicher, daß ihr sie wollt?«

«Ja, Vater«, sagte Bran.

«Ja«, willigte Robb ein.

«Vielleicht sterben die Welpen trotz alledem.«

«Sie werden nicht sterben«, sagte Robb.»Wir werden sie nicht sterben lassen.«

«Dann behaltet sie. Jory, Desmond, sammelt die restlichen Welpen ein. Es wird Zeit für die Rückkehr nach Winterfell.«

Erst als sie aufgestiegen und wieder unterwegs waren,

gestattete sich Bran, den süßen Duft des Sieges einzuatmen. Mittlerweile hatte sich der Welpe an sein Leder geschmiegt, drückte sich warm an ihn, geborgen für den langen Heimweg. Bran überlegte, wie er ihn nennen sollte.

Auf halbem Weg über die Brücke hielt Jon plötzlich an.

«Was ist, Jon?«fragte ihr Hoher Vater.

«Könnt Ihr es nicht hören?«

Bran hörte den Wind in den Bäumen, das Klappern ihrer Hufe auf Planken aus Eisenholz, das Jaulen seines hungrigen Welpen, doch Jon lauschte nach etwas anderem.

«Da«, sagte Jon. Er riß sein Pferd herum und galoppierte über die Brücke. Sie sahen, wie er abstieg, wo der tote Schattenwolf im Schnee lag, und niederkniete. Einen Augenblick später kam er lächelnd zurückgeritten.

«Er muß von den anderen fortgekrochen sein«, sagte Jon.

«Oder er wurde vertrieben«, sagte ihr Vater mit einem Blick auf den sechsten Welpen. Dessen Augen waren rot wie das Blut des zerlumpten Mannes, der am Morgen gestorben war. Bran fand es merkwürdig, daß allein dieser Welpe die Augen geöffnet hatte, während die anderen noch blind waren.

«Ein Albino«, sagte Theon Greyjoy mit gequältem Vergnügen.»Der hier wird noch schneller sterben als die anderen.«

Jon Snow warf dem Mündel seines Vaters einen langen, kalten Blick zu.»Das glaube ich kaum, Greyjoy«, sagte er.»Der hier gehört mir.«

Catelyn

Catelyn hatte diesen Götterhain noch nie gemocht.

Sie war eine geborene Tully aus Riverrun weit im Süden, am roten Arm des Trident. Im Götterhain dort gab es einen Garten, hell und luftig, in dem hohe Rotholzbäume ihre Schatten über singende Bäche warfen, Vögel in verborgenen Nestern zwitscherten und die Luft von Blumenduft erfüllt war.

Die Götter vom Winterfell hielten sich andere Bäume. Es war ein dunkler, urweltlicher Ort, drei Morgen von altem Wald, zehntausend Jahre unberührt, als die finstere Burg darum entstand. Es roch nach feuchter Erde und Fäulnis. Hier wuchs kein Rotholz. Es war ein Wald aus unbeugsamen Wachbäumen, die mit graugrünen Nadeln bewaffnet waren, aus mächtigen Eichen, aus Eisenholz, so alt wie das Reich selbst. Die dicken, schwarzen Stämme standen eng zusammen, während krumme Äste ein festes Dach bildeten und unförmige Wurzeln unter der Erde miteinander rangen. Es war ein Ort tiefer Stille und drückender Schatten, und die Götter, die hier lebten, hatten keine Namen.

Doch wußte sie, daß sie ihren Mann hier heute abend finden würde. Immer wenn er jemandem das Leben nahm, suchte er danach die Stille des Götterhaines.

Catelyn war mit den sieben Ölen gesalbt und hatte ihren Namen im Regenbogen aus Licht bekommen, der die Septe von Riverrun erfüllte. Sie hing dem Glauben an, wie ihr Vater und Großvater und auch dessen Vater vor ihr. Ihre Götter hatten Namen, und ihre Gesichter waren ihr so vertraut wie die ihrer Eltern. Götterdienst war ihr ein Septon, der Duft von Weihrauch, ein siebenseitiger Kristall, in dem das Licht spielte, Stimmen, die ein Lied sangen. Die Tullys hielten sich — wie alle großen Häuser — einen Götterhain, doch war dieser nur ein Ort, an dem man schlendern oder lesen oder in der Sonne liegen

konnte. Götterdienst gehörte in die Septe.

