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Forlie sah Sonea an, dann nickte sie.

Sonea berührte die Frau sachte an den Schläfen und sandte ihren Geist aus. Furcht und Sorge überfluteten sie, als sie den Geist der Frau berührte. Sie ließ sich in Forlies Gedanken hineintreiben, Gedanken, die ihrer Tochter und zwei Enkelkindern galten und den Männern, die sie fortgeholt hatten. Sonea erkannte den Mann, der Forlie erpresst hatte – er war der Feuelverkäufer, mit dem Forlie bei ihrer Gefangennahme zusammen gewesen war.

Als Sonea an diesen Augenblick dachte, erinnerte sie sich an die magische Kraft, die sie bei Forlie gespürt hatte. Jemand anderer musste sie ausgesandt haben. Vielleicht die wahre wilde Magierin, die sie durch die Fenster beobachtet hatte.

Wer hat Magie benutzt, als wir dich fanden?

Ich weiß es nicht.

Wo sind deine Tochter und deine Enkelkinder jetzt?

Ein Labyrinth von Gassen und provisorischen Häusern blitzte in Soneas Geist auf, bis ein spezielles Haus in den Vordergrund trat. Forlies Familie war in einem der verbliebenen Armenviertel der Stadt.

- Wir werden sie finden, Forlie. Wir werden die Leute, die das getan haben, bestrafen.

Sonea öffnete die Augen und ließ die Hände sinken. Forlies Gesichtsausdruck war jetzt hoffnungsvoll und entschlossen.

»Danke«, flüsterte sie.

An die Höheren Magier gewandt, berichtete Sonea, was sie erfahren hatte. »Ich empfehle, dass einer oder mehrere von uns Forlie begleiten, um ihre Kinder so bald wie möglich zu befreien.«

Viele Magier nickten zustimmend. Ein leises Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Fremdländerin. Ihr Gesicht, gefangen zwischen Kallens Händen, drückte eine Mischung von Überraschung und Entsetzen aus.

Alle schauten schweigend zu, und als Kallen sie endlich losließ, hörte Sonea ein allgemeines Seufzen der Erleichterung. Kallen trat zurück und wandte sich an die Höheren Magier.

»Ihr Name ist Lorandra«, erklärte er. »Sie stammt aus Igra, dem Land jenseits der großen Wüste im Norden. Es ist ein seltsamer Ort, an dem jedwede Magie tabu ist und mit dem Tod bestraft wird. Doch jene, die nach Magiern Ausschau halten und sie bestrafen, sind selbst Magier. Sie stehlen die Kinder jener, die sie hinrichten, um sich Nachwuchs zu sichern.« Er schüttelte erstaunt den Kopf angesichts dieser Scheinheiligkeit und Grausamkeit.

»Lorandra hat als junge Frau Magie erlernt und war gezwungen, mit ihrem neugeborenen Sohn aus ihrem Land zu fliehen. Es ist ihnen gelungen, durch die Wüste nach Lonmar zu wandern und dann weiter durch Elyne nach Kyralia. Hier wurden sie von einem Dieb aufgenommen, der sie als Gegenleistung für magische Gefälligkeiten beschützte. Der Dieb adoptierte den Jungen schließlich und machte ihn zu seinem Erben. Er bildete ihn in seinem Gewerbe aus, während seine Mutter ihn in Magie unterwies.«

Kallen sah Sonea an und runzelte die Stirn. »Der Name des Sohnes ist Skellin, einer der Diebe, deren Hilfe Schwarzmagierin Sonea und Lord Regin sich gesichert haben, um die wilde Magierin zu finden. Natürlich wollte er nicht, dass sie seine Mutter fanden. Daher hat er dafür gesorgt, dass Forlie an ihrer Stelle gefangen wurde. Er hat sogar seine eigene Magie benutzt, damit es so aussah, als hätte sie sie angegriffen.«

Er blickte wieder zu den Höheren Magiern auf. »Seit Skellin an die Macht gekommen ist, hat er seine Mutter ausgeschickt, um rivalisierende Diebe zu töten. Mit Hilfe von Mord und Bündnissen wollte er sich zum König der Unterwelt der Stadt machen.«

Soneas Herz begann schneller zu schlagen. Diese Frau ist die Jägerin der Diebe!

Kallen hielt inne, und die Falte zwischen seinen Brauen vertiefte sich. »Und er hat Feuel importiert, um Menschen an sich zu binden. Nicht nur die Armen, sondern auch die Reichen. Und Magier. Er schien zu denken, dass wir leicht zu manipulieren sein würden, sobald wir alle Bekanntschaft mit der Droge gemacht hätten.«

Ein Raunen erhob sich, als die Magier begannen, über das Gehörte zu sprechen. Sonea fing einige abschätzige Bemerkungen über Skellins Trugschlüsse auf, aber bei der Erwähnung von Feuel hatte sie ein Schauder überlaufen. Sie dachte an den Steinmetz Berrin, dessen Sucht sie vergeblich zu heilen versucht hatte. Wenn die Feuelsucht nicht geheilt werden konnte und Skellin das wusste, dann hätte sein großartiger Plan vielleicht Erfolg haben können.

