Выбрать главу

»Heute abend«, fuhr ich fort, »wirst du uns nach dem Essen eine kleine Vorstellung geben.«

»Ja, Herr.«

»Wessen Goldstück ist das?« fragte ich und hob die Münze.

Die Männer überprüften ihre Börsen, doch niemand erhob Anspruch auf das Geld.

»Gehört es etwa mir?« fragte ich Tina.

»Nein«, sagte sie lächelnd. »Die Münze kommt aus Thurnocks Beutel.«

Thurnock, der seinen Geldbeutel nur von außen betastet hatte, schnaubte verächtlich durch die Nase. »Mir gehört diese Münze nicht«, sagte er entschieden.

»Hattest du denn einen Doppeltarn bei dir?« fragte ich.

»Ja«, sagte Thurnock und begann in seinem Beutel zu wühlen. Dann wurde er plötzlich rot.

Ich warf Thurnock die Münze zu und sah Tina an. »Du bist eine süße kleine Diebin«, stellte ich fest, nahm sie in die Arme und küßte sie.

»Wenn ich nun meine Beute nicht innerhalb einer Stunde zurückgebe«, fragte sie, »was geschieht dann mit mir?«

»Beim erstenmal wird dir die linke Hand abgeschlagen.«

Sie wehrte sich in meinen Armen.

»Beim zweitenmal verlierst du die rechte Hand.«

Ihre vor Entsetzen geweiteten Augen waren nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt.

»Begreifst du, was ich sagen will?« fragte ich.

»Ja, Herr.«

Ich ließ sie los.

Bis auf die Wächter saßen alle Männer um das Feuer innerhalb der Schutzmauer unseres Flußlagers.

Vor mir kniete Sheera und bot mir nach Art der goreanischen Sklavin die Weinschale.

»Wann kehren wir in die Wälder zurück?« fragte Rim, der neben mir saß.

»Nicht sofort. Zuerst möchte ich den Männern hier etwas Zerstreuung bieten.«

»Haben wir dazu noch Zeit?«

»Ich glaube, schon. Wir kennen die ungefähre Lage von Vernas Lager. Marlenus hat dagegen keine Ahnung. Er treibt sich noch immer in der Nähe von Laura herum.«

»Du bist ein sehr geduldiger Mann«, sagte Rim.

»Geduld«, sagte ich, »ist eine Tugend der Kaufleute.«

»Und auch eine Tugend der Spieler und bestimmter Krieger.«

»Mag schon sein«, erwiderte ich und trank von meinem Wein.

»Ich bin jedenfalls nicht so geduldig«, sagte er.

»Morgen wanderst du nach Laura. Du sorgst dafür, daß vier Pagasklavinnen – die schönsten, die in Laura aufzutreiben sind – hierher ins Lager geschickt werden.«

»Aber es sind Männer aus Tyros in der Stadt«, gab Rim zu bedenken.

»Wir sind einfache Kaufleute aus Tabor.«

»Das ist wahr«, lächelte Rim.

»Ich kann es nicht erwarten«, sagte Thurnock, »wieder in den Wald zu ziehen!«

Ich sah ihn an.

»Thurnock«, sagte ich, »ich brauche einen Mann hier, einen Offizier, dem ich vertrauen kann, der in meiner Abwesenheit über das Lager wacht.«

»Nein!« rief Thurnock.

Ich schlug ihm auf die Schulter. »Vielleicht können wir dir ein kleines Panthermädchen aus dem Wald mitbringen.«

»Nein!« sagte Thurnock verzweifelt.

»Aber es ist mein Wunsch, mein Freund«, sagte ich.

Thurnock senkte den Kopf. »Jawohl, Kapitän.«

Ich stand auf. »Es ist Zeit für die kleine Demonstration, die ich euch versprochen habe. Tina! Komm her.«

Die Männer murmelten zustimmend. Auch Cara und Sheera hockten sich erwartungsvoll in den Sand.

Tina kam an meine Seite. »Paß auf – fühlst du das?« Sie legte die Finger an meinen Geldbeutel, öffnete die Schnur und nahm eine Münze heraus.

»Ja.«

»Natürlich«, sagte sie. Ich sah sie verdutzt an.

Sie gab mir die Münze zurück, ich steckte sie wieder in den Beutel.

»So etwas spürt man immer, wenn man darauf wartet«, sagte sie achselzuckend.

»Ich hatte dich für geschickter gehalten«, bemerkte ich ärgerlich.

»Sei nicht böse, Herr«, flehte sie, drückte sich an mich, legte mir die linke Hand um die Hüfte und zupfte damit an meiner Tunika. Ihre Lippen berührten die meinen. Ich erwiderte ihren Kuß und schob sie dann von mir.

Nun reichte sie mir die Münze zum zweitenmal.

