»Das ist zuviel«, sagte ich kopfschüttelnd. »Ich biete zwei Goldstücke.«
»In Ar würde ich zehn für sie bekommen!«
»Wir sind aber nicht in Ar!«
»Wir können nicht lange handeln«, schaltete sich Rim ein. »Die Tesephone muß bald ablegen.«
»Gut«, sagte ich. »Ich biete drei Goldstücke und fünf Tarsks.«
»Also bitte, sie gehört dir«, sagte der Sklavenhändler.
Er öffnete die Ketten des Mädchens und fesselte ihr die Hände auf den Rücken. Ich zahlte die vereinbarte Summe, und Rim nahm das Mädchen am Arm.
Als wir gleich darauf die Tesephone erreichten, die knapp hundert Meter vom Sklavenmarkt entfernt lag, hatte die Flut eben ihren Höhepunkt überschritten.
Ich hatte jetzt keine Zeit für Sheera, sondern mußte mich um das Schiff kümmern. »Bring sie nach unten«, sagte ich zu Rim, »und kette sie im unteren Laderaum an.«
Thurnock brachte Wein, Öl und Salz. Ich nahm an der Reling Aufstellung. Meine Männer erhoben sich.
Nach wenigen Sekunden war Rim an Deck zurückgekehrt und verfolgte die Zeremonie.
»Ta-Sardar-Gor! Ta-Thassa!« rief ich auf goreanisch. »Für die Priesterkönige Gors und das Meer!«
Dann schüttete ich langsam den Wein ins Meer, schüttete Öl und streute Salz hinterher.
»Ablegen«, brüllte Thurnock. Die Männer am Kai warfen die Taue los, die an den Pollern festgemacht waren. Zwei Männer am Bug stemmten das Schiff mit Stangen vom Kai.
Die Kaimauer blieb langsam zurück.
»Ruder aus!« rief Thurnock. »Alles fertig!«
Die Seeleute begannen die Flaschenzüge zu bedienen, um den Segelbaum aufzuziehen. Der Steuermann bewegte seinen mächtigen Ruderbaum.
Ich sah, wie Cara und Tina das Manöver verfolgten. Der Kai füllte sich mit Menschen, die ihre Arbeit unterbrachen, um der Tesephone beim Ablegen zuzusehen.
»Steuerbordruder! Zieht – durch!« rief Thurnock.
Der Bug der Tesephone schwang zum Fluß hinüber. Die geschnitzten und bemalten Holzaugen des Tarnkopfs richteten sich auf Laura.
Auf dem langen, schrägen Segelbaum bewegten sich Männer hin und her. Einen Augenblick später fiel das Segel herab und wölbte sich in der Brise.
»Alle Ruder!« befahl Thurnock. »Ein Viertel der Schlagzahl. Los!«
Die Tesephone begann flußaufwärts zu gleiten.
»Zieht – durch!« rief Thurnock im Rhythmus der Ruderschläge. »Zieht – durch!«
Ich ging zum Heck und schaute mit dem Fernglas der Hausbauer in den Hafen zurück. Interessiert stellte ich fest, daß auch die große gelbe Galeere aus Tyros ablegte. An diesem Abend schenkte ich dem Umstand noch keine Beachtung.
6
Nachdem wir einige Tage später in Laura festgemacht hatten, kamen Rim, Thurnock und ich in der Heckkabine der Tesephone zusammen und studierten eine Landkarte des Gebiets nordöstlich der kleinen Stadt.
Auf ihr zeichneten wir, so gut wir das nach unseren Informationen vermochten, den Weg zu Vernas Lager und Tanzkreis ein.
»Irgendwo hier«, sagte ich und deutete mit dem Schreibstift auf eine Stelle, »irgendwo hier muß das Lager sein.«
»Warum folgen wir nicht den Zeichen an den Bäumen?« wollte Thurnock wissen.
»Wenn die beiden Panthermädchen den Weg kannten, ist er auch anderen bekannt«, warf Rim ein.
»Außerdem«, sagte ich, »habe ich das Gefühl, als rechnete Verna mit einer Verfolgung durch Marlenus aus Ar. Es ist ihr zweifellos wichtig, daß er sich auf ihre Fährte setzt, damit sie ihre Pläne verwirklichen kann. Sie will sich nämlich wegen ihrer früheren Gefangenschaft und Erniedrigung an ihm rächen.« Ich sah Thurnock an. »Durchaus denkbar, daß sie ihm absichtlich solche Informationen über die Wege in die Hände spielt.«
»Damit sie seinen Anmarschweg kennt und ihm eine Falle stellen kann«, sagte Rim und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Ja«, sagte ich.
»Und in diese Falle möchten wir nicht gern geraten«, sagte Rim.