»Was seid Ihr?«, fragte die Fremdländerin. Sie starrte Kallen an, dann wanderte ihr Blick zu Sonea hinüber. »Und Ihr?«

Sonea beantwortete die Frage mit einem kleinen Lächeln. Skellin und seine Mutter waren Magier, aber sie waren offensichtlich keine Schwarzmagier. Das ist immerhin etwas, wofür wir dankbar sein können. Hoffentlich können wir davon ausgehen, dass Igra nicht auch ein Land von Schwarzmagiern ist. Wir brauchen kein weiteres Sachaka, um das wir uns sorgen müssen.

Administrator Osen wandte sich der Halle zu und hob die Arme. Die Stimmen verebbten, bis es beinahe still im Raum war.

»Wir kennen jetzt die Wahrheit. Eine unserer Gefangenen ist unschuldig, die andere ist eine Mörderin und eine wilde Magierin, und wir haben noch einen wilden Magier in unserer Stadt, den wir finden und um den wir uns kümmern müssen. Lorandra wird eingekerkert und verurteilt werden, sobald ihr Sohn gefunden ist. Die Suche muss unverzüglich eingeleitet werden, daher erkläre ich diese Versammlung hiermit für beendet.«

Im nächsten Moment war die Halle erfüllt vom Geräusch von Hunderten von Magiern, die aufstanden und zu reden begannen. Osen ging auf Sonea zu.

»Nehmt Forlie und findet ihre Kinder«, befahl er leise. »Bevor Lorandra daran denkt, Skellin von ihrem Verrat in Kenntnis zu setzen.«

Sonea sah ihn überrascht an, dann nickte sie. Natürlich. Sie braucht sich lediglich mittels Gedankenrede mit ihm in Verbindung zu setzen und ihm mitzuteilen, was hier geschehen ist. »Ich werde Lord Regin als Verstärkung mitnehmen, falls das akzeptabel ist.«

Er nickte. »Ich werde Kallen auf Skellins Fährte setzen, sobald sie in Sicherheit sind.«

Sonea wurde warm ums Herz vor Dankbarkeit. Osen mochte ihr gegenüber kalt sein, aber er war ein Mann, der durchaus Mitgefühl mit anderen empfand. Als er davonging, sah sie sich im Raum um und entdeckte Regin, der an einer der Treppen stand und sie beobachtete. Sie winkte ihn heran.

»Ist das wirklich angebracht?«

Kallens Stimme erreichte sie über den Lärm der Gespräche und Schritte der Höheren Magier hinweg. Sie schaute zu ihm hinüber und sah, dass er Osen stirnrunzelnd musterte.

»Wenn Ihr innerhalb der nächsten fünf Minuten eine Mehrheit von Höheren Magiern zusammenbringen könnt, die dagegen sind, dass Sonea ausgeschickt wird, werde ich in Erwägung ziehen, jemand anderen mit dem Auftrag zu betrauen.«

Kallen betrachtete die Magier, die das Gebäude verließen, dann sah er Sonea an, und seine Lippen wurden schmal.

»Es ist Eure Entscheidung«, erwiderte er. »Nicht meine.«

Als Regin neben sie trat, lächelte Sonea vor sich hin und kostete einen Moment lang ihren Triumph aus. Wenn Osen ihr jetzt genug vertraute, um sie in die Stadt zu schicken, würde der Rest der Gilde ihr vielleicht verzeihen, dass sie während der letzten Wochen so häufig die Regeln gebrochen hatte.

»Habt Ihr Lust, mir bei meinem nächsten Auftrag zu helfen?«, fragte sie Regin.

Er zog die Augenbrauen hoch und brachte beinahe ein Lächeln zustande. »Immer.«

Sie hakte Forlie unter. »Lass uns gehen und deine Familie suchen.«

Lorkin war sich nicht ganz sicher, wie viel Zeit verstrichen war, seit man ihn in den Raum geführt hatte. Es gab kein Fenster, daher hatte er kein Sonnenlicht, anhand dessen er die Tageszeit hätte feststellen können. Er hatte in letzter Zeit manchmal bei Nacht und manchmal bei Tag geschlafen, daher war auch der Schlaf kein Hinweis auf die Tageszeit. Er konnte es ebenso wenig aufgrund seines Hungers feststellen, da er gegessen hatte, wann immer sich die Gelegenheit bot, und nicht zu regelmäßigen Zeiten.