»Niemand. Es gibt ein Fachwort dafür, Parthenogenese, was bedeutet, ohne männliches Zutun zu gebären. Es gibt auch einen mystischen Begriff dafür, den wir eher gewohnt sind: die unbefleckte Empfängnis.
Von Gaia stammen alle Götter ab, die später die griechische Mythologie bevölkern sollten – auch unser teurer Dionysos, euer Schutzpatron. Doch Gaia geriet in Vergessenheit, je mehr der Mann die öffentlichen Angelegenheiten in den Dörfern und Städten bestimmte. Gaia wurde von Zeus, Ares, Apollo und anderen ersetzt, die alle sehr kompetent waren, aber nicht die magische Kraft der Mutter besaßen, die der Ursprung gewesen war.«
Anschließend fragte uns Athena über die Theaterarbeit aus. Der Direktor fragte sie, ob sie uns nicht ein paar Stunden geben wolle.
»Worüber ?«
»Über das, was Sie wissen.«
»Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich das, was ich über die griechische Mythologie weiß, in einer Woche gelernt. Ich lerne alles in dem Maße, wie ich es brauche, genau wie Edda es mir gesagt hat.«
Also hatte ich doch recht gehabt!
»Aber ich kann mit Ihnen teilen, was mich das Leben gelehrt hat.«
Alle waren einverstanden. Niemand fragte, wer Edda war.
Deidre O'Neill, bekannt als Edda
Ich habe damals, als sie zum zweiten Mal zu mir kam, zu Athena gesagt: Du hättest nicht herzukommen brauchen, nur um mich dummes Zeug zu fragen. Wenn eine Gruppe beschlossen hat, dich als Lehrerin anzunehmen, warum nutzt du die Gelegenheit nicht, um zu einer Meisterin zu werden? Tue, was ich immer getan habe.
Versuche, dich gut zu fühlen, selbst wenn du findest, daß du das Allerletzte bist: Glaube nicht, daß du nicht in Ordnung bist. Lasse die Große Mutter von deinem Körper und deiner Seele Besitz ergreifen, überlasse dich ihr durch Tanz oder Schweigen oder die ganz gewöhnlichen Dinge des Lebens – wie beispielsweise den Sohn zur Schule zu bringen, das Abendessen zuzubereiten, die Wohnung aufzuräumen. Alles ist Anbetung – wenn du deinen Geist auf den Augenblick konzentrierst.
Versuche niemanden von was auch immer zu überzeugen. Wenn du etwas nicht weißt, dann versuche, es herauszubekommen. Doch während du etwas tust, sei wie ein ruhig strömender Fluß, und überlasse dich einer höheren Energie. Glaube – das habe ich dir schon bei unserer ersten Begegnung gesagt.
Glaube an deine Fähigkeiten.
Anfangs wirst du verwirrt sein, unsicher. Später wirst du annehmen, daß alle denken, sie würden betrogen. Nichts davon stimmt: Du hast das Wissen, du mußt dir dessen nur bewußt sein. Der Geist aller Menschen auf diesem Planeten läßt sich leicht von negativen Gedanken beeinflussen, alle fürchten sich vor Krankheit, einer Invasion, einem Überfall, dem Tod. Versuche, ihnen die verlorene Freude wiederzugeben.
Sei deutlich.
Programmiere dich jede Minute des Tages neu mit Gedanken, die dich wachsen lassen. Wenn du ärgerlich bist und durcheinander, dann versuche, über dich selber zu lachen. Lache laut, lache viel über dich, diese Frau, die sich sorgt, ängstigt und findet, daß ihre Probleme die wichtigsten der Welt sind. Lache über die lächerliche Situation, denn du bist die Verkörperung der Großen Mutter, glaubst aber noch, daß Gott ein Mann ist, der unendlich viele Regeln festsetzt. Im Grunde genommen lassen sich die meisten unserer Probleme genau darauf zurückführen: auf das Befolgen von Regeln.
Konzentriere dich.
Wenn du findest, daß du dein Interesse nicht auf etwas fokussieren kannst, dann konzentriere dich auf die Atmung. Durch deine Nase strömt die Luft, die Energie der Großen Mutter, in dich hinein. Höre auf das Pochen deines Herzens, folge den Gedanken, die du nicht kontrollieren kannst, halte den Wunsch im Zaum, sofort aufzustehen und etwas >Nützliches< zu machen. Sitze ein paar Minuten am Tag einfach nur da, ohne etwas zu tun. Nutze dies, so gut du kannst.
Wenn du das Geschirr abwäscht, bete. Danke dafür, daß du Geschirr hast, das du waschen kannst. Es bedeutet, daß auf ihm zuvor etwas zu essen gewesen war, das jemanden ernährt hat, daß du liebevoll für einen oder mehrere Menschen gesorgt, gekocht, den Tisch gedeckt hast. Stell dir vor, wie viele Millionen Menschen in diesem Augenblick überhaupt nichts haben, das sie waschen könnten, oder niemanden haben, für den sie den Tisch decken könnten.
