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Mike war sicher, dass die Kraft der Eruption noch zugenommen hatte. Trotzdem versuchte er nicht schneller zu gehen. Sie durften auf gar keinen Fall Angst zeigen. Und die Pahuma würden sie kaum respektieren, wenn sie ihnen vor die Füße schlitterten, statt gemessenen Schrittes vom Berg herabzukommen.

»Das ist Wahnsinn«, murmelte Delamere. »Sie werden uns auf der Stelle umbringen.«

»Wenn Sie Angst zeigen, bestimmt«, antwortete Singh. »Wollen Sie Ihre Freunde retten oder nicht?« Sie hatten ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt, als unten im Dorf noch mehr Aufregung entstand. Etliche Eingeborene gestikulierten in ihre Richtung und Mike sah auch, dass nicht wenige nach ihren Waffen griffen und sich zusammenrotteten.

Zum ersten Mal konnte er die Pahuma genau erkennen. Es war ein kleines, muskulöses Volk, die Männer trugen nur Lendenschurz und die Frauen einfarbige Gewänder aus Palmblättern oder Federn, aber die Krieger waren in schreienden Farben bemalt und Mike registrierte voller Unbehagen, dass sie sich mit Keulen, Bogen, Blasrohren und Messern bewaffnet hatten.

»Sagten Sie nicht, sie wären ein friedliches Volk, Jacques?«, fragte er leise.

»Das waren sie auch«, antwortete Delamere. »Bevor Sie kamen und ein paar von ihnen über den Haufen geschossen haben, ich verstehe«, murmelte Mike -allerdings ganz bewusst so leise, dass Delamere seine Worte wahrscheinlich gar nicht verstand.Seid bloß vorsichtig!mahnte Astaroths Stimme in seinen Gedanken.Sie haben Angst. Menschen, die Angst haben, begehen Fehler!

Mike hielt nach dem Kater Ausschau, konnte ihn aber nirgendwo entdecken -was aber nichts zu sagen hatte. Astaroth war in der Lage, die Gedanken von Menschen auch über größere Entfernungen hinweg zu lesen. Außerdem konnte es durchaus sein, dass er sich ganz in der Nähe befand. Bei dem herrschenden schlechten Licht und mit seinem pechschwarzen Fell war der Kater auf der erstarrten Lava praktisch unsichtbar.

Der mit den albernen Federn auf der Glatze ist der Anführer,sagte Astaroth.Er macht sich vor Angst gleich in den Lendenschurz, aber er ist gefährlich!

Die Pahuma kamen ihnen schreiend und aufgeregt mit ihren Waffen gestikulierend entgegen. Mike suchte nach dem Mann,

den Astaroth ihm beschrieben hatte, und entdeckte ihn an der Spitze der kleinen Gruppe. Anders als Astaroth fand er den Pahuma allerdings nicht albern, sondern eher beeindruckend. Er war nicht sehr viel größer als anderthalb Meter, was auf alle Pahuma zutraf, sah jedoch ganz und gar wie ein Häuptling aus. Mike hätte selbst ohne Astaroths Worte sofort gewusst, dass er es mit dem Anführer des Stammes zu tun hatte. Jetzt bildeten die Pahuma einen dichten Kreis um sie. Keulen und Speere wurden geschüttelt und alle schnatterten so aufgeregt durcheinander, dass Mike auch dann kein Wort verstanden hätte, wenn er ihrer Sprache mächtig gewesen wäre. Ihre Gesten waren jedoch eindeutig. Sie standen kurz davor, sich einfach auf Delamere zu stürzen.

Mikes Herz klopfte. Auch er hatte Angst. Ein winziger Fehler und sie würden die nächste Minute nicht überleben.

Trotzdem trat er dem Häuptling mit ruhigen Schritten entgegen, hob die Hände und drehte die Handflächen nach außen um zu zeigen, dass sie leer waren; eine Geste, von der er wenigstens hoffte, dass die Pahuma sie verstanden. Das Schnattern der Eingeborenen wurde noch lauter -und verstummte dann abrupt, als der Anführer den Arm hob und eine befehlende Geste machte. Dann trat er einen Schritt auf Mike zu und blickte ihn an. Er war ein gutes Stück kleiner als Mike und musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen schauen zu können. Trotzdem kostete es Mike all seine Willenskraft, um dem Blick dieser grauen, durchdringenden Augen standzuhalten.