Ihretwegen hatte Ned eine kleine Septe gebaut, in der sie für die Sieben Gesichter Gottes singen konnte, doch in den Adern der Starks floß noch das Blut der Ersten Menschen, und seine Götter waren die alten, die namenlosen, gesichtslosen Götter des Grünen Waldes, den sie mit den verschwundenen Kindern des Waldes teilten.

In der Mitte des Hains ragte ein uralter Wehrholzbaum über einem kleinen Teich auf, in dem das Wasser schwarz und kalt war.»Der Herzbaum«, wie Ned ihn nannte. Die Borke von Wehrholz war weiß wie Knochen, seine Blätter waren dunkelrot wie tausend blutverschmierte Hände. In den Stamm des großen Baums war ein Gesicht geschnitzt, dessen Züge lang und melancholisch waren, die tiefliegenden Augen rot vom getrockneten Harz und merkwürdig wachsam. Sie waren alt, diese Augen, älter selbst als Winterfell. Sie hatten gesehen, wie Brandon der Erbauer den ersten Stein gesetzt hatte, falls die Geschichten stimmten. Sie hatten gesehen, wie die Granitmauern der Burg um sie herum gewachsen waren. Es hieß, die Kinder des Waldes hätten die Gesichter während der frühen Jahrhunderte in die Bäume geschnitzt, noch bevor die Ersten Menschen die Meerenge überquert hatten.

Im Süden waren die letzten Wehrbäume schon vor tausend Jahren geschlagen oder niedergebrannt worden, nur nicht auf der Isle of Faces, wo die grünen Männer ihre stille Wacht hielten. Hier oben war es anders. Hier hatte jede Burg ihren Götterhain, jeder Götterhain hatte seinen Herzbaum und jeder Herzbaum sein Gesicht.

Catelyn fand ihren Mann unter dem Wehrholzbaum auf einem moosbedeckten Stein sitzen. Das Großschwert Ice lag auf seinem Schoß, und er reinigte die Klinge in diesem Wasser, das so schwarz war wie die Nacht. Tausend Jahre Humus bedeckten den Boden des Götterhains, schluckten die Schritte ihrer nackten Füße, doch die roten Augen des Wehrbaums schienen ihr zu folgen, als sie näher kam.»Ned«, rief sie ihn leise.

Er hob den Kopf, um sie anzusehen.»Catelyn«, sagte er. Seine Stimme klang kühl und förmlich.»Wo sind die Kinder?«

Immer fragte er sie das.»In der Küche. Sie streiten um die Namen für die Wolfswelpen. «Dabei breitete sie ihren Umhang auf dem Waldboden aus und setzte sich an den Teich, mit dem Rücken zum Wehrbaum. Sie spürte die Augen, die sie beobachteten, doch gab sie sich alle Mühe, nicht auf sie zu achten.»Ayra ist schon verliebt, Sansa ist entzückt und dankbar, nur Rickon ist sich noch nicht ganz sicher.«

«Fürchtet er sich?«fragte Ned.

«Ein wenig«, räumte sie ein.»Er ist doch erst drei.«

Ned legte die Stirn in Falten.»Er muß lernen, sich seiner Angst zu stellen. Er wird nicht ewig drei sein. Und der Winter naht.«

«Ja«, gab Catelyn ihm recht. Die Worte ließen sie erschauern, wie sie es stets taten. Der Sinnspruch der Starks. Jedes Adelsgeschlecht hatte seinen Sinnspruch. Familienmottos, Streichsteine, allerlei Gebete, die mit Ehre und Ruhm prahlten, Loyalität und Wahrheitsliebe versprachen, Treue und Mut schworen. Nicht so die Starks. Der Winter naht lauteten die Worte der Starks. Nicht zum ersten Mal dachte sie, welch seltsame Menschen diese Nordmänner doch waren.