Ich lachte, und die Männer applaudierten lebhaft.

»Diesmal hast du nichts gespürt«, stellte Tina fest.

»Nein.«

»Und doch ist dasselbe geschehen.«

Sie freute sich über mein verdutztes Gesicht und erklärte den anderen, was sie getan hatte.

»Er war abgelenkt«, sagte sie zur Menge. »Darauf muß man immer achten. Ich habe an seinem Gewand gezupft, daß er es merken mußte, und ihn geküßt. Im allgemeinen können wir nicht auf mehrere Dinge zugleich achten. Daß sich der Dieb zu schaffen macht, ist zu spüren, aber man merkt nichts, weil man sich auf etwas anderes konzentriert. Man kann auch die Aufmerksamkeit durch ein Wort oder einen Blick ablenken. Man kann ein vorgesehenes Opfer dazu bringen, daß es an einer bestimmten Stelle einen Angriff erwartet – und kann dann ganz woanders zuschlagen.«

»Sie redet ja wie ein General!« knurrte Thurnock. Tina sah ihn an, und er wich zurück. »Bleib mir vom Leib!«

Die Männer lachten.

»Du, Herr«, sagte Tina zu einem hübschen jungen Seemann, der ein Amethystarmband trug. »Würdest du bitte mal vortreten?«

Er stand auf und starrte sie erwartungsvoll an.

»Küß mich«, sagte sie.

»Aber gern.« Er beugte sich vor, legte ihr die Hände um die Hüften und küßte sie. Sie stellte sich eifrig auf die Zehenspitzen.

Als der Kuß sie wieder los ließ, griff er nach seinem Geldbeutel und grinste. »Du hast ihn nicht bekommen!« sagte er lachend.

»Hier ist dein Armband«, entgegnete Tina und reichte ihm den Amethystreif. Die Menge lachte begeistert.

Ich hatte beobachtet, wie sie das Schmuckstück geschickt mit einer Hand öffnete, während er sie umarmte. Die meisten jedoch waren so überrascht wie der junge Seemann, als sie das Armband in Tinas Hand entdeckten. Wir applaudierten lebhaft.

Geschlagen, aber lachend, legte der junge Mann das Armband wieder an und setzte sich an seinen Platz.

»Herr!« rief Tina.

Er blickte auf.

»Dein Beutel«, sagte sie und warf ihm seine Geldbörse zu.

Wieder lachten alle.

»Es ist nicht leicht, einen Beutel aufzuknoten«, sagte ich.

»Das stimmt«, gab sie zu und sah mich lächelnd an. »Natürlich kann man die Schnur auch durchschneiden.«

Ich lachte und mußte daran denken, wie geschickt sie mich bei unserem ersten Zusammentreffen in Lydius beraubt hatte.

»Rim war so nett, eine kleine Klinge für mich zu machen – aus einem alten Rasiermesser.«

Rim gab ihr eine winzige Klinge, die auf besondere Art geschliffen war. Sie schmiegte sich zwischen ihren Zeige- und Mittelfinger und war kaum zu sehen.

»Herr?« fragte Tina.

Ich stand auf, entschlossen, mich nicht hereinlegen zu lassen. Doch als Tina mich anrempelte, war meine Börse abgeschnitten, ehe ich es merkte.

»Ausgezeichnet«, sagte ich und knotete den Beutel wieder fest. Ich würde mir morgen einen neuen besorgen. »Ob du das noch einmal schaffst?« fragte ich.

»Möglich«, sagte Tina. »Ich weiß es nicht. Du bist jetzt gewarnt.«

Wieder ging sie an mir vorbei, und diesmal blieben die Schnüre intakt.

»Du hast es nicht geschafft«, sagte ich.

Da reichte sie mir den Inhalt des Beutels, und ich lachte. Sie hatte die Börse unten aufgeschlitzt und die Münzen in ihre Hand fallen lassen.

Tina gab Rim das Messer zurück, und wir alle spendeten begeistert Beifall.

Später am Abend stand Rim auf und gähnte. Er legte einen Arm um Cara und verließ mit ihr das Feuer. Die Männer tranken und unterhielten sich angeregt.

Sheera besaß die Kühnheit, fragend meinen Unterarm zu berühren. Ich scheuchte sie mit einem Blick zurück. Sie senkte den Kopf und trollte sich.

Ich unterhielt mich noch lange mit Thurnock und besprach unsere Expedition in den Wald und meine Anordnungen für das Lager.

Das Feuer war niedergebrannt, und die Wachen hatten gewechselt, als wir endlich zu Bett gingen.

Es war eine heiße Nacht, die Sterne standen funkelnd am schwarzen goreanischen Himmel. Die drei Monde waren schön anzuschauen. Die Männer lagen auf ihren Decken unter den Planen, die sich von der Tesephone zur Palisadenmauer erstreckten.