Der Häuptling sagte etwas in einer schnellen, vollkommen unverständlichen Sprache und Astaroths lautlose Stimme übersetze die Worte praktisch im selben Moment in Mikes Gedanken. »Warum seid Ihr jetzt erst gekommen, Herr?« »Jetzt erst?« Mike verstand nicht genau, was der Pahuma überhaupt meinte.

Sie halten euch für Götter,wisperte Astaroths Stimme in Mikes Gedanken.Sie glauben, dass ihr aus dem Krater gekommen seid. Und außerdem ... Außerdem -was?fragte Mike, als Astaroth nicht weitersprach.

Diese Sprache,murmelte Astaroth nachdenklich.Ich habe sie schon einmal gehört. Ich weiß nur nicht genau, wo.

»Warum antwortet Ihr nicht, Herr?«, fuhr der Häuptling fort. »Seid Ihr zornig auf uns, weil wir das Opfer noch nicht dargebracht haben?« Astaroth übersetzte die Worte des Häuptlings praktisch synchron und dann fügte er überrascht hinzu:Atlantisch! Das ist ein uralter atlantischer Dialekt!»Wie bitte?«, sagte Mike laut.

Der Häuptling verstand seine Worte natürlich nicht, aber er registrierte Mikes überraschten Ton und deutete ihn wohl falsch, denn er prallte erschrocken zurück. Auch seine Krieger wurden wieder unruhig. Einige von ihnen schwenkten ihre Waffen, aber noch überwog ihre Furcht vor den drei Fremden, die anscheinend aus dem Krater des zürnenden Vulkans herausgekommen waren.

Serena spricht diesen Dialekt,fuhr Astaroth fort.Wenn sie hier wäre ...

Mike sah zum Meer hinab. Die Bucht, in der die NAUTILUS lag, war ebenso in der Schwärze verschwunden wie alles andere. Selbst wenn es nicht so gewesen wäre -Serena würde mindestens eine Stunde brauchen um hierher zu kommen. Außerdem wollte er sie nicht der Gefahr aussetzen, auf einen Vulkan zu klettern, der jeden Moment in die Luft fliegen konnte.

Aber es gab ja noch eine andere Möglichkeit. Vorsichtig, um die Pahuma nicht durch eine überhastete Bewegung zu einem Angriff zu provozieren, zog er das Sprechgerät aus der Tasche und schaltete es ein. Trautman meldete sich sofort. »Das wurde aber auch Zeit!«, sagte er. »Habt ihr nicht gesehen, was passiert ist? Wir müssen hier weg, und zwar schnell!« Die Pahuma begannen erneut aufgeregt durcheinander zu schnattern, als sie Trautmans Stimme aus dem kleinen Kästchen dringen hörten. Es musste ihnen wie Zauberei vorkommen. Im Moment kam Mike dieser Umstand jedoch äußerst gelegen. »Ist Serena bei Ihnen?«, fragte er. »Ich brauche sie. Schnell!«

Trautman verschwendete keine Zeit mit überflüssigen Fragen. Nur einen Augenblick später meldete sich Serenas Stimme. Mike erklärte ihr knapp die Lage und auch Serena reagierte sofort. Die Situation an Bord der NAUTILUS schien mittlerweile wirklich brenzlig zu sein.

Mike hielt dem Häuptling das Sprechgerät hin und das Geschnatter der Eingeborenen wurde fast hysterisch, als Serenas Stimme daraus hervordrang; noch dazu in einer Sprache, die sie verstanden. Diesmal dauerte es eine ganze Weile, bis der Häuptling einigermaßen für Ruhe gesorgt hatte. Mike verstand nichts von dem, was sie redeten, aber es schien die Pahuma regelrecht in Panik zu versetzen. »Was ... geschieht da?«, fragte Delamere stockend. »Eine gute Frage«, murmelte Mike.Astaroth?Es verging eine geraume Weile, bis Astaroth sich endlich bequemte Serenas Worte zu übersetzen. Und als er es tat, verstand Mike auch, warum.Der Name des Häuptlings ist Ah'Kal,sagte der Kater.Serena hat ihm erzählt, dass ihr Boten des Vulkangottes Ogdy seid und die Pahuma sofort ihre Heimat verlassen müssen.