Natürlich sagen die Frauen: Ich werde nicht abwaschen, sollen das doch die Männer tun. Nun, das sollen sie ruhig tun, wenn sie wollen, aber darin sehe ich noch keine Gleichberechtigung. Es ist kein Fehler, einfache Dinge zu verrichten – auch wenn es heißen würde, ich arbeite gegen die Sache der Frauen, wenn ich morgen einen Artikel über all das veröffentlichen würde.
So ein Unsinn! Als wäre Geschirr abwaschen, einen Büstenhalter tragen oder Türen öffnen oder schließen etwas, das mich in meiner Eigenschaft als Frau erniedrigen würde. Ehrlich gesagt, liebe ich es, wenn ein Mann mir die Tür aufhält: Vordergründig bedeutet die Geste zwar: >Sie ist schwach, daher muß ich das tun.< In meiner Seele hingegen steht: >Ich werde wie eine Göttin behandelt, ich bin eine Königin.<
Ich bin nicht da, um ausschließlich für die weibliche Sache zu arbeiten, denn Männer und Frauen sind gleichermaßen eine Verkörperung der Großen Mutter, der Göttlichen Einheit. Niemand kann größer sein als das.
Ich würde zu gern zusehen, wenn du unterrichtest, was du gerade lernst: das ist das Ziel des Lebens – die Offenbarung! Du wirst zu einem Kanal, hörst dich selber, bist über dich selber überrascht, über das, was du kannst. Erinnerst du dich an die Arbeit in der Bank? Vielleicht hast du es ja nie begriffen, aber es war die Energie, die durch deinen Körper, deine Augen, deine Hände floß.
Du würdest sagen: >Das stimmt nicht ganz, es war der Tanz.<
Der Tanz funktioniert nur als ein Ritual. Was ist ein Ritual? Es bedeutet, etwas Monotones in etwas zu verwandeln, das anders ist, rhythmisch, die Einheit kanalisieren kann. Daher bestehe ich darauf: Sei anders. Du kannst es bei den einfachsten Verrichtungen sein, beispielsweise auch, wenn du Geschirr abwäschst. Bewege einfach die Hände so, daß sie niemals eine Geste wiederholen – aber halte einen Takt ein.
Wenn du glaubst, daß es hilft, dann versuche dir Blumen, Vögel oder Bäume in einem Wald vorzustellen. Stelle dir keine einzelnen Dinge vor wie jene Kerze, auf die du dich konzentriert hast, als du das erste Mal hier warst. Versuche an etwas Kollektives zu denken. Und weißt du, was du dann bemerken wirst? Daß nicht du es bist, die über deine Gedanken entscheidet.
Ich werde dir ein Beispiel geben: Stelle dir einen Schwarm fliegender Vögel vor. Wie viele Vögel hast du gesehen? Elf, neunzehn, fünf? Du hast eine Vorstellung, weißt aber die genaue Anzahl nicht. Nun, woher stammt diese Vorstellung? Jemand hat sie dorthin gesetzt. Jemand, der die genaue Anzahl der Vögel, der Bäume, der Steine, der Blumen kennt. Jemand, der im Bruchteil von Sekunden von dir Besitz ergreift und seine Macht zeigt.
Du bist, was du zu sein glaubst.
Wiederhole nicht immer wieder wie jene Menschen, die an das >positive Denken< glauben, daß du geliebt wirst, stark oder fähig bist. Du brauchst das nicht zu sagen. Du weißt es bereits. Und wenn du zweifelst – und ich denke, das wird in diesem Entwicklungsstadium häufig passieren –, dann tue, was ich dir vorgeschlagen habe. Anstatt den Versuch zu unternehmen, zu beweisen, daß du besser bist, als du denkst, lache einfach. Lache über deine Sorgen, deine Unsicherheit. Betrachte deine Ängste mit Humor. Anfangs ist das schwierig, aber allmählich wirst du dich daran gewöhnen.
Jetzt aber fahr wieder zurück nach London, und triff jene Menschen, die glauben, du wüßtest alles. Rede dir selber ein, sie hätten recht – denn wir alle wissen alles – man muß nur daran glauben.
Glaube.
Gruppen sind sehr wichtig, das habe ich schon bei unserer ersten Begegnung in Bukarest gesagt. Denn sie zwingen uns, an uns selber zu arbeiten. Wenn du allein bist, bleibt dir nichts anderes übrig, als über dich selber zu lachen. Aber wenn du mit anderen zusammen bist, wirst du erst recht lachen und anschließend handeln. Gruppen sind eine Herausforderung. Gruppen erlauben uns, Wesensverwandte zu finden. Gruppen schaffen eine kollektive Energie, in der die Ekstase sehr viel einfacher zu erreichen ist, da sich alle gegenseitig anstecken.