»Aber Marlenus ist ein großer Ubar«, gab Thurnock zu bedenken. »Er nimmt sich bestimmt in acht.«
»Marlenus«, sagte ich, »ist ein großer Ubar, doch er ist nicht immer weise.«
»Marlenus hält sich zweifellos für einen großartigen Jäger«, meinte Rim. »Er rechnet damit, daß die Panthermädchen vor ihm und seinen Männern fliehen. Er rechnet mit Problemen nur, soweit es um das Aufspüren der Mädchen geht.«
»Er rechnet damit, daß ihm ein friedlicher Tabuk ins Netz geht«, sagte ich. »Dabei erwartet ihn eine Horde wilder Panther, die selbst auf der Jagd sind.«
»Das ist gefährlich«, sagte Thurnock.
»Allerdings.«
»Andererseits weiß Verna nichts von uns«, meinte Rim. »Wir haben die Überraschung auf unserer Seite.«
Ich rieb mir das Kinn. »Jedenfalls möchte ich das Lager aus einer Richtung angehen, die nicht gekennzeichnet ist. Andererseits habe ich kein Interesse daran, es mit Sklavennetzen zu erstürmen.«
»Willst du etwa mit den Panthermädchen verhandeln?« fragte Rim lächelnd.
Ich legte den Schreibstift fort. »Ich bin Kaufmann«, sagte ich.
»Wie soll es nun weitergehen?« wollte Thurnock wissen.
»Wir werden ein Hauptlager anlegen – angeblich um Sleenpelze zu kaufen und zu jagen. Dann wird ein ausgewählter Trupp in den Wald eindringen, doch so, als wüßte er nichts von Vernas Lager. Irgendwie muß dieser Trupp Verbindung mit Angehörigen ihrer Bande aufnehmen. Entweder kommen sie zu uns oder wir zu ihnen.«
»Es wäre für Panthermädchen ungewöhnlich, den ersten Schritt zu tun«, sagte Rim lächelnd. »Es sei denn, mit der Waffe.«
»Wir werden ein gefesseltes Sklavenmädchen freilassen, um uns mit ihnen in Verbindung zu setzen.«
»Die Panthermädchen werden die Sklavin jagen und fangen«, sagte Rim grinsend.
»Natürlich.«
»Und dann wird das Mädchen unsere Nachricht weitergeben – daß wir nämlich die Sklavinnen kaufen wollen, die sie im Lager haben.«
»Aber kein Mädchen kann gefesselt im Wald überleben«, wandte Thurnock ein.
»Richtig«, nickte ich. »Um so mehr wird sich das Mädchen anstrengen, schleunigst Verna in die Hände zu fallen.«
»Ja«, sagte Rim begeistert, »und wenn sie Vernas Gruppe nicht findet, kehrt sie zu uns zurück.«
Ich nickte. »Aber sie wird keine Mühe haben, Vernas Mädchen über den Weg zu laufen.«
»Du hast also ein erfahrenes Mädchen im Sinn«, grinste Thurnock, »eine Sklavin, die sich im Wald auskennt?«
»Ja.«
»Aber hast du dir auch überlegt, daß die Panthermädchen diese freigelassene Sklavin vielleicht behalten?«
»Ja, das habe ich mir überlegt.«
Thurnock sah mich ratlos an.
»Angenommen, das von uns freigelassene Mädchen ist Verna gut bekannt. Nehmen wir ferner an, das betreffende Mädchen wäre auch noch eine Rivalin Vernas, ein persönlicher Feind.«
Rim lachte.
»Was würde Verna mit ihr machen?« fragte ich.
»Ich verstehe!« rief Thurnock grinsend.
»Sie würde sofort wieder versklavt«, sagte Rim.
»Und wir hätten sofort oder an der nächsten Austauschstelle Kontakt mit Vernas Bande und bekämen auch unser Mädchen zurück«, sagte ich.
Thurnock grinste. »Aber welches Mädchen wollen wir dazu nehmen?«
»Sheera.«
Thurnock nickte, und Rim lachte.
»Ich habe mir gleich gedacht«, sagte ich, »daß uns das Mädchen noch mal nützlich sein würde.«
»Mir will scheinen, daß du sie auch unterwegs schon ganz nützlich gefunden hast«, sagte Rim vieldeutig und kniff ein Auge zu.
»Ja«, erwiderte ich. »Sie ist ein Phänomen. Aber das ist in dem Zusammenhang unwichtig.«
»Etwas macht mir Sorgen«, sagte Rim. »Verna hat Talena in den Wald gebracht, um Marlenus in die Falle zu locken. Warum sollte sie sie dir verkaufen?«
»Das ist sicher nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts, guter Informationen und eines angemessenen Preises.«
»Wie meinst du das?«
Ich zuckte die Achseln. »Nehmen wir einmal an, Marlenus fällt Verna in die Hände. Dann brauchte sie ihren Köder nicht mehr und würde ihn sicher für einen guten Preis verkaufen wollen.«